Kritik am Arzneimittelspargesetz
Laut Experten sind Schwerkranke gefährdet – Medikamentenkosten steigen an
BERLIN - Mit seinem Gesetzesentwurf zur Stärkung der Arzneimittelversorgung will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Anstieg der Ausgaben für Medikamente dämpfen. Vor der Entscheidung im Kabinett meldet sich nun die Pharmabranche zu Wort und warnt vor Risiken für Schwerkranke.
Die Patienten würden dann Arzneimittel, die oft die einzige Behandlungsalternative seien, von den Krankenkassen nicht mehr bekommen, kritisiert Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Ein Passus im Gesetz ermöglicht, dass teure Medikamente von der Verordnung ausgeschlossen werden sollen, wenn sie nach offizieller Bewertung nicht besser wirken als andere. Fischer hält dagegen, es seien oft formale Gründe, wegen denen diesen Mitteln ein Zusatznutzen im Bewertungsverfahren nicht zugesprochen werde: „Dieses Gesetz ist ein reines Spargesetz, das reale Gefahren für Patienten verursacht.“
Die Gesundheitsexperten der Großen Koalition winken jedoch ab. „Es ist nicht das Ziel, Schwerkranken etwas vorzuenthalten“, erklärte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) am Mittwoch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir wollen sicherstellen, dass teure Medikamente ohne Zusatznutzen nicht zur Verschreibung gebracht werden“, so der Gesundheitsexperte. Die Kritik der Hersteller müsse jedoch geprüft werden. Die Pharmabranche argumentiert, etwa bei Brust- oder Hautkrebs, Diabetes, Epilepsie oder psychischen Störungen sei man auf ein breites Spektrum von Behandlungen angewiesen – etwa wenn ein Arzneimittel im Einzelfall nicht wirke oder nicht vertragen werde.
2015 hatten die Ausgaben für Medikamente der Kassen mit 36,9 Milliarden Euro einen neuen Rekordstand erreicht. Gegenüber 2013 entspricht das einem Anstieg um knapp fünf Milliarden Euro. Preistreiber sind insbesondere neue Präparate. Die Kassenausgaben in diesem Bereich beliefen sich 2015 auf 14,9 Milliarden Euro – ein Plus von knapp zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.