Judenhass per Postkarte
In Berlin wird über Antisemitismus in Bildern geforscht
BERLIN (dpa) - Es sind widerliche Bilder, auch wenn sich manche als Karikatur tarnen. Da schickt ein Sensenmann sogenanntes jüdisches Pack zurück nach Jerusalem, ein Fettwanst mit Judenstern und Dollarzeichen auf dem Bauch erdrückt Frankreich, und einem jüdischen Gelehrten wachsen die Schlangen aus dem Kopf.
Einzigartige Sammlung
und fast drei Dutzend andere Familienangehörige starben in den Konzentrationslagern der Nazis, die Mutter kehrte verschlossen zurück. „Ich durfte nicht fragen. Bis 19 wusste ich nur, dass etwas Schreckliches passiert ist, aber ich wusste nicht was“, erinnert sich Langerman.
Sammeln wurde Obession
Erst 1961, im Jahr des Eichmann-Prozesses, erfährt der Sohn die Wahrheit. „Ich fragte mich, was haben die Juden getan, dass sie so schrecklich behandelt werden? So habe ich angefangen, Bilder zu sammeln, die den Hass auf die Juden zeigten.“Das Sammeln wurde zu einer Obsession. Inzwischen sind es Materialien aus mehr als 15 Ländern. Der historische Schwerpunkt reicht vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, geht zum Teil aber auch bis heute.
Für die Forschungsarbeit bekommt das Antisemitismus-Zentrum zwei neue Professuren. Der Historiker Uffa Jensen (Jahrgang 1969) übernimmt mit Geldern der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Heisenberg-Professur, die besonders die antisemitischen Gefühle systematisch untersuchen soll. Als erster Politologe kommt Samuel Salzborn (Jahrgang 1977) aus Göttingen für eine zweijährige Gastprofessur nach Berlin, die das Land finanziert.
Langerman hat ein erstes Ergebnis gefunden. „Antisemitismus ist Ignoranz“, sagt er. „Die Leute wissen absolut nicht, was Juden sind und wie viele es weltweit gibt.“So würden die meisten Gesprächspartner die Zahl der Juden auf 100 bis etwa 1000 Millionen schätzen. In Wirklichkeit seien es gerade erst wieder gut 14 Millionen.