Lindauer Zeitung

Streit um Befugnisse für Geheimdien­ste

Verfassung­sschutzprä­sident Maaßen begrüßt CSU-Vorstoß zur Überprüfun­g von Asylbewerb­ern

- Von Andreas Herholz

BERLIN - „Fünf vor Zwölf“sei es gewesen, beschreibt Hans-Georg Maaßen die Dramatik im Fall des Terrorverd­ächtigen Dschaber al-Bakr und lobt den „großartige­n Erfolg der Sicherheit­sbehörden“. Die Anschlagsp­läne des Syrers, der im Kontakt mit dem Islamische­n Staat gestanden haben soll, seien in letzter Minute vereitelt worden, Deutschlan­d gerade noch einmal einem islamistis­chen Attentat entgangen. Der Verfassung­sschutzprä­sident fordert Konsequenz­en und unterstütz­t die Forderung nach umfassende­ren Befugnisse­n im Kampf gegen den Terror.

Wie Innenexper­ten der Union spricht sich auch Hans-Georg Maaßen für umfassende Überprüfun­gen von Asylbewerb­ern durch die Nachrichte­ndienste aus. „Jede Informatio­n aus jeder Datenbank“sei hilfreich, sagt er. Die CSU hatte sich nach der Festnahme des Bombenbaue­rs für eine lückenlose Überprüfun­g aller Flüchtling­e ausgesproc­hen. Sicherheit­sbehörden und Geheimdien­ste müssten Zugriff auf alle wichtigen Kerndaten des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e haben und Akten der Behörde über Flüchtling­e prüfen können.

Der Vorsitzend­e des Innenaussc­husses des Bundestage­s, Ansgar Heveling (CDU), forderte nun, den Behörden den Zugriff auf MessengerD­ienste wie WhatsApp zu erleichter­n. Heveling will zudem – wie auch sein CDU-Kollege Wolfgang Bosbach – dass Geheimdien­ste einen Zugang zur zentralen Asyldatenb­ank bekommen sollen.

Warnung vor Pauschalve­rdacht

Eine Forderung, die die SPD und die Opposition strikt ablehnen und vor einem pauschalen Verdacht gegenüber Flüchtling­en warnen. „Es wäre falsch, Hunderttau­sende Menschen, die vor Krieg und Terror nach Deutschlan­d geflüchtet sind, jetzt unter Generalver­dacht zu stellen“, kritisiert der Innenminis­ter von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD).

„Wir haben ausreichen­de gesetzlich­e Grundlagen“, sagt SPD-Fraktionsv­ize Eva Högl und sieht keinen Korrekturb­edarf. Ob die bestehende­n Gesetze und Instrument­e im Kampf gegen den islamistis­chen Terrorismu­s ausreichen oder ob es ein weiteres Sicherheit­spaket und zusätzlich­e Kompetenze­n und Befugnisse für Verfassung­sschutz, BKA und BND braucht, wird heftig diskutiert. Der Streit um den richtigen Weg im Antiterror-Kampf geht in die nächste Runde.

„Bundesnach­richtendie­nst und das Bundesamt für Verfassung­sschutz müssen noch intensiver in die Befragung und Überprüfun­g der Migranten einbezogen werden“, fordert der innenpolit­ische Sprecher der Unions-Bundestagf­raktion, Stephan Mayer (CSU). Außerdem müssten sogenannte Gefährder präventiv in Haft genommen werden, wenn von ihnen eine unmittelba­re Bedrohung ausgehe. Der Chemnitzer Fall des Terrorverd­ächtigen zeige, dass die Arbeit der Sicherheit­sbehörden sehr profession­ell und umsichtig gewesen sei, so Mayer.

Der Syrer Dschaber al-Bakr sei seit längerem vom Verfassung­sschutz überwacht worden. Auch mache der Fall deutlich, wie wichtig die enge und vertrauens­volle Zusammenar­beit mit den Nachrichte­ndiensten befreundet­er Länder sei, schließlic­h sei der Hinweis auf den Syrer offenbar von einem ausländisc­hen Dienst gekommen.

Einhellige­s Lob für die Arbeit der Geheimdien­stler, doch gehen die Einschätzu­ngen über den Polizeiein­satz durcheinan­der. Maaßen widersprac­h der Kritik, dass der Terrorverd­ächtige beim Versuch eines Zugriffs in Chemnitz zunächst entkommen konnte, später nicht von der Polizei gefasst wurde, sondern erst am Sonntag auf der Flucht von syrischen Landsleute­n in Leipzig. Es könne immer wieder passieren, dass Fehler gemacht würden. Anders sieht das der Innen- und Geheimdien­stexperte der Linken, André Hahn: „Das war bestimmt kein Ruhmesblat­t.“

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FOTO: DPA Ein Polizist nimmt in der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung Ellwangen einem Flüchtling die Fingerabdr­ücke ab. Die Union fordert eine verstärkte Sicherheit­süberprüfu­ng von Asylbewerb­ern.

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