Landsberger Tagblatt

Veranstalt­er in der Krise

Im März 2020 muss Stefan Egger seine Diskothek PM in Untermeiti­ngen schließen und Bastian Georgi kann keine Events mehr organisier­en. Nach einem Jahr Corona-Pandemie könnte ihre Gefühlswel­t unterschie­dlicher nicht sein

- VON THOMAS WUNDER

Ein Jahr Corona: Zum Auftakt einer neuen LT-Serie widmen wir uns der Branche der Eventveran­stalter. Ihnen steht das Wasser bis zum Hals.

Vor einem Jahr, am 16. März, trat in Bayern wegen der Corona-Pandemie der Katastroph­enfall ein. Das öffentlich­e Leben wurde stark eingeschrä­nkt. Gut zwei Monate zuvor war in Kaufering der erste Corona-Infizierte in Deutschlan­d bekannt geworden. Seither hat das Coronaviru­s unser Leben verändert. In einer Serie erzählen uns jeden Monat Menschen aus dem Landkreis Landsberg, wie sie die CoronaKris­e erlebt haben. Den Anfang machen der Diskotheke­nbesitzer Stefan Egger aus Dießen und der Eventmanag­er Bastian Georgi aus Landsberg.

Landkreis Den 16. März 2020 werden Stefan Egger und Bastian Georgi wohl nie vergessen. An diesem Tag wurden in Bayern alle öffentlich­e Veranstalt­ungen und Versammlun­gen sowie der Betrieb von Schwimmbäd­ern, Kinos, Bars und Diskotheke­n, Theatern, Museen, Sport- und Spielplätz­en, aber auch Bordellen sowie gastronomi­schen Einrichtun­gen jeder Art untersagt. Stefan Eggers Diskothek PM in Untermeiti­ngen hat seither nie mehr Partygäste empfangen, Bastian Georgi konnte zumindest einige kleinere Events organisier­en. Und dennoch könnte die aktuelle Gefühlswel­t der beiden Männer aus dem Landkreis Landsberg unterschie­dlicher nicht sein. Während Egger eher positiv in die Zukunft blickt, klagt Georgi über eine fehlende Perspektiv­e, wirkt zermürbt und müde.

„Es wird von Monat zu Monat immer schlimmer“, sagt Bastian Georgi. Der 37-Jährige betreibt in Landsberg das Eventmanag­ement

Rebelz Sound. Eigentlich. Momentan überführt er Autos, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Was ihn und seine Kollegen aus der Eventbranc­he an der Situation am meisten stört, sei das Gefühl, von der Politik nicht beachtet zu werden. Zudem sei es kaum zu ertragen, dass die Politik offenbar keinen Plan hat. Dabei habe er die Hoffnung gehabt, dass Konzepte entworfen würden, wie Veranstalt­ungen auch in der Pandemie möglich sind.

Wie das gehen kann, hat Georgi Anfang Juli mit dem „Picnic Summer“auf dem Schlüssela­nger in Landsberg gezeigt. „Wir wollten ein Zeichen setzen, dass wir auch mit Sicherheit­skonzepten arbeiten können“, sagt der Eventmanag­er. Die mehrtägige Veranstalt­ung mit Musik, Essen und Getränken sei extrem gut für das Seelenwohl gewesen. Doch ab dem Herbst folgte eine nach der anderen. „Nach jeder Konferenz mit den Ministerpr­äsidenten sitze ich fassungslo­ser vor dem Fernseher“, sagt er. Der Gedanke, seine Firma zu schließen und alles hinzuwerfe­n, sei da. Als gelernter Informatik­er könnte er wohl in seinem früheren Job wieder arbeiten, doch eine Mischung aus blindem Idealismus und Romantik würden das noch verhindern. Doch wie geht es weiter?

Bastian Georgi hat wenig Hoffnung, dass es in der Branche vor dem Frühjahr 2022 wieder einigermaß­en läuft. Und selbst wenn Events und Veranstalt­ungen wieder möglich sein sollten, werde es mindestens fünf Jahre dauern, bis er die bislang angehäufte­n Verluste ausEnttäus­chung gleichen könne. Im vergangene­n Jahr habe er 92 Prozent seines Umsatzes verloren. Die finanziell­e staatliche Unterstütz­ung sei da nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. „Ich habe meine Altersvors­orge fast aufgebrauc­ht. Und das mit 37 Jahren.“

Stefan Egger gestaltet derzeit den Außenberei­ch seiner Diskothek um. Er hofft, seinen Biergarten mit Tischen, Sitzgelege­nheiten und Sandfläche­n am 27. März öffnen zu können. Von 17 bis 22 Uhr will er im Außenberei­ch bewirten und so das PM in Untermeiti­ngen bei seinen Gästen wieder in Erinnerung rufen.

Seine Altersvors­orge hat er fast aufgebrauc­ht

Die Disco ist jetzt eine große Corona‰Teststatio­n

Denn wer in diesen Tagen in die Diskothek kommt, der lässt dort einen Corona-Schnelltes­t machen. Egger hat Mitte Dezember dort ein privates Testzentru­m aufgebaut. Jeder, der möchte, kann sich dort an drei Tagen die Woche auf das Coronaviru­s testen lassen und hat etwa 15 Minuten später das Ergebnis. Wer von Eggers rund 60 Mitarbeite­rn Lust hatte, konnte sich umschulen lassen und arbeitet nun im Testzentru­m mit. „Es läuft super. Im Dezember hatten wir an Spitzentag­en bis zu 400 Leute da. Darunter auch einige aus dem Landkreis Landsberg“, sagt der 55-Jährige, der in Dießen lebt.

Stefan Egger ist keiner, der den Kopf in den Sand steckt. Er sei Unternehme­r, und diese Tätigkeit berge immer auch ein gewisses Risiko. Den Gedanken, die Diskothek aufzugeben, habe er nie gehabt. „Das PM ist mir ans Herz gewachsen.“Zudem habe er eine Verantwort­ung seinen Mitarbeite­rn gegenüber.

Auch Egger hat staatliche Hilfen erhalten. „Spät und wenig“seien sie geflossen. Also senkte der 55-Jährige seine Kosten, als er merkte, dass eine Öffnung der Diskothek in weite Ferne rückt. Doch der gebürtige Österreich­er ist eh keiner, der auf Unterstütz­ung vom Staat angewiesen sein möchte. „Ich will unabhängig sein“, sagt Stefan Egger. Deshalb habe er auch das Testzentru­m ins Leben gerufen und setze jetzt auf die Außengastr­onomie. Auf den Restart vor dem PM freut er sich schon jetzt.

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Fotos: Thorsten Jordan/Marcus Merk/Piet Bosse Bastian Georgi alias DJ MrOggman im Juli beim „Picnic Summer“auf dem Schlüssela­nger in Landsberg (oben). Stefan Egger (un‰ ten links) hat in seiner Diskothek PM in Untermeiti­ngen ein Testzentru­m eingericht­et.
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