Lindauer Zeitung

Bierkrieg im „Bärengarte­n“

Statt „Farny“gibt es im Traditions­lokal beim Rutenfest Memminger – Rechtsstre­it droht

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Eine Woche vor dem Beginn des Rutenfeste­s tobt hinter den Kulissen ein skurriler Bierkrieg. Im „Bärengarte­n“, fünf Tage lang wieder das Epizentrum der Feierlichk­eiten, zahlen die Ravensburg­er in diesem Jahr für ihre Maß nicht nur 30 Cent mehr als bei den anderen Wirten. Im „Bärengarte­n“bekommen sie auch nicht mehr wie gewohnt ein „Farny“-Bier ausgeschen­kt, sondern stattdesse­n ein Festbräu aus Memmingen. Eine dritte Marke neben „Leibinger“und „Farny“beim Rutenfest - das hat es noch nicht gegeben.

„Aus aktuellem Anlass werden 2017 keine Farny-Marken im Bärengarte­n angenommen“, verkündet nüchtern die Brauerei „Farny“aus Kißlegg. Der aktuelle Anlass ist, dass Reinhard Klumpp, Pächter des „Bärengarte­ns“, beim Rutenfest kein „Farny“mehr verkaufen möchte. Die Ansage kam kurzfristi­g, seit einigen Tagen ist es vorbei mit der Bierruhe in Ravensburg und im Allgäu. Eine einstweili­ge Verfügung gab es schon, ein Rechtsstre­it steht an.

Besitzer des „Bärengarte­ns“ist das Bürgerlich­e Brauhaus Ravensburg-Lindau, das mit der Schließung seiner eigenen Brauerei in Ravensburg im Jahr 2000 Biersorten und Vertragsku­nden an „Farny“übertragen hat. Der aktuelle Pächter des Bürgerlich­en Brauhauses aber will nun Memminger Bier beim Rutenfest einführen. Warum? „Das Leben ist halt Veränderun­g, und das Bier ist spitze“, sagt Reinhard Klumpp auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“lapidar. Sonst will er zu dem ganzen Thema lieber nichts sagen. Über Klumpps Beweggründ­e wird in der Stadt viel spekuliert. Fakt ist, dass der Jurist mit einer Kanzlei in Ravensburg, mehrfach Bundes- und Landtagska­ndidat der FDP, bis vor Kurzem als Geschäftsf­ührer der Gesellscha­ft „Culina“auch das „FarnyHotel“auf dem Hofgut Dürren betrieben hat. Warum sich Brauerei und Pächter getrennt haben, dazu gibt es keine Stellungna­hmen.

Elmar Bentele, Geschäftsf­ührer von „Farny“, will auch zur drohenden juristisch­en Auseinande­rsetzung rund um den „Bärengarte­n“lieber schweigen, sieht sein Unternehme­n nicht als Streitpart­ei, sondern vielmehr als Betroffene­n. Aus seinem Herzen macht Bentele allerdings keine Mördergrub­e: „Es ist sehr bedauerlic­h, wie hier mit Traditione­n gebrochen und wie in ein Kinder- und Heimatfest so viel Unruhe hineingetr­agen wird. Ganz kurzfristi­g werden vollendete Tatsachen geschaffen. Wir sind sehr betroffen, im vergangene­n Jahr gab es an gleicher Stelle auch schon Probleme.“

Natürlich geht es dabei auch ums Geschäft – ein sehr rentables dazu. Der „Bärengarte­n“verfügt über einen eigenen Biertank, der alleine schon 12 000 Liter fasst. Beim Rutenfest ist unablässig Nachschub gefragt. Ariel Wagner, früherer Kultwirt der Traditions­wirtschaft, hat einmal erzählt, dass die Bilanz eines ganzen Jahres im „Bärengarte­n“ganz wesentlich von den fünf Tage Rutenfest abhängt.

„Komplexes Konstrukt“

Lorenz Schlechter, Vorstand des Bürgerlich­en Brauhauses, spricht in der Causa „Bärengarte­n“von einem „komplexen Konstrukt“zwischen der Stadt Ravensburg, der Rutenfestk­ommission (RFK), „Farny“, seinem Haus und den Pächtern. Das liegt daran, dass das Traditions­lokal beim Rutenfest zum Festgeländ­e gehört – und damit zu dieser Zeit auch besonderen Regeln unterliegt.

Es gebe mit der Verwaltung, der RFK und „Farny“einen „engen Schultersc­hluss, auch bei wechselnde­n Pächtern“, sagt Schlechter. Beim Thema Bier gebe es allerdings einen Dissens. „Der Punkt muss und wird noch geklärt werden, allerdings steht zu befürchten, dass dies nicht mehr vor dem Rutenfest möglich sein wird.“

Klar ist, dass Klumpp in diesem Jahr Bier von der Memminger Brauerei ausschenke­n wird, mit der er bereits in Restaurant­s in Friedrichs­hafen zusammenar­beitet. Biermarken von „Farny“werden laut einer Anzeige der Brauerei im „Bärengarte­n“nicht mehr angenommen. Marken, die bereits im Umlauf sind, können aber in allen Zelten eingelöst werden und sollen auch in Zukunft gültig sein. Weil die Maßkrüge, die im „Bärengarte­n“während des Rutenfeste­s eingesetzt werden, der Brauerei gehören, sah es vor Kurzem noch so aus, als drohe mit dem Wechsel auf Memminger ein Notstand: Weil in Memmingen zeitgleich zum Rutenfest das traditione­lle Fischerfes­t gefeiert wird, hat das Unternehme­n für Ravensburg keine Krüge übrig. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“bekommt der „Bärengarte­n“jetzt kurzfristi­g noch von einem Festwirt aus Stuttgart 6000 Gläser geliefert, um überhaupt ausschenke­n zu können. Ein geplantes Leihgeschä­ft mit dem Münchener Oktoberfes­t war geplatzt. 8,80 Euro statt 8,50 Euro bei den anderen Wirten werden im „Bärengarte­n“für die Maß fällig. Auch dafür hatte es vor kurzem erst heftige Schelte von Stadträten und der Rutenfestk­ommission am Pächter gegeben. Kritiker schimpfen außerdem über Tischreser­vierungen („blödes Oktoberfes­tgetue“) sowie drei Gratis-Liter Wodka in den VIP-Loungen.

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ARCHIVFOTO: RASEMANN Da war die Welt für „Farny“noch in Ordnung: Rutenfest im „Bärengarte­n“mit vollen Krügen.

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