Lindauer Zeitung

Die Ehe und das liebe Geld

Was Hochzeitsp­aare wissen sollten – und welche Vereinbaru­ngen es gibt

- Von Leonard Kehnscherp­er

(dpa) - Verheirate­te Paare teilen die schönen und traurigen Momente des Lebens. Doch wie sieht es mit dem Vermögen und den Schulden aus? „Dass mit der Ehe das Vermögen der Partner zusammenge­worfen wird, ist ein weitverbre­iteter Irrglaube“, sagt Eugénie Zobel-Kowalski von der Stiftung Warentest. Denn der gesetzlich­e Normalfall sei eine sogenannte Zugewinnge­meinschaft.

Das heißt: Jeder Ehegatte behält das Vermögen, das er mit in die Ehe bringt und währenddes­sen erwirtscha­ftet. „Endet eine Ehe, gibt es einen Zugewinnau­sgleich, sofern ein Ehepartner mehr erwirtscha­ftet hat als der andere“, sagt Zobel-Kowalski. Von dieser Differenz müsse der Bessergest­ellte die Hälfte an den anderen auszahlen.

Kein Anspruch gegen den anderen

Wollen Ehepartner ihre Vermögen von Anfang an komplett auseinande­rhalten, können sie aber auch Gütertrenn­ung vereinbare­n. „Egal, ob Immobilie, Aktiendepo­t, Lebensvers­icherung oder Schmuck – bei der Gütertrenn­ung bleibt jeder Ehepartner Eigentümer seines Vermögens. Niemand hat einen Anspruch gegen den anderen“, sagt Eva Becker, Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). Für ältere Ehepaare könne sich die Gütertrenn­ung zum Beispiel lohnen, wenn jeder Ehegatte schon für sich gesorgt hat. Dann könnten auch die Kinder alles erben, falls gewünscht.

Doch die Gütertrenn­ung hat auch einen großen Nachteil: Endet die Ehe mit dem Tod eines Ehepartner­s, muss der Hinterblie­bene seinen Anteil am Nachlass voll versteuern. Nicht so bei der Zugewinnge­meinschaft: „Nur hier erhält der Hintertrag bliebene ein Viertel des Vermögens steuerfrei als Zugewinn“, erklärt Becker. Aber bewahrt die Gütertrenn­ung Ehepartner dafür nicht vor den Schulden des anderen?

„Es ist Unsinn, aus Haftungsgr­ünden eine Gütertrenn­ung zu vereinbare­n“, sagt Dominik Hüren von der Bundesnota­rkammer. Grundsätzl­ich hafte der eine Ehegatte auch in der Zugewinnge­meinschaft nicht für die Schulden des anderen, die während der Ehe entstanden sind. „Insgesamt ist eine Gütertrenn­ung nur selten zu empfehlen“, sagt Hüren.

Gütertrenn­ung nach Maß

Wer seine Zugewinnge­meinschaft entspreche­nd modifizier­e, erreiche eine „Gütertrenn­ung nach Maß“. Ein Ehevertrag kann beispielsw­eise regeln, dass im Falle des Todes eines Ehegatten die steuerlich günstigere Zugewinnge­meinschaft gelten soll, im Falle einer Scheidung der Zugewinnau­sgleich jedoch ausgeschlo­ssen ist. Außerdem kann der EheverBERL­IN festlegen, dass bestimmte Vermögensg­egenstände wie Grundstück­e oder Unternehme­n beim Zugewinnau­sgleich nicht mitgezählt werden.

Die Zugewinnge­meinschaft geht laut Zobel-Kowalski auf die klassische „Hausfrauen-Ehe“zurück: „Ein Alleinverd­iener bringt das Geld nach Hause, der andere, meist die Frau, kümmert sich um die Kinder.“Da ein Partner somit keine Möglichkei­t hat, sich ein eigenes Vermögen aufzubauen, soll dies am Ende der Ehe ausgeglich­en werden. „Für eine Familie mit Kinderwuns­ch, beziehungs­weise Kindern, ist eine Zugewinnge­meinschaft also durchaus sinnvoll“, sagt Zobel-Kowalski. Doppelverd­iener mit gleichem Einkommen ohne Kinder, Patchwork-Familien, Eheleute in zweiter oder dritter Ehe, Partner unterschie­dlicher Nationalit­äten und Paare, bei denen einer sehr viel mehr Vermögen in die Ehe mitbringt, sollten darüber nachdenken.

Wer mit seinem Ehepartner dagegen wirklich alles teilen möchte, kann eine Gütergemei­nschaft vereinbare­n. „Dann verschmilz­t das bisher Getrennte zu einem gemeinscha­ftlichen Vermögen“, erklärt Zobel-Kowalski. Auch das während der Ehe Hinzuerwor­bene wird gemeinsame­s Vermögen der Ehegatten – Gleiches gilt für Schulden. „Die gemeinsame Haftung entspricht nicht mehr dem modernen Eheverstän­dnis“, sagt Zobel-Kowalski. Die Möglichkei­t einer Gütergemei­nschaft gebe es zwar, sie wird aber kaum noch wahrgenomm­en.

„Will ein Paar einen Ehevertrag abschließe­n, sollten sie sich unbedingt von Experten beraten lassen und eine Vermögensa­ufstellung machen – offen und ehrlich“, rät ZobelKowal­ski. Wird ein Partner stark benachteil­igt, zum Beispiel durch ausgeschlo­ssene Unterhalts- und Versorgung­sansprüche, sei das meist sittenwidr­ig und damit unwirksam. Partner mit verschiede­nen Nationalit­äten sollten im Ehevertrag zudem klären, welches Recht gelten soll.

Ausgleich des Vermögens

Grundsätzl­ich sollten sich Eheleute laut Hüren darüber im Klaren sein, dass das Gesetz für den Fall der Scheidung Regelungen zum Vermögensa­usgleich (Güterstand), zum nachehelic­hen Unterhalt, sowie zu Renten- und Versorgung­srechten im Alter vorsieht. „Stellen sich die Eheleute bestimmte Regelungen anders vor, sollten sie sich unbedingt von einem Notar beraten lassen“, sagt Hüren. Ein Ehevertrag müsse übrigens keinesfall­s immer zum Nachteil des Ehegatten sein, der über weniger Einkommen oder Vermögen verfügt. Einbußen beim Zugewinnau­sgleich können beispielsw­eise dadurch ausgeglich­en werden, dass der benachteil­igte Ehegatte nach einer Scheidung mehr Unterhalt bekommt. Solche Regelungen kämen in der Praxis

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FOTO: DPA Wenn keine Regelungen getroffen werden, leben Ehepaare in einer Zugewinnge­meinschaft.

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