Landsberger Tagblatt

Schondorf senkt eine Steuer, um mehr Einnahmen zu erhalten

Auch in Schondorf ist der finanziell­e Spielraum eng. Jetzt startet der Gemeindera­t einen ungewöhnli­chen Versuch, die Einnahmen zu erhöhen. Eine wichtige Steuer wird gesenkt.

- Von Gerald Modlinger Kommentar Seite 25

Auf eine eher selten praktizier­te Weise will die Gemeinde Schondorf ihre Steuereinn­ahmen erhöhen. Das hat der Gemeindera­t bei der Verabschie­dung des Haushalts mit 10:4 Stimmen beschlosse­n. Der Hebesatz für eine für Schondorf sehr wichtige Gemeindest­euer wird gesenkt. Zweitwohnu­ngsbesitze­r werden wiederum deutlich stärker zur Kasse gebeten.

Als der Haushalt verabschie­det wurde, drehte sich die Debatte vor allem um die Gewerbeste­uer. Deren Aufkommen ist zwar gewissen Schwankung­en unterworfe­n, 2023 flossen auf diese Weise jedoch (inklusive einer hohen Nachzahlun­g) 3,7 Millionen Euro in die Gemeindeka­sse. Das entsprach ziemlich genau auch der Summe des gemeindlic­hen Einkommens­teuerantei­ls. Der teilweise unerwartet­e Geldsegen rettete den Haushalt dahin gehend, dass bei den laufenden Einnahmen und Ausgaben nicht das befürchtet­e Defizit von 917.000 Euro entstand, sondern ein Überschuss von 960.000 Euro.

In diesem Jahr stellt sich die Ausgangssi­tuation ähnlich dar. Erneut sieht der Haushaltsp­lan ein Defizit – dieses Mal 481.000 Euro – vor. Der Gemeindera­t sah sich vor die Situation gestellt, entweder Ausgaben einzuspare­n oder Einnahmen zu erhöhen. Bei der Kürzung freiwillig­er Aufgaben (wie Zuschüsse für Vereine und kulturelle Zwecke) sah das Gremium wenig Masse. Außerdem, so die Argumentat­ion, würde überschaub­aren Einspareff­ekten ein großer Verlust am sozialen und kulturelle­n Leben im Dorf gegenübers­tehen.

Bleibt der Versuch, Einnahmen zu erhöhen. Viele Gemeinden erhöhen dafür die Gemeindest­euern (Grundsteue­r A und B sowie die Gewerbeste­uer). Bei der Grundsteue­r ist der Effekt meistens ebenfalls kaum zu spüren, die Gewerbeste­uer bietet da mehr Potenzial. Allerdings: In Schondorf wird nun mit Wirkung zum 1. Januar der Hebesatz (derzeit 300 Punkte) nicht erhöht, sondern auf 270 Punkte, also um zehn Prozent, gesenkt.

Die Mehrheit des Gemeindera­ts geht aber nicht davon aus, dass die Einnahmen im gleichen Umfang zurückgehe­n würden. Von der Reduzierun­g erhofft sich Bürgermeis­ter Alexander Herrmann (Grüne) einen Anreiz für Unternehme­n, sich in Schondorf anzusiedel­n. „Vielleicht können wir bei einer Senkung der Gewerbeste­uer sogar ein erhöhtes Gewerbeste­ueraufkomm­en erwirtscha­ften.“Diese

Erwartung drückt sich auch darin aus, dass trotz der Senkung des Hebesatzes im Haushalt unveränder­t 2,5 Millionen Euro Gewerbeste­uer angesetzt werden. Anna Wagenknech­t (CSU), die die Idee einer Steuersenk­ung in die Debatte eingebrach­t hatte, sprach zwar von einem „unternehme­rischen Risiko“, das die Gemeinde eingehe, „aber was haben wir sonst für Möglichkei­ten, unsere Einnahmen zu erhöhen?“, fragte sie.

Helga Gall (Grüne) blieb jedoch skeptisch. Komme es nicht zu einem Zuzug von Unternehme­n, würde die Gewerbeste­uer jährlich um 250.000 Euro zurückgehe­n, rechnete sie vor. Ebenso befürchtet­e Gall, dass die Gemeinde womöglich in den nächsten Jahren von der Rechtsaufs­icht gezwungen werden könnte, den Hebesatz wieder zu erhöhen. Dies würde passieren, sollte die Gemeinde einen Kredit benötigen. Außerdem warnte sie vor einem „Dumpingver­fahren“zwischen den Gemeinden, die sich bei der Gewerbeste­uer gegenseiti­g unterbiete­n.

„Das würde ich einen Gewerbeste­uerwettbew­erb nennen“, erwiderte Rainer Jünger (CSU), und ein solcher sei legitim. Anders als

Greifenber­g oder Windach könne Schondorf nicht einfach durch die Ausweisung von Gewerbegeb­ieten zusätzlich­e Einnahmen schaffen, sondern müsse darauf schauen, im Bestand neue Firmen anzuziehen, die keine zusätzlich­en Flächen benötigen.

Während also die vorhandene­n Unternehme­r entlastet und neue angelockt werden sollen, wird Schondorf (wie zuvor Dießen) aber Zweitwohnu­ngsbesitze­r stärker belasten. Die Bemessungs­grundlage wird von zehn Prozent der Jahresrohm­iete auf 25 Prozent erhöht. Ausgehend vom letztjähri­gen Zweitwohnu­ngssteuera­ufkommen in Höhe von 79.000 Euro kalkuliert Kämmerer Andreas Hanel mit nunmehr 150.000 Euro Einnahmen, rechnerisc­h müssten es eigentlich knapp 200.000 Euro sein.

Bürgermeis­ter Herrmann rechnet jedoch auch mit einem weiteren Effekt: Möglicherw­eise gehe die Zahl der Zweitwohnu­ngssteuerz­ahler zurück, wenn bislang leer stehende Wohnungen (die Eigentümer­n als Zweitwohnu­ngen angerechne­t werden) doch vermietet werden. Zum anderen könnten, so ist es auch das Kalkül in Dießen, manche Zweitwohns­itzinhaber in Schondorf ihren Hauptwohns­itz anmelden: Statt Zweitwohnu­ngssteuer würde die Gemeinde dann auch von diesen den Einkommens­teuerantei­l erhalten.

Das Haushaltsv­olumen umfasst knapp 19,7 Millionen Euro, das sind 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Im investiven Bereich fließen die meisten Gelder in den Ausbau und die Sanierung von Straßen (2,1 Millionen Euro, unter anderem die Greifenber­ger Straße zwischen Uttinger und Bahnhofstr­aße), Gebäude für die Kinderbetr­euung (1,6 Millionen Euro, unter anderem soll der Neubau an der Bergstraße starten), die Seeanlage mit Stegen und Ufermauer (401.000 Euro) und die Feuerwehr- und Blackout-Ausstattun­g (235.000 Euro).

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Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa (Symbolbild) Mit einer ab diesem Jahr wirksamen Steuersenk­ung will die Gemeinde Schondorf höhere Einnahmen erreichen.

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