Optimist
Als Jon Huntsman 2012 letztlich erfolglos fürs Weiße Haus kandidierte und spendable Verbündete suchte, klopfte er auch bei Donald Trump an. Der gab ihm nicht nur einen Korb, sondern machte ihn obendrein öffentlich madig. „Er hat unser Land an China verschenkt“, schrieb der Baulöwe bei Twitter – eine Anspielung auf die Tatsache, dass der Republikaner die Vereinigten Staaten zwei Jahre lang als ranghöchster Diplomat in Peking vertreten hatte. Nun hat Trump Huntsman für den Posten als Botschafter in Russland nominiert.
Der Sohn eines milliardenschweren Chemie-Industriellen gilt als Spezialist für Gratwanderungen – ein Republikaner der pragmatischen Schule, der mit der Zeit geht. Von 2005 bis 2009 war er Gouverneur des Bundesstaats Utah, wo er sein konservatives Umfeld schockierte, indem er für die Legalisierung der Ehe zwischen Schwulen und Lesben eintrat. Dann schlug ihm Barack Obama vor, Botschafter in Peking zu werden. Huntsman, der flüssig Mandarin spricht, seit er in der Inselrepublik Taiwan für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage missionierte, nahm das Angebot an. In den Augen von Parteifreunden beging er damit ein Sakrileg.
Als die Tea-Party-Welle über Amerika hinwegrollte, stand Huntsman mit seinen Appellen an die Vernunft auf verlorenem Posten. Im Kampf ums Oval Office hatte er 2012 als sonniger Optimist, der das Gegenteil jener Wut verkörperte, die sich in der „Grand Old Party“ausbreitete, keine Chance. Nach der zweiten Etappe der Vorwahlen gab er auf. Seit diesem Fiasko war es still um Huntsman geworden. Dass Trump den Mann aus Utah wieder ins Rampenlicht schiebt, ist eine Überraschung. Frank Herrmann