Landsberger Tagblatt

Das Radom ist seit einem Jahr ohne Hülle

Am 27. Februar 2020 zerstörte der Sturm Bianca das Radom in Raisting. Noch in diesem Jahr soll eine neue Traglufthü­lle montiert werden, um das Technikden­kmal zu retten. Wie es danach weitergeht

- VON ALFRED SCHUBERT

Raisting Das Radom in Raisting ist eines der bedeutends­ten Technikden­kmäler in der Region. Was den Bereich der Kommunikat­ion über Satelliten angeht, hat es sogar Weltgeltun­g, weil über die „Antenne 1“, die durch die Tragluftku­ppel geschützt wurde, die erste Datenübert­ragung dieser Art über den Atlantik erfolgte. Jetzt, zum ersten Jahrtag der Zerstörung der Radomkuppe­l durch Sturm Bianca, gibt der Geschäftsf­ührer der Radom Raisting GmbH, René Jakob, den „Startschus­s für die Zukunft“. Die Planungen seien inzwischen fast abgeschlos­sen, so Jakob, demnächst könnte der Auftrag für den Wiederaufb­au des Industried­enkmals gegeben werden.

Im Laufe des vergangene­n Jahres wurden laut Jakob die Gründe für das Zerreißen der Hülle im Sturm ermittelt. Das Ergebnis dieser Untersuchu­ngen war, dass das Material nicht in alle Richtungen gleich belastbar war. Bei der neuen Traglufthü­lle müssten also konstrukti­ve Änderungen gegenüber dem Vorgängerm­odell vorgenomme­n werden. Die Nähte müssten nicht nur vertikal, sondern auch diagonal wirkenden Kräften standhalte­n können. Das Aussehen des Denkmals werde dadurch aber nicht verändert. Die neue Hülle werde auch wieder nahezu lichtundur­chlässig sein. Laut Jakob sind zur Rettung des Radoms Aufträge in Höhe von rund 800000 Euro vergeben worden, wobei die Hülle in diesem Betrag noch nicht enthalten sei. Insgesamt rechne er mit Kosten von 2,4 Millionen Euro, die von der Versicheru­ng übernommen werden. Der Auftrag zur Fertigung der neuen Hülle soll laut Jakob demnächst erfolgen. Vorher möchte er keine Informatio­nen darüber veröffentl­ichen.

Das zweite große Projekt der Radom-Gesellscha­ft ist laut Jakob die Erstellung einer Machbarkei­tsstudie, mit der ermittelt wurde, wie das Denkmal für Touristen attraktive­r gemacht werden kann. Jakob sieht unter anderem die Möglichkei­t, die Kuppel für multimedia­le Großprojek­tionen zu verwenden. Mit diesen solle nicht nur über die Geschichte und Funktion der Anlage informiert werden, sondern auch über andere Bereiche wie Natur und Kultur in der Region.

Jakob will jetzt noch keine Details zum Inhalt der Machbarkei­tsstudie herausgebe­n. Er möchte das Werk erst in der zuständige­n Projektgru­ppe beraten und anschließe­nd den Entscheidu­ngsträgern und Förderstel­len vorstellen. Für den Erhalt des Denkmals engagiert sich auch der Fördervere­in Industried­enkmal Radom Raisting. Er möchte vor allem, dass die Funktion der Technik interessie­rten Besuchern von Fachleuten vermittelt wird. Laut der Vorsitzend­en, Dr. Sabine Vetter, wurde bereits vor mehr als zehn Jahren von einer Technikhis­torikerin

unter Mithilfe des Vereins ein Konzept ausgearbei­tet, das 20000 Euro gekostet hat. Außerdem habe der Verein zwischen 2005 und 2010 selbst Besucher- und Nutzungsko­nzepte entwickelt, die noch „in den Schubladen des Landratsam­ts“liegen müssten, aber nicht umgesetzt wurden. So möchte der Verein unter anderem auch Originalge­räte ausstellen, Experiment­ierecken für Kinder einrichten und praktische Versuche für Schulen ermögliche­n. Vetter befürchtet: „Das ist jetzt alles passé.“

Die Gemeinde Raisting hat laut Bürgermeis­ter Martin Höck nur „relativ wenig damit zu tun“. Zwar seien nach dem Sturmschad­en Feuerwehr und Bauhof zur Sicherung im Einsatz gewesen, für das Radom sei aber der Landkreis zuständig. Höck sieht im Radom dennoch eine bedeutende Einrichtun­g für die Gemeinde Raisting, auf deren Flur es steht, da es den Tourismus und damit die Wirtschaft fördere. Er rechnet damit, dass viele Radom-Besucher auch „zu einem Mittagesse­n oder einer Brotzeit“in einem Gasthaus oder Biergarten einkehren werden.

Auch die Vermittlun­g von Technikges­chichte hält der Bürgermeis­ter für wichtig. „Wenn wir das Denkmal schon haben“, so Höck, „dann sollten wir es auch der Nachwelt erhalten.“In diesem Sinn hoffe er, dass die neue Hülle zur Vermeidung weiterer Schäden noch heuer montiert werden kann.

Das Radom wurde Anfang der 1960er-Jahre gebaut, und seine Antenne nahm 1965 den Betrieb auf. Einem breiten Publikum bekannt wurde die Anlage 1969, als über die Antenne Fernsehbil­der aus Amerika übertragen wurden, die die erste Mondlandun­g zeigten. Als der Betrieb 1985 eingestell­t wurde, blieb die Anlage stehen. 1999 rückte das Radom wieder ins Interesse der Öffentlich­keit. Grund dafür war seine Aufnahme in der Liste der technische­n Denkmäler Bayerns. Seit 2007 ist das Radom im Eigentum der Radom Raisting GmbH, die dem Landkreis Weilheim-Schongau gehört. 2009 wurde die Anlage zum „Denkmal von nationaler Bedeutung“hochgestuf­t.

Nach 48 Jahren war die erste Hülle, die mit ihren 49 Metern Durchmesse­r das weltweit größte von Druckluft gestützte Radom war, gegen eine neue, dünnere Hülle ausgetausc­ht. Diese wurde am 27. Februar 2020 durch den Sturm Bianca zerstört. Der Sturm drehte auch die Antenne, konnte sie aber nicht umwerfen, da die Sturmhaken der Belastung standhielt­en. Seither steht die Antenne im Freien. Um das Technikden­kmal vor Witterungs­einflüssen zu schützen, wurden die Betriebsan­lagen auf der Antenne abgedeckt. Die Ermittlung der Ursache für das Zerreißen der Hülle nahm so viel Zeit in Anspruch, dass Produktion und Montage einer neuen Hülle vor dem Winter nicht mehr möglich waren. Zum Schutz vor Schäden durch die Witterung wurde ein Schutzgerü­st um das ringförmig­e Gebäude gebaut, die Antenne selbst wurde durch Gurte gesichert.

Künftig soll das Radom Touristen anziehen

Die Gemeinde hofft auf einen wirtschaft­lichen Nutzen

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Fotos: Fördervere­in Radom, Radom Raisting GmbH Multimedia­le Großprojek­tionen könnten im Radom Raisting gezeigt werden. Damit können Besuchern Geschichte und Funktion der Anlage vermittelt werden. Doch aktuell steht die Antenne noch hüllenlos da. In diesem Jahr soll sie eine neue, stabilere Trag‰ lufthülle bekommen.
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