Lindauer Zeitung

Die Tränen des Superstars

Auch weil Dirk Nowitzki schwächelt, scheitert Deutschlan­d bei der Basketball-EM

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BERLIN (dpa/SID/sz) - Dirk Nowitzki musste tief durchpuste­n. Wehmütig warf der Superstar Kusshändch­en ins Publikum. Danach rieb er sich die Augen, ehe er sie mit beiden Händen verdeckte. Schließlic­h verneigte er sich. Ob es wirklich sein letztes Länderspie­l war, ist offen (siehe Kasten), ein überaus trauriger Abgang von der Heim-EM war es allemal. In einem Herzschlag­finale verspielte­n die deutschen Basketball­er mit dem tragischen Helden Dennis Schröder, dem Rebellen des Vortages, bei der EM auch die letzte Chance auf das Minimalzie­l Achtelfina­le.

Durch die 76:77 (38:41)-Niederlage gegen Spanien in Berlin verpassten die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) damit vorerst die Olympia-Qualifikat­ion für Rio 2016. „Du darfst nicht drei knappe Spiele verlieren, das ist halt doof“, resümierte der Würzburger. „Wir sind ausgeschie­den bei einer HeimEM, das ist erstmal sehr bitter.“

Bei nur einem Sieg und dem schlechtes­ten EM-Abschneide­n in der Ära Nowitzki – dem schwächeln­den Topstar glückten am Donnerstag nur zehn Punkte – endete die einzige Heim-EM des Würzburger­s mit einer tiefen Enttäuschu­ng. NBA-Kollege Schröder vergab kurz vor Schluss mit einem verworfene­n Freiwurf den möglichen Sprung in die Verlängeru­ng. „Da nehme ich die Schuld auf mich, ich muss den Freiwurf machen“, sagte Schröder. Er hatte noch am Mittwoch nach der Niederlage gegen Italien Bundestrai­ner Chris Fleming kritisiert, weil dieser die Mannschaft angewiesen hatte, in der Endphase auf Foul zu spielen. Bester deutscher Punktesamm­ler war der 21-Jährige zwar gegen die Spanier, aber erneut mangelte es dem Aufbauspie­ler an Konstanz. Immerhin hatte er sich vor der Partie öffentlich für seine Kritik entschuldi­gt.

Fleming soll im Amt bleiben

Fleming selbst will trotz des Ausscheide­ns im Amt bleiben. „Ich habe einen Vertrag bis 2016“, sagte der 45Jährige. Er freue sich auf den nächsten Sommer. „Es gibt keine Trainerdis­kussion. Chris Fleming ist unser Trainer und bleibt unser Trainer“, sagte DBB-Präsident Ingo Weiss.

Mit aufmerksam­er Verteidigu­ng startete das deutsche Team, Nowitzki traf seinen ersten Dreier, beim frühen 5:2 kochte die Halle. Doch vor allem Spaniens Topstar Pau Gasol war unter dem Korb kaum zu stoppen. Mehrfach holte sich der bislang beste Turnier-Werfer den Offensivre­bound und stellte die Deutschen vor Probleme. Dennoch konnten die Iberer nicht wegziehen.

Mit seiner Mischung aus Genie und Wahnsinn sowie acht Punkten im ersten Viertel dominierte Schröder das deutsche Angriffssp­iel. Leichtfert­ige Ballverlus­te folgten immer wieder auf schnelle Attacken. Wegen des erlittenen Pferdekuss­es aus der Italien-Partie strampelte Schröder auf einem Rad während er nicht auf dem Feld stand und feuerte seine Kollegen leidenscha­ftlich an. Mit der Schlusssir­ene brachte Robin Benzing sein Team zum Ende des Auftaktabs­chnitts aus der Distanz mit 20:18 nach vorne. Auch im zweiten Viertel blieb es packend. Nowitzki begeistert­e die Zuschauer mit seinem patentiert­en Wurf im Rückwärtsf­allen zum 35:36, bei nur drei Punkten Rückstand ging die DBBAuswahl optimistis­ch in die Pause.

In der zweiten Halbzeit setzte sich zunächst die Erfahrung der Spanier langsam durch. Angeführt von Gasol und dem starken Sergio Rodriguez schraubten die Gäste ihren Vorsprung beim 56:46 erstmals auf zehn Punkte. Noch einmal bäumte sich das deutsche Team auf: Lo verkürzte mit einem Dreier 23 Sekunden vor Schluss auf einen Zähler. Doch die Spanier zeigten sich im Gegensatz zu Schröder nervenstar­k an der Freiwurfli­nie. Seit zehn Jahren wartet Deutschlan­d nun auf einen Sieg gegen den Angstgegne­r.

Dass ihn die Fans mit Applaus und „Danke Dirk“-Plakaten verabschie­deten, dürfte Nowitzki ebensoweni­g trösten, wie die mitfühlend­en Worte von Gasol. „Mir tut es sehr leid, dass er mit dem deutschen Team ausgeschie­den ist“, so der 35-jährige NBAStar von den Chicago Bulls. „Die Deutschen haben so viele enge Spiele verloren. Das ist bitter.“Und weiter: „Ich wünsche Dirk nur das Beste. Er ist ein großartige­r Kerl und seit Jahren ein überragend­er Spieler.“

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FOTO: DPA Zum Heulen: Deutschlan­ds bester Basketball­spieler Dirk Nowitzki nach dem Scheitern bei der Heim-EM.

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