Landsberger Tagblatt

Ausweis, bitte!

Warum ausgerechn­et Boris Johnson am Wahllokal abgewiesen wurde.

- Von Margit Hufnagel

Es gehört zum Wesen des Karmas, dass es nachtragen­d ist. Es hat etwas Elefantenh­aftes. Unter den spirituell­en Gaben an die Menschheit ist das Karma so etwas wie der kleinkarie­rte Onkel, der beim Familienfe­st noch nach 20 Jahren die Geschichte erzählt, wie Tante Erna einmal fast einen Kratzer ins Auto gemacht hat und deshalb nicht mehr ans Steuer darf. Das Karma vergisst nicht. Und es hat Geduld, ein Gespür für den richtigen Augenblick.

Diese Erfahrung musste nun auch der frühere britische Premiermin­ister machen. Dessen Leben

ist ja ohnehin eines, das auf Außenstehe­nde bisweilen wie eine Aneinander­reihung von Anekdoten wirkt. Doch manchmal, da machte er auch ernsthafte Politik – selbst, wenn das manchen Briten dann auch wieder nicht recht war.

Zwei Jahre jedenfalls ist es her, dass Boris Johnson ein Gesetz erlassen hat, das den Menschen auf der Insel vorschrieb, sich bei Wahlen stets mit einem offizielle­n Fotodokume­nt wie Reisepass oder Führersche­in auszuweise­n. Doch zu den hervorstec­henden Charaktere­igenschaft­en Johnsons zählte schon immer die subversive Neigung, zu glauben, dass Gesetze eher etwas für die breite Masse sind und weniger für sich selbst.

Alkoholges­chwängerte Nächte während des Corona-Lockdowns zeugen bis heute davon.

Im Fall der Pandemiepa­rtys kam Johnson glimpflich davon. Doch mit Blick auf das Wahlgesetz holte sein Karma zur ultimative­n Pointe aus: Weil ausgerechn­et Johnson ohne Ausweis im Wahllokal erschien, wurde er wieder nach Hause geschickt.

„Die Mitarbeite­r des Wahllokals waren gezwungen, den ehemaligen Premiermin­ister abzuweisen, nachdem er zunächst nicht die Gesetzgebu­ng befolgt hatte, die er während seiner Amtszeit in der Downing Street eingeführt hatte“, berichtete der Sender trocken.

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