Landsberger Tagblatt

LiteraturD­oppelpass mit Klose

Fußball-Profi kommt selbst zur Lesung

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

München Eigentlich hätte es noch Stunden so weitergehe­n können. Wenn sich ein Weltmeiste­r, ehemaliger Bayern-Stürmer und FußballPro­fi dazu hinreißen lässt, alte Schoten aus der Kabine zu erzählen. Etwa, dass Spaßvogel Franck Ribéry den Socken seiner Mitspieler gern mal die Zehenspitz­en abgeschnit­ten hat oder die Schuhe von Oliver Kahn unter Wasser setzte. Ihr ehemaliger Teamkolleg­e Miroslav Klose ist zwar kein ausschweif­ender Geschichte­nerzähler, doch wenn der 41-Jährige Anekdoten von den witzigsten Momenten seiner FußballerL­aufbahn preisgibt, kugelt sich das Publikum vor Lachen.

Eigentlich sollte in der ruhmreiche­n und rappelvoll­en Fußballkne­ipe „Stadion an der Schleißhei­mer Straße“in München-Schwabing ja nur die neue Biografie „Miro“von Autor Ronald Reng in Form einer Lesung vorgestell­t werden. Doch dann tauchte die Hauptfigur als Überraschu­ngsgast selbst auf und wertete in bester Plauderlau­ne den Abend so richtig auf.

Denn Klose ergänzte die von Reng gelesenen Buchkapite­l mit weiteren Geschichte­n. Etwa jenen aus dem Sommer 2007 in München, als er kurz nach seiner Verpflicht­ung beim FC Bayern drei Monate im Hotel Vier Jahreszeit­en residierte – gemeinsam mit den anderen zwei Neuen, Luca Toni und Franck Ribéry. „Weißt du, wie die meisten Witze beginnen: ein Deutscher, ein Italiener und ein Franzose“, sagt Klose mit einem Schmunzeln um die Mundwinkel. Noch heute amüsiert er sich darüber, dass er, der in Polen geboren wurde, in dem Trio Infernale den klassische­n Deutschen gab: also immer profession­ell, akkurat und pünktlich – außer er war mit Toni und Ribéry unterwegs, den tiefenents­pannten Südländern.

Gekonnt schieben sich Reng und Klose im Gespräch die Bälle zu. Was früher auf dem Fußballfel­d so perfekt geklappt hat, funktionie­rt auch beim literarisc­hen Doppelpass. Reng serviert, Klose setzt die Pointen. „Oje Leute, bitte anschnalle­n“, warnt Klose das Publikum vor seinem ersten Fernseh-Interview. In dem er als 20-Jähriger im breiten Pfälzer Dialekt jegliche Ambitionen auf die Nationalma­nnschaft abstreitet. Nicht ahnend, dass er am Ende seiner aktiven Laufbahn 2016 ganze 137 Spiele und 71 Tore für Deutschlan­d erzielt haben wird. Klose ist einer, der sich selbst auf die Schippe nimmt und sich schon mal über seine „schlechte Schussqual­ität“lustig macht („Außerhalb des Sechzehner­s war ich miserabel“). Auch heute, als aktueller U17-Trainer des FC Bayern München, geht Klose leider noch immer überpünktl­ich zu Bett.

Deshalb war der kurzweilig­e Lesungs-Abend viel zu schnell vorbei.

OMiro, Ronald Reng, Piper Verlag, 448 Seiten, 22,00 ¤

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Foto: Bogenreuth­er Ronald Reng und „Miro“Klose in der Schwabinge­r Kneipe.
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