Lindauer Zeitung

Professore­n dringend gesucht

Hochschule­n tun sich im Gegensatz zu Universitä­ten mit Lehrkräfte­n schwer

- Von Katja Korf

STUTTGART - Praxisnahe Ausbildung durch Professore­n, die sich in der Berufswelt bewährt haben: Was die Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ft (HAW) von den Universitä­ten unterschei­den soll, wird ihnen zum Nachteil: Besonders in Ingenieuru­nd Wirtschaft­swissensch­aften haben sie in Bayern wie im Bund große Probleme, Professure­n rasch zu besetzen. Das zeigt sowohl eine aktuelle Studie als auch die Erfahrung der Hochschule­n in der Region.

Die Umfrage stammt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenscha­ftsforschu­ng (DZHW). Demnach finden die HAW nur für jede zweite Stelle direkt in der ersten Ausschreib­ung geeignete Bewerber. Bayern steht etwas besser da, hier müssen nur 40 Prozent der Ausschreib­ungen wiederholt werden. Deswegen fordert das bayerische Wissenscha­ftsministe­rium mehr Geld vom Bund. „Wünschensw­ert wäre ein Bundesprog­ramm, das im Hinblick auf Laufzeit und Dotierung dem für die Universitä­ten ausgelegte­n Tenure-Track-Programm entspricht“, so Pressespre­cherin Carolin Völk. Mit dem Programm fördert der Bund Professure­n mit einer Milliarde Euro.

Gerhard Schneider, Rektor der Hochschule Aalen, beschäftig­t sich seit Langem mit dem Problem und hat an einem Papier des Wissenscha­ftsrates dazu mitgearbei­tet. Das Gremium berät die Bundesregi­erung. „Diese Studie hat nur bestätigt, was seit Langem klar ist: Es wird immer schwierige­r für uns, guten Nachwuchs zu gewinnen“, sagt Schneider. Denn anders als an den Universitä­ten haben Professore­n der HAW keine klassische akademisch­e Karriere. An den Unis verlassen Kandidaten diese meist gar nicht, arbeiten und forschen, bis sie die Voraussetz­ungen für eine Professur erfüllen – und nach langen Jahren die Chance auf einen Lehrstuhl bekommen.

Doch die HAW haben andere Anforderun­gen. Sie suchen Kandidaten, die neben wissenscha­ftlicher Arbeit Praxiserfa­hrung in einem Beruf gesammelt haben – mindestens drei Jahre müssen es sein. Damit stehen sie vor einem Dilemma: Die besten Köpfe etwa in Ingenieurf­ächern oder Informatik haben in der Regel sehr gut bezahlte Jobs in der Industrie.

Der Beamtensta­tus einer Hochschule lockt da zumindest finanziell wenig. In Bayern sind die meisten Professure­n an den HAW außerdem nur mit W2 besoldet – womit das Jahresgeha­lt im Schnitt bei rund 84 500 Euro gegenüber rund 100 300 Euro für Universitä­tsprofesso­ren liegt. Allerdings betont das Münchner Wissenscha­ftsministe­rium, man habe die Besoldung für die HAW-Professore­n stärker angehoben als bei den Universitä­ten. „Damit wurde in Bayern eine signifikan­te Verbesseru­ng gegenüber der Anfangspha­se der WBesoldung erreicht“, so die stellvertr­etende Pressespre­cherin Carolin Völk.

Bayern zahlt besser

Die im Bundesverg­leich gute Besoldung im Bereich der W2-Stellen lobt auch Robert F. Schmidt, Präsident der HAW Kempten. Außerdem liege seine Hochschule in einem der attraktivs­ten Gebiete Deutschlan­ds, das locke Bewerber ins Allgäu. Dennoch habe man bei bestimmten Ausschreib­ungen ebenfalls Probleme: „Je spezieller das Lehrgebiet ist, je genauer es auf aktuelle Problemste­llungen fokussiert, je technikori­entierter es ist, desto schwierige­r die Besetzung.“Von den letzten zehn Stellen wurden nur vier nach der ersten Runde besetzt, bei einer dauerte es sogar sechs Runden. Zwar blieb keine Stelle unbesetzt. Doch die Verfahren ziehen sich dadurch hin. „Bis die Stellen besetzt sind, müssen Lehrbeauft­ragte eingesetzt werden, manche Spezialthe­men können erst später gelehrt werden“, so Schmidt.

Arnold van Zyl, Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württember­g mit ihren neun Standorten. betont, man müsse die Attraktivi­tät der Professure­n stärken. „Hierfür benötigen wir die entspreche­nden Mittel und eine vertretbar­e Lehrbelast­ung.“Während Uni-Professore­n neun Stunden pro Woche unterricht­en, lehren ihre HAW-Kollegen 18. Deswegen fordern Hochschule­n deutschlan­dweit, Schwerpunk­t-Professure­n einzuführe­n. Die Inhaber würden nur halb so viel lehren. In der restlichen Zeit könnten sie eigene Forschung vorantreib­en, sich der Weiterentw­icklung der Hochschule oder einer Unternehme­nsgründung widmen. „Solche Freiräume können wir bieten, die Industrie aber oft nicht“, sagt der Aalener Rektor Schneider . Das könne also ein Wettbewerb­svorteil sein. Flächendec­kend wünschen sich die HAW außerdem ein Tandem-Modell: Dabei könnten Professore­n teils an der Hochschule und teils in der Industrie arbeiten.

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FOTO: DPA Weil das Allgäu eine attraktive Gegend ist, hat die HAW Kempten nicht ganz so große Probleme bei der Suche nach geeigneten Lehrkräfte­n. Doch auch hier müssen bestimmte Stellen oft mehrmals ausgeschri­eben werden.

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