Schondorf senkt eine Steuer, um mehr Einnahmen zu erhalten
Auch in Schondorf ist der finanzielle Spielraum eng. Jetzt startet der Gemeinderat einen ungewöhnlichen Versuch, die Einnahmen zu erhöhen. Eine wichtige Steuer wird gesenkt.
Auf eine eher selten praktizierte Weise will die Gemeinde Schondorf ihre Steuereinnahmen erhöhen. Das hat der Gemeinderat bei der Verabschiedung des Haushalts mit 10:4 Stimmen beschlossen. Der Hebesatz für eine für Schondorf sehr wichtige Gemeindesteuer wird gesenkt. Zweitwohnungsbesitzer werden wiederum deutlich stärker zur Kasse gebeten.
Als der Haushalt verabschiedet wurde, drehte sich die Debatte vor allem um die Gewerbesteuer. Deren Aufkommen ist zwar gewissen Schwankungen unterworfen, 2023 flossen auf diese Weise jedoch (inklusive einer hohen Nachzahlung) 3,7 Millionen Euro in die Gemeindekasse. Das entsprach ziemlich genau auch der Summe des gemeindlichen Einkommensteueranteils. Der teilweise unerwartete Geldsegen rettete den Haushalt dahin gehend, dass bei den laufenden Einnahmen und Ausgaben nicht das befürchtete Defizit von 917.000 Euro entstand, sondern ein Überschuss von 960.000 Euro.
In diesem Jahr stellt sich die Ausgangssituation ähnlich dar. Erneut sieht der Haushaltsplan ein Defizit – dieses Mal 481.000 Euro – vor. Der Gemeinderat sah sich vor die Situation gestellt, entweder Ausgaben einzusparen oder Einnahmen zu erhöhen. Bei der Kürzung freiwilliger Aufgaben (wie Zuschüsse für Vereine und kulturelle Zwecke) sah das Gremium wenig Masse. Außerdem, so die Argumentation, würde überschaubaren Einspareffekten ein großer Verlust am sozialen und kulturellen Leben im Dorf gegenüberstehen.
Bleibt der Versuch, Einnahmen zu erhöhen. Viele Gemeinden erhöhen dafür die Gemeindesteuern (Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer). Bei der Grundsteuer ist der Effekt meistens ebenfalls kaum zu spüren, die Gewerbesteuer bietet da mehr Potenzial. Allerdings: In Schondorf wird nun mit Wirkung zum 1. Januar der Hebesatz (derzeit 300 Punkte) nicht erhöht, sondern auf 270 Punkte, also um zehn Prozent, gesenkt.
Die Mehrheit des Gemeinderats geht aber nicht davon aus, dass die Einnahmen im gleichen Umfang zurückgehen würden. Von der Reduzierung erhofft sich Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) einen Anreiz für Unternehmen, sich in Schondorf anzusiedeln. „Vielleicht können wir bei einer Senkung der Gewerbesteuer sogar ein erhöhtes Gewerbesteueraufkommen erwirtschaften.“Diese
Erwartung drückt sich auch darin aus, dass trotz der Senkung des Hebesatzes im Haushalt unverändert 2,5 Millionen Euro Gewerbesteuer angesetzt werden. Anna Wagenknecht (CSU), die die Idee einer Steuersenkung in die Debatte eingebracht hatte, sprach zwar von einem „unternehmerischen Risiko“, das die Gemeinde eingehe, „aber was haben wir sonst für Möglichkeiten, unsere Einnahmen zu erhöhen?“, fragte sie.
Helga Gall (Grüne) blieb jedoch skeptisch. Komme es nicht zu einem Zuzug von Unternehmen, würde die Gewerbesteuer jährlich um 250.000 Euro zurückgehen, rechnete sie vor. Ebenso befürchtete Gall, dass die Gemeinde womöglich in den nächsten Jahren von der Rechtsaufsicht gezwungen werden könnte, den Hebesatz wieder zu erhöhen. Dies würde passieren, sollte die Gemeinde einen Kredit benötigen. Außerdem warnte sie vor einem „Dumpingverfahren“zwischen den Gemeinden, die sich bei der Gewerbesteuer gegenseitig unterbieten.
„Das würde ich einen Gewerbesteuerwettbewerb nennen“, erwiderte Rainer Jünger (CSU), und ein solcher sei legitim. Anders als
Greifenberg oder Windach könne Schondorf nicht einfach durch die Ausweisung von Gewerbegebieten zusätzliche Einnahmen schaffen, sondern müsse darauf schauen, im Bestand neue Firmen anzuziehen, die keine zusätzlichen Flächen benötigen.
Während also die vorhandenen Unternehmer entlastet und neue angelockt werden sollen, wird Schondorf (wie zuvor Dießen) aber Zweitwohnungsbesitzer stärker belasten. Die Bemessungsgrundlage wird von zehn Prozent der Jahresrohmiete auf 25 Prozent erhöht. Ausgehend vom letztjährigen Zweitwohnungssteueraufkommen in Höhe von 79.000 Euro kalkuliert Kämmerer Andreas Hanel mit nunmehr 150.000 Euro Einnahmen, rechnerisch müssten es eigentlich knapp 200.000 Euro sein.
Bürgermeister Herrmann rechnet jedoch auch mit einem weiteren Effekt: Möglicherweise gehe die Zahl der Zweitwohnungssteuerzahler zurück, wenn bislang leer stehende Wohnungen (die Eigentümern als Zweitwohnungen angerechnet werden) doch vermietet werden. Zum anderen könnten, so ist es auch das Kalkül in Dießen, manche Zweitwohnsitzinhaber in Schondorf ihren Hauptwohnsitz anmelden: Statt Zweitwohnungssteuer würde die Gemeinde dann auch von diesen den Einkommensteueranteil erhalten.
Das Haushaltsvolumen umfasst knapp 19,7 Millionen Euro, das sind 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Im investiven Bereich fließen die meisten Gelder in den Ausbau und die Sanierung von Straßen (2,1 Millionen Euro, unter anderem die Greifenberger Straße zwischen Uttinger und Bahnhofstraße), Gebäude für die Kinderbetreuung (1,6 Millionen Euro, unter anderem soll der Neubau an der Bergstraße starten), die Seeanlage mit Stegen und Ufermauer (401.000 Euro) und die Feuerwehr- und Blackout-Ausstattung (235.000 Euro).