Bilderberg-Treffen erregt Verschwörungstheoretiker
In Tirol tagen gegenwärtig 140 hochrangige Vertreter aus europäischen und nordamerikanischen Ländern
Sitzt die eigentliche Weltregierung momentan in einem Tiroler Luxushotel bei Telfs westlich von Innsbruck? Ja, meinen Verschwörungstheoretiker. Sie haben das Bilderberg-Treffen im Visier. Dabei handelt es sich um eine seit 1954 existierende, privat organisierte Tagung. Sie dient offiziell zur Pflege des transatlantischen Verhältnisses. Jährlich nehmen 120 bis 150 Wirtschaftsführer, Politiker, Forscher und ausgesuchte Journalisten daran teil.
Der Name der Veranstaltung geht auf den ersten Tagungsort zurück, eine niederländische Nobelherberge. Jedes Jahr findet das Treffen woanders statt. Heuer ist das Hotel Interalpen Tyrol bei Telfs dran. Es verspricht „Luxus und Komfort auf höchstem Niveau“. Tagungskritiker glauben aber nicht, dass sich die Teilnehmer verwöhnen lassen wollen. Hier würde entschieden, was morgen global geschehe, behaupten sie.
Dies war auch unter Demonstranten während des G7-Gipfels auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen ein Thema – zumal Telfs nur 18 Kilometer Luftlinie entfernt liegt. Mancher der Gipfelgegner flüsterte Journalisten zu: „Die Sieben in Elmau sind doch nur Marionetten. Die wirklich Mächtigen kommen zum Bilderberg-Treffen.“Es ist unbekannt, was Barack Obama, Angela Merkel und die anderen G7-Größen zu dieser Vermutung meinen. Von ihnen ist auch niemand in Telfs dabei. Dafür reist etwa Paul Achleitner an, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank. Auch Airbus-Chef Thomas Enders kommt, ebenso wie Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).
140 Teilnehmer aus 22 Ländern stehen auf der Tagungsliste. Sie wurden vom Vorsitzenden der Konferenz und einem achtköpfigen Lenkungsausschuss ausgesucht. Es sollen führende Persönlichkeiten sein, die zu aktuellen Debatten Wesentliches beitragen können, heißt es. Es geht aber offenbar auch anders, wie Rudolf Scholten, österreichisches Mitglied im Lenkungsausschuss, im Fernsehen sagte. Ein Sponsoring der Veranstaltung kann demnach ebenso zu einer Einladung führen. Scholtens Aussagen legten nahe, dass so die wichtigsten österreichischen Banker nach Telfs gekommen sind.
Der zuletzt in Landtagswahlen erfolgreichen rechtsorientierten österreichischen Partei FPÖ war dies zuvor aufgefallen. Ein gefundenes Fressen für deren Vertreter, die ebenso wie die Linken gerne an den „bestehenden Verhältnissen“herummä- keln. Kritik fällt der FPÖ leicht. Von ihrer Partei ist niemand eingeladen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sprach von einem „demokratisch nicht legitimierten, aber offenbar mit einiger Macht ausgestatteten Treffen“. Dies klang so ähnlich, wie es Autonome, Marxisten und Grüne bereits zuvor in Garmisch-Partenkirchen mit Blick auf das BilderbergTreffen formuliert hatten.
Geheimniskrämerei
Traditionell veröffentlicht die Bilderberg-Konferenz keine Protokolle. Die Teilnehmer sind gehalten, die Inhalte vertraulich zu behandeln. Auf Kritiker wirkt dies wie eine sektenhafte Geheimniskrämerei. So ist für das gegenwärtige, noch bis Sonntag dauernde Treffen nur bekannt, dass Themen wie Russland, Griechenland oder Cyber-Sicherheit diskutiert werden sollen. Damit dies ungestört geschehen kann, hat die österreichische Polizei Telfs mit über 2000 Mann abgeriegelt. Der Luftraum wurde gesperrt. Es gibt Kontrollposten auf den Straßen. Demonstranten sollen möglichst fern das Tagungsortes gestoppt werden.