Lange Schlangen, streikende Kassen
Lidl-Aktion mit Billigtickets der Bahn beginnt mit Chaos
BERLIN - „Jetzt wieder da“, prangt ein Slogan auf Plakaten und der Internetwerbung des Discounters Lidl. Die Reklame für eine Gemeinschaftsaktion mit der Deutschen Bahn kam an. Schon am Vormittag des ersten Verkaufstages bildeten sich in vielen Filialen lange Schlangen an den Kassen. Bis zum kommenden Samstag können Kunden zwei einfache Fahrten quer durch Deutschland für 49,90 Euro bei Lidl erwerben. Wenn der Vorrat so lange reicht.
„Das ging völlig problemlos“, sagt eine junge Frau, als sie mittags mit ihrem Ticketfaltblatt aus einem der Märkte kommt. Die Kassiererin an der Kasse macht da schon eine Einschränkung. „Heute morgen lief manchmal gar nichts“, berichtet sie. Das Kassensystem habe sehr langsam gearbeitet. Es dauert aber auch so einen Moment, bis an der Kasse für jedes Ticket ein Extrabon ausgedruckt wird, der zur Lösung eines Tickets berechtigt. Da jeder Kunde bis zu fünf Aktionsfahrscheine kaufen darf und sich viele gleich mit einem Vorrat eindecken, kommen die Interessenten in der Schlange nur langsam nach vorne.
Mittags gab es sogar eine Krisensitzung von Bahn und Lidl. Denn Probleme gab es auch bei der Einlösung der Bons in echte Tickets. Vereinzelt schickten die Filialleiter Interessenten nach Hause. Sie sollten später wiederkommen. Doch die Lage beruhigte sich im Tagesverlauf. „Jetzt läuft es normal“, versicherte eine Sprecherin am Nachmittag, was der Augenschein in den Märkten auch bestätigte.
Es ist schon das zweite Mal, dass der Handels- und der Verkehrskonzern ein gemeinsames Angebot starten. Bei der ersten Aktion gingen rund eine halbe Million Billigtickets an der der Supermarktkasse weg. Diesmal werden es nach Bahnangaben noch etwas mehr sein. Wie viele es genau sind, verrät das Unternehmen aber nicht. Zumindest geht die Bahn davon aus, dass auch an den kommenden Tagen noch Fahrkarten bei Lidl erhältlich sind.
Der Erfolg des ersten Versuchs ist auch der Grund für die neuerliche Partnerschaft. Die Bahn will dadurch neue Zielgruppen erreichen und als Bahnfahrer gewinnen. Die Rabatttickets dienen auch als Instrument im Wettbewerb gegen die oft günstigeren Fernbusse. Tatsächlich sind Fahrten für die Käufer bei Lidl auf langen Strecken unschlagbar günstig. So könnte ein Elternteil etwa mit vier eigenen Kindern unter 14 Jahren für 49,90 Euro von Flensburg nach Freiburg und zurück fahren.
Ein paar Einschränkungen gibt es auch bei diesem Angebot. So können die Tickets nur an sechs Wochentagen genutzt werden. Die Züge am besonders nachfragestarken Freitag bleiben den Lidl-Kunden verschlossen. Auch besteht ein gewisser Zeitdruck für die Einlösung der Bons. Spätestens am 18. Dezember müssen die Fahrten angetreten werden. Danach verfallen sie. Auch sind sie nicht mit den Bahnkarten kombinierbar und Upgrades in die erste Klasse sind auch nicht möglich.
Ähnliche Werbekampagnen für das Bahnfahren mit anderen Handelsunternehmen sind nicht geplant. Preisbewussten Kunden bleiben sonst nur die Sparpreise und die zeitlich begrenzten Aktionspreise von 19 Euro pro Fahrt. Bei all diesen Offerten wissen die Kunden nicht, wie groß das Angebot an diesen Fahrscheinen ist. Es dient neben der Werbung vor allem einer besseren Kapazitätsauslastung der Züge. Momentan bleibt im Durchschnitt fast jeder zweite Platz unbesetzt. Das hört sich schlimmer an, als es ist. Denn zum Teil müssen die Waggons halbleer lange Strecken zurücklegen, um auf den gut frequentierten Teilabschnitten ausreichend Platz für die dann dazukommenden Passagiere zu bieten. Viel mehr als 60 Prozent durchschnittliche Auslastung würde die Bahn gar nicht leisten können.