Die Jugendarbeit soll krisensicher werden
Wie kann eine kontinuierliche Jugendarbeit gewährleistet werden? Diese Frage beschäftigt den Markt Dießen. Warum das Jugendzentrum den Jugendlichen derzeit nur sporadisch zur Verfügung steht.
Bis Ende Mai wird das kommunale Jugendzentrum (JuZ) der Gemeinde Dießen aufgrund einer Erkrankung von JuZ-Leiter Simon Brieger voraussichtlich geschlossen bleiben. Während dieser Zeit werden in den Räumlichkeiten Sanierungsarbeiten vorgenommen. Briegers Kollege, der kommunale Streetworker Alexander Sauter, wurde vom Gemeinderat ermächtigt, während der Krankheitszeit Briegers das JuZ nach Absprache mit Bürgermeisterin Sandra Perzul zumindest tageweise zu öffnen. Über eine zukünftige krisensichere Formation der personellen Ressourcen wird aktuell im Rathaus nachgedacht.
Zur Sitzung legte Alexander Sauter, der seit Januar 2023 als kommunaler Streetworker in Dießen arbeitet, dem Gemeinderat auf Antrag von Johannes Wernseher (CSU) seinen aktuellen Sachstandsbericht vor. Die neue Kollegin der beiden Pädagogen, die interkommunale Streetworkerin Katharina Frankl, die für Schondorf, Utting und Dießen zuständig ist, ließ sich ebenfalls wegen Krankheit entschuldigen.
Das Fazit von Alexander Sauter, der seine Tätigkeit in Dießen im Januar 2023 angetreten hatte, fiel positiv aus. Mehr als 100 Jugendliche habe er im vergangenen Jahr im Erstkontakt kennengelernt. Von rund 40 könne er sich mittlerweile die Namen merken, mit etwa 25 sei er regelmäßig im Austausch. „Diese Jugendlichen sehen wir, Simon Brieger und ich, als Multiplikatoren, die Einfluss auf andere Jugendliche haben, die Alpha-Tierchen sind“. Von diesen 25 gäbe es noch mal einen harten Kern von circa zehn bis 15 Personen, „die in einem vertrauensvollen Verhältnis zu uns stehen und deren Meinung wir einholen“. Fünf davon absolvierten mittlerweile einen Jugendleiter-Kurs, andere übernehmen Aufgaben im Jugendbeirat. „Das ist eine schöne Sache“, so Sauter.
Die Sanierung des Vogelbeobachtungsturms im Naturschutzgebiet, der häufig besprüht und beschädigt wird, habe allen viel Spaß gemacht. Rund ein Dutzend Jugendliche hätten sich beteiligt. Diese könne er seitdem immer wieder ansprechen, wenn es darum
gehe, Schäden zu beheben oder anderen zu helfen. „Ohne das JuZ und ohne Simon Brieger hätte die Anbahnung dieser Kontakte nicht stattfinden können“, erklärte Sauter. Im JuZ und auf dem Skaterplatz treffe sich die Jugendszene.
Auch auf weniger Erfreuliches kam Sauter zu sprechen. Begonnen habe seine Arbeit mit der Erkenntnis, dass gerade in der Sonnenstraße aufgrund der Jugendbewegung zwischen Bahnhof und JuZ ein hohes Lärmaufkommen, ein hohes Müllaufkommen und große Belästigung stattfinde.
Deshalb habe er im Mai 2023 mit den Anwohnern der Sonnenstraße einen Bürgergesprächskreis organisiert, damit Anwohner und Jugendliche ins Gespräch kommen. Im Oktober habe er nochmals bei den Anwohnern nachgefragt, wie die Entwicklung sei. Das Müllproblem sei demnach erkennbar besser geworden, es werde nachts auch kaum noch geklingelt. Über Lärm werde aber nach wie vor geklagt. Das liege, so die Meinung des Streetworkers, zum einen an der Akustik des alten Feuerwehrhauses
sowie an der großen Beliebtheit des darin befindlichen JuZ. „Je mehr im JuZ los ist, desto mehr wird draußen gelacht. Das lässt sich fast nicht vermeiden“, erklärte Sauter.
Nach dem ersten Jahr seiner aufsuchenden Tätigkeit erlebe er nun, dass die Jugendlichen mit ihren Problemen zunehmend auch direkt auf ihn zukommen. „Da geht es häufig um Drogen, um Beziehungen, um das Verhältnis zu den Eltern und Freunden. Und natürlich auch um Mobbing. Das Ganze nimmt jetzt Fahrt auf und wir sind auf einem guten Weg“, erklärte Sauter.
Mit JuZ-Leiter Simon Brieger verbinde ihn mittlerweile ein freundschaftlich-kollegiales Verhältnis, so Sauter, und sollte es seitens der Gemeinde gewünscht werden, seine Stelle zur Unterstützung des Kollegen zu erweitern, würde er diese Aufgabe gerne annehmen, erklärte der Streetworker.
Als Bahnfahrerin sei ihr aufgefallen, so Gabriele Übler (Grüne), dass der Bahnhof als Jugendtreffpunkt nicht mehr ganz so beliebt sei wie noch im vergangenen Jahr. „Wo sind die Jugendlichen, die nicht mehr dort sind?“, fragte Übler, die außerdem wissen wollte, ob die Tätigkeit als Streetworker kompatibel sei mit der Jugendpflege im JuZ. Der Skaterplatz habe dem Bahnhof als Treffpunkt den Rang abgelaufen, erklärte Sauter. „Aber es kommen immer wieder neue Jugendliche nach“, und er versuche weiter, hier Einfluss zu nehmen, um Beschwerden am Bahnhof zu reduzieren.
„Das JuZ ist aktuell geschlossen, auch über die Pfingstferien“, bedauerte Bürgermeisterin Sandra Perzul. Mit der Fachaufsicht „Brücke Oberland“sei deshalb aufgrund des Fachkräftemangels abgesprochen worden, dass Alexander Sauter bei Bedarf als Notfallbetreuung und Krankheitsvertretung für Simon Brieger einspringen könne. Für eine generelle, langfristige Unterstützung müsse jedoch der Vertrag des Streeworkers angepasst werden. Darüber müsse im nicht öffentlichen Teil gesprochen werden, so die Bürgermeisterin.
Grundsätzlich, so eine aktuelle Rückmeldung der Gemeindeverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung zum nicht öffentlichen Teil der Sitzung, stehe der Marktgemeinderat einer „personellen Anpassungen im Dießener JuZ unter Verwendung der vorhandenen Ressourcen positiv gegenüber. Über die genaue Ausgestaltung gibt es derzeit noch keine Angaben“.