Großer Atem, große Spielfreude
Maurice Steger und die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz auf neuen Wegen
KONSTANZ - Auf einem seiner CDBooklets wirbelt Maurice Steger einige Blockflöten durch die Luft: Sinnbild für die Energie dieses zierlichen Schweizer Musikers mit dem verschmitzt offenen Gesicht. Diese springt dieser Tage auf die Musikerinnen und Musiker der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz über, wenn er als Solist und Dirigent im ersten Teil italienische Barockmusik und nach der Pause Mozart interpretiert.
Maurice Steger, die kurzen dunklen Haare modisch verstrubbelt, ist ein Luftgeist mit Bodenhaftung: etwa wenn er seinen Atem in schier unendlichen Linien und virtuosen Passagen sparsam verströmen lässt, dabei breitbeinig beweglich mit dem Rücken zum Orchester musiziert und intensiv mit den Stimmführern kommuniziert. Mögen kleinräumig zwitschernde Figuren in den schnellen Sätzen oder fein ausgesponnene Melodien in den langsamen Sätzen der italienischen Barockkomponisten gefragt sein – Maurice Steger begeistert mit seinem stets fantasiereichen Spiel, das das Orchester miteinbezieht. Das kann kammermusikalisch wirken, wenn nur die Stimmführer und der höchst aktive Cembalist spielen. Doch auch im ganzen Ensemble ist das natürlich kleiner als sonst besetzte Orchester höchst beweglich und spielfreudig.
Als Dirigent agiert Maurice Steger, der bei Marcus Creed zusätzlich ein Dirigierstudium absolviert hat, ebenfalls plastisch und fein artikulierend. Mit der Tanzsuite aus Händels Oper „Almira“lässt er die Südwestdeutsche Philharmonie schreiten, hüpfen und wirbeln. Die stolzen Punktierungen der französischen Ouvertüre oder ein inniges Lamento wechseln mit quirligen Tanzsätzen ab. Bläsersolisten, der Konzertmeister, der Cembalist oder der Schlagwerker mit verschiedensten Instrumenten bringen Farbe und verdeutlichen die Charaktere der Tanzsätze. Sind schon mit dieser Händel-Suite durchaus „neue Töne“zu vernehmen, so bringt Steger die Musiker in der Chaconne von Giuseppe Antonio Brescianello sogar zum (gemäßigten) Improvisieren: Die Basslinie wird unverändert wiederholt, darüber dürfen sich die Streicher mit Variationen und Verzierungen entfalten. Das schwingt und jubiliert und klingt inspirierend nach mehr.
Zierliche Streicherformen
Auch Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543, die erste der drei großen letzten Symphonien, ist unter der Leitung von Maurice Steger frisch herausgeputzt und schwungvoll. Hier lässt er ebenfalls das Cembalo mitwirken, durch die leichte Verstärkung klingt es wie ein zusätzliches Schlaginstrument. Das Andante con moto bringt zierlich ausgeformte Streicherfiguren mit einem intensiven, fast bedrohlichen Mittelteil. Das Menuett ist bodenständig, herzhaft und lässt einem innigen Holzbläser-Trio Raum. Getragen von einem lebhaften Drive erlebt man das Finale als spritzige Unterhaltung der Orchestergruppen, die immer neu angefacht wird.