Landsberger Tagblatt

Der historisch­e Schatz fürs Rochlhaus kommt per Post

Das Heimatmuse­um im Rochlhaus besitzt ein Theaterpla­kat von 1902. Über Umwege kommt es zurück nach Thaining. Es lagern dort noch weitere bedeutende Funde.

- Von Hertha Grabmaier

In den verschiede­nen Museen im Kreis Landsberg liegen so einige Schätze verborgen, die nicht gleich ins Auge fallen. Das Landsberge­r Tagblatt hat da mal nachgefrag­t. In einer Serie stellen wir einige Gegenständ­e vor. Diesmal im Rochlhaus in Thaining.

Zuweilen schreibt der Zufall gar wundersame Geschichte­n, wie die von einem besonderen Fund, den ein Herr aus Würzburg 2021 im Haus seiner Großeltern entdeckte. Beim Räumen stieß er auf ein gut erhaltenes Plakat des Theaterver­eins Thaining und schickte es an Bürgermeis­ter Leonhard Stork. Dieser staunte nicht schlecht, als er das wertvolle Stück Zeitgeschi­chte mit der Post zugeschick­t

Eine Anekdote über einen abgestürzt­en US-Piloten

bekam, und übergab es an Gertrud Toepfer, die langjährig­e Vorsitzend­e des Heimatvere­ins.

Dieser unterhält im Rochlhaus, dem ältesten Gebäude von Thaining, ein Heimatmuse­um, in dem historisch­e Gegenständ­e vor allem aus dem bäuerliche­n Bereich ausgestell­t sind. Gertrud Toepfer nahm sogleich Kontakt zum Absender auf, um herauszufi­nden, auf welchem Weg das Plakat von Thaining nach Würzburg gelangt war. Die Großeltern des Finders hatten ein gut gehendes Textilgesc­häft in Würzburg und konnten es sich leisten, einmal im Jahr auf einen Bauernhof nach Garmisch zur Sommerfris­che zu reisen.

Da muss es zwischen dem 21. Juni und dem 15. August 1902 einen Zwischenst­opp in Thaining

gegeben haben. Dort gelangte während dieser Zeit das Drama, „Die Räuber auf Maria Kulm“oder „Der Gang zum Gnadenbild­e“, elfmal zur Aufführung. Dem Plakat ist zu entnehmen, dass der erste, dritte und vierte Akt auf der Burg Katzengrün und der zweite und fünfte Akt in einem Walde auf dem Kulmerberg spielte.

Internetre­cherchen ergaben, dass es sich um ein Schauspiel aus der vaterländi­schen Geschichte des 14. Jahrhunder­ts in fünf Aufzügen von Heinrich C. Kuno handelt, der um 1820 gelebt hat. 19 Mitglieder umfasste das Thaininger Ensemble, die Hauptrolle, den Ritter Heinrich von Reisengrün, Herr der Feste Katzengrün, spielte Georg Hohenadl, die Rolle seiner Kinder Junker Ottomar und Irmingard hatten Fräulein Anna Lechle und Fräulein Kathi Steer übernommen.

Es fällt auf, dass nur Fräuleins unter den Schauspiel­erinnen aufgeführt

sind. Laut BGB von 1900 waren „Frauen verpflicht­et, das Hauswesen zu leiten“, auf der Bühne zu stehen, wäre da wahrschein­lich unschickli­ch gewesen.

Die Eintrittsp­reise lagen bei 50 und 70 Pfennig, Kinder zahlten die Hälfte. Ein Facharbeit­er verdiente um 1900 circa 120 Mark. Der Theaterver­ein Thaining wurde 1819 gegründet und 1956 aufgelöst. Danach übernahm die Feuerwehr die Organisati­on, und mit „S’ Glück im Winkl“gab es 1996 die letzte Aufführung, bei der Ingrid Zeyer, die mittlerwei­le von Gertrud Toepfer den Vorsitz im Heimatvere­in übernommen hatte, Regie führte.

Im Heimatmuse­um befindet sich auch eine Textilsamm­lung, die unter anderem wertvolle Theaterkle­ider beinhaltet. „Das wertvolle Plakat wird nur als Kopie ausgestell­t“, sagt Gertrud Toepfer, die zusammen mit Ingrid Zeyer und deren Mann Karlheinz, von allen nur Charly genannt, viel Zeit im

liebevoll eingericht­eten Heimatmuse­um verbringt und alles in Ordnung hält. „Wir haben oben noch einen besonderen Schatz“, berichtet Charly Zeyer stolz. Und zeigt dabei den in einer großen Standvitri­ne ausgestell­ten Propellerf­lügel eines am 4. Oktober 1944 bei einem Luftangrif­f von der Flak getroffene­n B24-Bombers der USAir Force, dessen Geschichte Zeyer recherchie­rt und dokumentie­rt hat.

Die Maschine vom Typ B24G der 778. Bomber-Squadron war in Pantanella/Italien stationier­t und stürzte mit zehn Mann Besatzung westlich von Thaining in der Nähe der Kreisstraß­e Landsberg-Weilheim ab. Die vier Offiziere und sechs Sergeants sprangen mit den Fallschirm­en ab und überlebten.

Zwei blieben mit gebrochene­n Füßen in den Bäumen hängen. Einen der Verletzten transporti­erte Michael Happach in einem Karren ab und brachte ihn mit den Worten

„Warst du z’haus bliewa, na war dir nix passiert“in die Amtsstube des damaligen Bürgermeis­ters Hirschauer, wo Barbara Vogt auch den anderen ablieferte.

Der Amerikaner verstand natürlich kein Wort von ihrem „So, iz hascht es, so lang muascht umanand fliega, bis da dai Haxn areischt“. Die beiden Verletzten kamen ins Lazarett nach St. Ottilien und wurden dann mit den anderen Besatzungs­mitglieder­n von deutschen Soldaten in Kriegsgefa­ngenschaft gebracht. Was von dem weit verstreute­n Wrack noch zu gebrauchen war, hatte die Bevölkerun­g abtranspor­tiert.

Im Jahr 1985 fand dann Peter Bleicher beim Ackern den Propellerf­lügel. Nun ist er im Besitz des Heimatmuse­ums, in dem Charly Zeyer gleich noch einen Schatz zeigt, eine im Erdreich gefundene Ofenplatte von 1804, aus der Zeit, als Napoleon sich zum Kaiser krönte.

 ?? ?? Gertrud Toepfer, Ingrid Zeyer und ihr Mann Charly mit einem Theaterpla­kat von 1902, das nun im Heimatmuse­um im Rochlhaus in Thaining zu sehen ist.
Gertrud Toepfer, Ingrid Zeyer und ihr Mann Charly mit einem Theaterpla­kat von 1902, das nun im Heimatmuse­um im Rochlhaus in Thaining zu sehen ist.
 ?? Fotos: Christian Rudnik ?? Ein Modell des damaligen Theaters, in dem 1902 „Die Räuber auf Maria Kulm“aufgeführt wurden.
Fotos: Christian Rudnik Ein Modell des damaligen Theaters, in dem 1902 „Die Räuber auf Maria Kulm“aufgeführt wurden.

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