Bierkrieg im „Bärengarten“
Statt „Farny“gibt es im Traditionslokal beim Rutenfest Memminger – Rechtsstreit droht
RAVENSBURG - Eine Woche vor dem Beginn des Rutenfestes tobt hinter den Kulissen ein skurriler Bierkrieg. Im „Bärengarten“, fünf Tage lang wieder das Epizentrum der Feierlichkeiten, zahlen die Ravensburger in diesem Jahr für ihre Maß nicht nur 30 Cent mehr als bei den anderen Wirten. Im „Bärengarten“bekommen sie auch nicht mehr wie gewohnt ein „Farny“-Bier ausgeschenkt, sondern stattdessen ein Festbräu aus Memmingen. Eine dritte Marke neben „Leibinger“und „Farny“beim Rutenfest - das hat es noch nicht gegeben.
„Aus aktuellem Anlass werden 2017 keine Farny-Marken im Bärengarten angenommen“, verkündet nüchtern die Brauerei „Farny“aus Kißlegg. Der aktuelle Anlass ist, dass Reinhard Klumpp, Pächter des „Bärengartens“, beim Rutenfest kein „Farny“mehr verkaufen möchte. Die Ansage kam kurzfristig, seit einigen Tagen ist es vorbei mit der Bierruhe in Ravensburg und im Allgäu. Eine einstweilige Verfügung gab es schon, ein Rechtsstreit steht an.
Besitzer des „Bärengartens“ist das Bürgerliche Brauhaus Ravensburg-Lindau, das mit der Schließung seiner eigenen Brauerei in Ravensburg im Jahr 2000 Biersorten und Vertragskunden an „Farny“übertragen hat. Der aktuelle Pächter des Bürgerlichen Brauhauses aber will nun Memminger Bier beim Rutenfest einführen. Warum? „Das Leben ist halt Veränderung, und das Bier ist spitze“, sagt Reinhard Klumpp auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“lapidar. Sonst will er zu dem ganzen Thema lieber nichts sagen. Über Klumpps Beweggründe wird in der Stadt viel spekuliert. Fakt ist, dass der Jurist mit einer Kanzlei in Ravensburg, mehrfach Bundes- und Landtagskandidat der FDP, bis vor Kurzem als Geschäftsführer der Gesellschaft „Culina“auch das „FarnyHotel“auf dem Hofgut Dürren betrieben hat. Warum sich Brauerei und Pächter getrennt haben, dazu gibt es keine Stellungnahmen.
Elmar Bentele, Geschäftsführer von „Farny“, will auch zur drohenden juristischen Auseinandersetzung rund um den „Bärengarten“lieber schweigen, sieht sein Unternehmen nicht als Streitpartei, sondern vielmehr als Betroffenen. Aus seinem Herzen macht Bentele allerdings keine Mördergrube: „Es ist sehr bedauerlich, wie hier mit Traditionen gebrochen und wie in ein Kinder- und Heimatfest so viel Unruhe hineingetragen wird. Ganz kurzfristig werden vollendete Tatsachen geschaffen. Wir sind sehr betroffen, im vergangenen Jahr gab es an gleicher Stelle auch schon Probleme.“
Natürlich geht es dabei auch ums Geschäft – ein sehr rentables dazu. Der „Bärengarten“verfügt über einen eigenen Biertank, der alleine schon 12 000 Liter fasst. Beim Rutenfest ist unablässig Nachschub gefragt. Ariel Wagner, früherer Kultwirt der Traditionswirtschaft, hat einmal erzählt, dass die Bilanz eines ganzen Jahres im „Bärengarten“ganz wesentlich von den fünf Tage Rutenfest abhängt.
„Komplexes Konstrukt“
Lorenz Schlechter, Vorstand des Bürgerlichen Brauhauses, spricht in der Causa „Bärengarten“von einem „komplexen Konstrukt“zwischen der Stadt Ravensburg, der Rutenfestkommission (RFK), „Farny“, seinem Haus und den Pächtern. Das liegt daran, dass das Traditionslokal beim Rutenfest zum Festgelände gehört – und damit zu dieser Zeit auch besonderen Regeln unterliegt.
Es gebe mit der Verwaltung, der RFK und „Farny“einen „engen Schulterschluss, auch bei wechselnden Pächtern“, sagt Schlechter. Beim Thema Bier gebe es allerdings einen Dissens. „Der Punkt muss und wird noch geklärt werden, allerdings steht zu befürchten, dass dies nicht mehr vor dem Rutenfest möglich sein wird.“
Klar ist, dass Klumpp in diesem Jahr Bier von der Memminger Brauerei ausschenken wird, mit der er bereits in Restaurants in Friedrichshafen zusammenarbeitet. Biermarken von „Farny“werden laut einer Anzeige der Brauerei im „Bärengarten“nicht mehr angenommen. Marken, die bereits im Umlauf sind, können aber in allen Zelten eingelöst werden und sollen auch in Zukunft gültig sein. Weil die Maßkrüge, die im „Bärengarten“während des Rutenfestes eingesetzt werden, der Brauerei gehören, sah es vor Kurzem noch so aus, als drohe mit dem Wechsel auf Memminger ein Notstand: Weil in Memmingen zeitgleich zum Rutenfest das traditionelle Fischerfest gefeiert wird, hat das Unternehmen für Ravensburg keine Krüge übrig. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“bekommt der „Bärengarten“jetzt kurzfristig noch von einem Festwirt aus Stuttgart 6000 Gläser geliefert, um überhaupt ausschenken zu können. Ein geplantes Leihgeschäft mit dem Münchener Oktoberfest war geplatzt. 8,80 Euro statt 8,50 Euro bei den anderen Wirten werden im „Bärengarten“für die Maß fällig. Auch dafür hatte es vor kurzem erst heftige Schelte von Stadträten und der Rutenfestkommission am Pächter gegeben. Kritiker schimpfen außerdem über Tischreservierungen („blödes Oktoberfestgetue“) sowie drei Gratis-Liter Wodka in den VIP-Loungen.