Von Anfang an einen Schritt zu langsam
Die deutschen Basketballer verlieren gegen die Türkei nach miserablem Start mit 75:80 und müssen ums Achtelfinale zittern
BERLIN (SID/dpa/sz) - Erst den Start verschlafen, dann vergeblich gekämpft: Die deutschen Basketballer um Dirk Nowitzki haben im Rennen um den Einzug ins EM-Achtelfinale einen herben Rückschlag kassiert und stehen nach der zweiten Niederlage in der Vorrunde bereits mit dem Rücken zur Wand. Zwei Tage nach dem bitteren 66:68 gegen Serbien musste sich die Mannschaft von Chris Fleming auch der Türkei mit 75:80 (24:41) geschlagen geben.
„Die Türken haben mit viel mehr Energie angefangen. Die waren bereit zu spielen, wir waren von Anfang an einen Schritt zu langsam. Sie waren aggressiver und agiler, wir haben immer nur reagiert und das war einfach immer zu spät. Dann haben sie sich in einen Rausch gespielt“, sagte Nowitzki: „Es wird schwer jetzt, aber wir werden nicht aufgeben. Ziel war immer, die Vorrunde zu überstehen. Das ist immer noch möglich.“Auch Fleming kritisierte den Start: „Ausschlaggebend war unsere fehlende Bereitschaft im ersten Viertel. Wir haben keinen Weg gefunden, die Blutung zu stoppen. Am Ende haben wir mit viel Energie gespielt, aber es war mehr Emotion als Basketball-Qualität.“
Die Deutschen benötigen nun aus den weiteren Gruppenspielen heute gegen Italien und einen Tag später (jeweils 17.45 Uhr/ARD) gegen den zweimaligen Europameister Spanien zwingend einen Sieg, um die Qualifikation für die nächste Runde in Lille zu schaffen. In Frankreich geht es ab Samstag in der K.o.-Runde nicht nur um den EM-Titel, sondern auch um die ersten Tickets für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.
Erfolgreichste deutsche Werfer einer offensiv lange enttäuschenden Mannschaft waren Dennis Schröder (24 Punkte) und Nowitzki (15). Für die Türken trug Cedi Osman (17) einen wichtigen Teil zum Sieg bei.
Vor 13 050 Zuschauern in der Arena am Ostbahnhof starteten die Deut- schen katastrophal. Schon früh stand es 2:13, Ende des ersten Viertels hieß es 11:31. Vor allem Ersan Ilyasova und Center Semih Erden bekamen die Deutschen nicht in den Griff. Wie ein Orkan fegte die Türkei über den Gastgeber hinweg und traf im Auftaktviertel elf ihrer 13 Würfe. Während die Gäste in der Zone und aus der Distanz nach Belieben sicher abschließen konnten, gelang der DBB-Auswahl so gut wie nichts. Einzig Nowitzki verhinderte mit sieben Zählern in den ersten zehn Minuten ein noch schlimmeres Debakel.
Entlastung bekam der Power Forward von den Dallas Mavericks durch die Rückkehr von Robin Benzing. Der 26-Jährige musste gegen Serbien pausieren, nachdem er sich beim Sieg gegen Island (71:65) am Knöchel verletzt hatte. Mit sechs schnellen Punkten fügte er sich zwar gut ein, doch vor der Pause erinnerte trotzdem viel an das letzte Duell gegen die Türkei. Vor zweieinhalb Wochen hatte die DBBAuswahl in Hamburg noch einem miserablen Start früh mit 24 Punkten zurückgelegen – am Ende allerdings noch 68:66 gewonnen.
Viel gelernt schienen Nowitzki und Co. daraus nicht zu haben, und so sah sich Fleming („Die ersten zehn Minuten haben wir nicht energisch gespielt“) gezwungen, mit allen Tricks zu arbeiten. Durch ungewöhnliche Aufstellungen und Zonenverteidigung versuchte der Amerikaner, die Türken zu bremsen. Mit mäßigem Erfolg, denn zur Halbzeit lagen die Gäste 41:24 vorn.
Vor allem Ilyasova von den Detroit Pistons stellte die deutsche Verteidigung vor große Probleme und sorgte bei den mehr als 2000 türkischen Fans in der Halle für ausgelassenen Jubel. Zwar kamen die Deutschen im dritten Viertel näher heran (36:46), allerdings verlor sie eine ihrer stärksten Waffen. Tibor Pleiß vom NBA-Klub Utah Jazz musste lange mit vier Fouls auf der Bank Platz nehmen.
Vor der EM hatte sich der deutsche Verband die Türkei als Vorrundengegner ausgesucht – und dürfte das am Dienstag bereut haben.