Das Radom ist seit einem Jahr ohne Hülle
Am 27. Februar 2020 zerstörte der Sturm Bianca das Radom in Raisting. Noch in diesem Jahr soll eine neue Traglufthülle montiert werden, um das Technikdenkmal zu retten. Wie es danach weitergeht
Raisting Das Radom in Raisting ist eines der bedeutendsten Technikdenkmäler in der Region. Was den Bereich der Kommunikation über Satelliten angeht, hat es sogar Weltgeltung, weil über die „Antenne 1“, die durch die Tragluftkuppel geschützt wurde, die erste Datenübertragung dieser Art über den Atlantik erfolgte. Jetzt, zum ersten Jahrtag der Zerstörung der Radomkuppel durch Sturm Bianca, gibt der Geschäftsführer der Radom Raisting GmbH, René Jakob, den „Startschuss für die Zukunft“. Die Planungen seien inzwischen fast abgeschlossen, so Jakob, demnächst könnte der Auftrag für den Wiederaufbau des Industriedenkmals gegeben werden.
Im Laufe des vergangenen Jahres wurden laut Jakob die Gründe für das Zerreißen der Hülle im Sturm ermittelt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass das Material nicht in alle Richtungen gleich belastbar war. Bei der neuen Traglufthülle müssten also konstruktive Änderungen gegenüber dem Vorgängermodell vorgenommen werden. Die Nähte müssten nicht nur vertikal, sondern auch diagonal wirkenden Kräften standhalten können. Das Aussehen des Denkmals werde dadurch aber nicht verändert. Die neue Hülle werde auch wieder nahezu lichtundurchlässig sein. Laut Jakob sind zur Rettung des Radoms Aufträge in Höhe von rund 800000 Euro vergeben worden, wobei die Hülle in diesem Betrag noch nicht enthalten sei. Insgesamt rechne er mit Kosten von 2,4 Millionen Euro, die von der Versicherung übernommen werden. Der Auftrag zur Fertigung der neuen Hülle soll laut Jakob demnächst erfolgen. Vorher möchte er keine Informationen darüber veröffentlichen.
Das zweite große Projekt der Radom-Gesellschaft ist laut Jakob die Erstellung einer Machbarkeitsstudie, mit der ermittelt wurde, wie das Denkmal für Touristen attraktiver gemacht werden kann. Jakob sieht unter anderem die Möglichkeit, die Kuppel für multimediale Großprojektionen zu verwenden. Mit diesen solle nicht nur über die Geschichte und Funktion der Anlage informiert werden, sondern auch über andere Bereiche wie Natur und Kultur in der Region.
Jakob will jetzt noch keine Details zum Inhalt der Machbarkeitsstudie herausgeben. Er möchte das Werk erst in der zuständigen Projektgruppe beraten und anschließend den Entscheidungsträgern und Förderstellen vorstellen. Für den Erhalt des Denkmals engagiert sich auch der Förderverein Industriedenkmal Radom Raisting. Er möchte vor allem, dass die Funktion der Technik interessierten Besuchern von Fachleuten vermittelt wird. Laut der Vorsitzenden, Dr. Sabine Vetter, wurde bereits vor mehr als zehn Jahren von einer Technikhistorikerin
unter Mithilfe des Vereins ein Konzept ausgearbeitet, das 20000 Euro gekostet hat. Außerdem habe der Verein zwischen 2005 und 2010 selbst Besucher- und Nutzungskonzepte entwickelt, die noch „in den Schubladen des Landratsamts“liegen müssten, aber nicht umgesetzt wurden. So möchte der Verein unter anderem auch Originalgeräte ausstellen, Experimentierecken für Kinder einrichten und praktische Versuche für Schulen ermöglichen. Vetter befürchtet: „Das ist jetzt alles passé.“
Die Gemeinde Raisting hat laut Bürgermeister Martin Höck nur „relativ wenig damit zu tun“. Zwar seien nach dem Sturmschaden Feuerwehr und Bauhof zur Sicherung im Einsatz gewesen, für das Radom sei aber der Landkreis zuständig. Höck sieht im Radom dennoch eine bedeutende Einrichtung für die Gemeinde Raisting, auf deren Flur es steht, da es den Tourismus und damit die Wirtschaft fördere. Er rechnet damit, dass viele Radom-Besucher auch „zu einem Mittagessen oder einer Brotzeit“in einem Gasthaus oder Biergarten einkehren werden.
Auch die Vermittlung von Technikgeschichte hält der Bürgermeister für wichtig. „Wenn wir das Denkmal schon haben“, so Höck, „dann sollten wir es auch der Nachwelt erhalten.“In diesem Sinn hoffe er, dass die neue Hülle zur Vermeidung weiterer Schäden noch heuer montiert werden kann.
Das Radom wurde Anfang der 1960er-Jahre gebaut, und seine Antenne nahm 1965 den Betrieb auf. Einem breiten Publikum bekannt wurde die Anlage 1969, als über die Antenne Fernsehbilder aus Amerika übertragen wurden, die die erste Mondlandung zeigten. Als der Betrieb 1985 eingestellt wurde, blieb die Anlage stehen. 1999 rückte das Radom wieder ins Interesse der Öffentlichkeit. Grund dafür war seine Aufnahme in der Liste der technischen Denkmäler Bayerns. Seit 2007 ist das Radom im Eigentum der Radom Raisting GmbH, die dem Landkreis Weilheim-Schongau gehört. 2009 wurde die Anlage zum „Denkmal von nationaler Bedeutung“hochgestuft.
Nach 48 Jahren war die erste Hülle, die mit ihren 49 Metern Durchmesser das weltweit größte von Druckluft gestützte Radom war, gegen eine neue, dünnere Hülle ausgetauscht. Diese wurde am 27. Februar 2020 durch den Sturm Bianca zerstört. Der Sturm drehte auch die Antenne, konnte sie aber nicht umwerfen, da die Sturmhaken der Belastung standhielten. Seither steht die Antenne im Freien. Um das Technikdenkmal vor Witterungseinflüssen zu schützen, wurden die Betriebsanlagen auf der Antenne abgedeckt. Die Ermittlung der Ursache für das Zerreißen der Hülle nahm so viel Zeit in Anspruch, dass Produktion und Montage einer neuen Hülle vor dem Winter nicht mehr möglich waren. Zum Schutz vor Schäden durch die Witterung wurde ein Schutzgerüst um das ringförmige Gebäude gebaut, die Antenne selbst wurde durch Gurte gesichert.
Künftig soll das Radom Touristen anziehen
Die Gemeinde hofft auf einen wirtschaftlichen Nutzen