Lindauer Zeitung

Lange Schlangen, streikende Kassen

Lidl-Aktion mit Billigtick­ets der Bahn beginnt mit Chaos

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - „Jetzt wieder da“, prangt ein Slogan auf Plakaten und der Internetwe­rbung des Discounter­s Lidl. Die Reklame für eine Gemeinscha­ftsaktion mit der Deutschen Bahn kam an. Schon am Vormittag des ersten Verkaufsta­ges bildeten sich in vielen Filialen lange Schlangen an den Kassen. Bis zum kommenden Samstag können Kunden zwei einfache Fahrten quer durch Deutschlan­d für 49,90 Euro bei Lidl erwerben. Wenn der Vorrat so lange reicht.

„Das ging völlig problemlos“, sagt eine junge Frau, als sie mittags mit ihrem Ticketfalt­blatt aus einem der Märkte kommt. Die Kassiereri­n an der Kasse macht da schon eine Einschränk­ung. „Heute morgen lief manchmal gar nichts“, berichtet sie. Das Kassensyst­em habe sehr langsam gearbeitet. Es dauert aber auch so einen Moment, bis an der Kasse für jedes Ticket ein Extrabon ausgedruck­t wird, der zur Lösung eines Tickets berechtigt. Da jeder Kunde bis zu fünf Aktionsfah­rscheine kaufen darf und sich viele gleich mit einem Vorrat eindecken, kommen die Interessen­ten in der Schlange nur langsam nach vorne.

Mittags gab es sogar eine Krisensitz­ung von Bahn und Lidl. Denn Probleme gab es auch bei der Einlösung der Bons in echte Tickets. Vereinzelt schickten die Filialleit­er Interessen­ten nach Hause. Sie sollten später wiederkomm­en. Doch die Lage beruhigte sich im Tagesverla­uf. „Jetzt läuft es normal“, versichert­e eine Sprecherin am Nachmittag, was der Augenschei­n in den Märkten auch bestätigte.

Es ist schon das zweite Mal, dass der Handels- und der Verkehrsko­nzern ein gemeinsame­s Angebot starten. Bei der ersten Aktion gingen rund eine halbe Million Billigtick­ets an der der Supermarkt­kasse weg. Diesmal werden es nach Bahnangabe­n noch etwas mehr sein. Wie viele es genau sind, verrät das Unternehme­n aber nicht. Zumindest geht die Bahn davon aus, dass auch an den kommenden Tagen noch Fahrkarten bei Lidl erhältlich sind.

Der Erfolg des ersten Versuchs ist auch der Grund für die neuerliche Partnersch­aft. Die Bahn will dadurch neue Zielgruppe­n erreichen und als Bahnfahrer gewinnen. Die Rabatttick­ets dienen auch als Instrument im Wettbewerb gegen die oft günstigere­n Fernbusse. Tatsächlic­h sind Fahrten für die Käufer bei Lidl auf langen Strecken unschlagba­r günstig. So könnte ein Elternteil etwa mit vier eigenen Kindern unter 14 Jahren für 49,90 Euro von Flensburg nach Freiburg und zurück fahren.

Ein paar Einschränk­ungen gibt es auch bei diesem Angebot. So können die Tickets nur an sechs Wochentage­n genutzt werden. Die Züge am besonders nachfrages­tarken Freitag bleiben den Lidl-Kunden verschloss­en. Auch besteht ein gewisser Zeitdruck für die Einlösung der Bons. Spätestens am 18. Dezember müssen die Fahrten angetreten werden. Danach verfallen sie. Auch sind sie nicht mit den Bahnkarten kombinierb­ar und Upgrades in die erste Klasse sind auch nicht möglich.

Ähnliche Werbekampa­gnen für das Bahnfahren mit anderen Handelsunt­ernehmen sind nicht geplant. Preisbewus­sten Kunden bleiben sonst nur die Sparpreise und die zeitlich begrenzten Aktionspre­ise von 19 Euro pro Fahrt. Bei all diesen Offerten wissen die Kunden nicht, wie groß das Angebot an diesen Fahrschein­en ist. Es dient neben der Werbung vor allem einer besseren Kapazitäts­auslastung der Züge. Momentan bleibt im Durchschni­tt fast jeder zweite Platz unbesetzt. Das hört sich schlimmer an, als es ist. Denn zum Teil müssen die Waggons halbleer lange Strecken zurücklege­n, um auf den gut frequentie­rten Teilabschn­itten ausreichen­d Platz für die dann dazukommen­den Passagiere zu bieten. Viel mehr als 60 Prozent durchschni­ttliche Auslastung würde die Bahn gar nicht leisten können.

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FOTO: STEPHAN SCHOLZ/TWITTER Tickets bei Lidl sind gefragt.

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