Alljährlicher Streit zum Schulstart
Spaenle: „Unterrichtsversorgung sichergestellt“– Verbände pochen auf mehr Lehrer
MÜNCHEN - Der bildungspolitische Streit zu Beginn eines neuen Schuljahres kommt so unweigerlich wie Aschermittwoch oder das Oktoberfest. Opposition und Lehrerverbände weisen darauf hin, dass an den Schulen des Freistaats so ziemlich alles im Argen liegt. Und der Kultusminister hebt hervor, dass trotz des hohen Niveaus alles tatsächlich noch besser geworden sei. In diesem Jahr kommt noch ein Aspekt dazu: Unterricht für Flüchtlingskinder.
50 Lehrer für Flüchtlingskinder
„Unterrichtsversorgung ist sichergestellt“, verkündete Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) dieser Tage. Man unternehme dabei auch „massive Anstrengungen“, um junge Flüchtlinge und Asylbewerber zu unterrichten. So werde die Zahl der Übergangsklassen für schulpflichtige Flüchtlinge und Asylbewerber von 375 zum Ende des vergangenen Schuljahres auf 470 erhöht.
420 Stellen würden bereitgestellt, um Klassen mit mehr als 25 Schülern und mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an Kindern mit Migrationshintergrund teilen zu können, so Spaenle. 50 zusätzliche Lehrer sollen speziell zur Unterrichtung von Flüchtlingskindern eingestellt werden.
Die auf Alarm gebürsteten Interessenverbände konnte der Minister damit nur teilweise beruhigen. Die 50 avisierten Lehrerstellen seien ein „hoffnungsvoller Anfang“, relativierte der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes Max Schmidt. Es werde aber unabwendbar sein, weitere Lehrkräfte einzustellen, am besten alle drei Monate 50 Lehrer. Wenn die bayerischen Schulen am kommenden Montag, 14. September, wieder den Betrieb aufnehmen, dürften etwa 50 000 Flüchtlingskinder zusätzlich im Freistaat angekommen sein, nimmt die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands Simone Fleischmann an. Es brauche mehr Lehrer und mehr Geld, lautet daher ihre pauschale Forderung. Um den Personalmangel auszugleichen, sollten zu- dem Realschul- und Gymnasiallehrer für Grund- und Mittelschulen „nachqualifiziert“werden – eine Forderung, die bei den Berufsverbänden der Real- und Gymnasiallehrer gar nicht gern gehört wird.
„Keine einzige neue Stelle“
Bei der Landtagsopposition weiß man schon, dass alles Murks ist. Noch vor Beginn des neuen Schuljahres versuche Bildungsminister Spaenle, „die Menschen mit Schönfärberei in die Irre zu führen“, sagt der Bildungspolitiker der Freien Wähler, Günther Felbinger. So sei schlicht und einfach falsch, dass zusätzliche Mittel aus dem Nachtragshaushalt zur Verfügung stünde. Den Nachtragshaushalt, der dem Parlament noch gar nicht vorliege, müsse der Landtag im Herbst erst einmal beraten und beschließen. „An Bayerns Schulen werde es zum Schulstart keine einzige neue Stelle geben“, sagt Felbinger voraus.
SPD-Schulpolitiker Martin Güll wird heute vor der Presse darlegen, woran es zum Beginn des Schuljahres wieder einmal fehlt. Die Liste der offenen Baustellen aus Sicht der Sozialdemokraten ist lang: Flüchtlingsbeschulung bei anhaltendem Zustrom, Lücken in der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen, große regionale Unterschiede beim Übertritt in weiter führende Schulen, Nachholbedarf bei der Inklusion.