Familienfirmen auf Wachstumskurs
Deutschlands 500 größte Familienunternehmen schaffen mehr Stellen als die Dax-Konzerne
RAVENSBURG - Sie heißen Bosch, Mahle oder Würth: Mehr als ein Fünftel der 500 größten deutschen Familienunternehmen hat den Sitz in Baden-Württemberg. Einer aktuellen Studie der Stiftung Familienunternehmen zufolge stieg die Zahl der Jobs, die die Familienfirmen aus dem Südwesten zwischen 2006 und 2015 weltweit schufen, um rund 38 Prozent. Das liegt deutlich über dem Durchschnitt von 28,3 Prozent für alle 500 größten Familienunternehmen in Deutschland. Auch bei den Umsätzen übertrafen die Besten aus dem Südwesten den Schnitt aller Top-500Firmen: So wuchsen die baden-württembergischen Unternehmen von 2006 bis 2015 um rund 66 Prozent. Bei allen Top 500 lag der Wert nur bei 43 Prozent.
„Ohne die Eroberung innovativer neuer Märkte und ohne die Treue zum Standort Deutschland wäre dies nicht möglich gewesen“, erklärt dazu Brun-Hagen Hennerkes, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Familienunternehmen. Diese hatte die Studie beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und dem Institut für Mittelstandsforschung (ifm) in Auftrag gegeben.
Über drei Millionen Beschäftigte
Im Inland steigerten die 500 größten deutschen Familienunternehmen die Zahl ihrer sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 2006 bis 2014 um 19 Prozent auf 3,2 Millionen, während die Gesamtzahl aller Vollzeitstellen in Deutschland nur um 14 Prozent wuchs. Wie bedeutend die Familienunternehmen für die deutsche Volkswirtschaft sind, zeigt auch der Vergleich mit den großen Aktiengesellschaften: Die 27 nicht familiengeführten Dax-Unternehmen hoben die Zahl ihrer Mitarbeiter im gleichen Zeitraum lediglich um zwei Prozent auf 1,5 Millionen an.
„Dieser Erfolg ist nicht allein auf die Eroberung fremder Märkte, sondern ebenso auf die Entwicklung neuer, hoch technisierter Produkte zurückzuführen“, sagt Hennerkes. Er warnte, dass der Weg ins Ausland wegen der außenpolitischen Wirrnisse große Gefahren in sich berge. Die Politik solle zudem für die langfristige Planung der Familienunternehmen rechtzeitig verlässliche Rahmenbedingungen für die nächste Legislaturperiode signalisieren.
Wie die Studie außerdem zeigt, sind in Deutschland fast die Hälfte aller Großunternehmen mit 50 Millionen Euro Umsatz und mehr Familienunternehmen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die überwiegende Zahl der Familienbetriebe weniger als zehn Beschäftigte hat. Mehr als drei Viertel verbuchen einen Umsatz von unter einer Million Euro.
Jahrhundertealte Unternehmen
Familienkontrollierte Unternehmen haben in Deutschland einen Anteil von 91 Prozent an allen privatwirtschaftlichen Unternehmen. 87 Prozent werden von Eigentümern geführt. Die meisten der großen Familienunternehmen sind in der verarbeitenden Industrie und im Handel tätig. Die Top 500 beschäftigten 2015 weltweit 4,8 Millionen Mitarbeiter und erwirtschafteten einen Umsatz von mehr als einer Billion Euro. Davon sitzen zwei Drittel in NRW, BadenWürttemberg oder Bayern.
Viele können auf eine lange Geschichte zurückblicken: Im Schnitt sind die 500 größten deutschen Familienunternehmen 102 Jahre alt. Die Hälfte von ihnen existiert seit den 1920er-Jahren. 26 Unternehmen gab es sogar schon vor dem Jahr 1800, so etwa den Münchner Kaffeehändler Dallmayr (1700) oder die Oettinger Brauerei (1731). Gerade einmal fünf wurden nach dem Millenium gegründet. Hennerkes: „Die Studie beweist damit, dass es der Mehrzahl gelungen ist, die schwierigen Klippen der Nachfolge über Generationen hinweg erfolgreich zu meistern.“