Das Erfolgsrezept der Ditschs
Inzwischen gibt es Filialen des Mainzer Unternehmens fast in jeder deutschen Stadt. Angefangen hat alles mit dem Verkauf von Brezen auf Volksfesten. Bis heute läuft das Geschäft so gut, dass der Bäcker sich nun vergrößert
Oranienbaum-Wörlitz Sie liegt inzwischen fast überall: Pur am Kinotresen, beim Bäcker oder im Supermarkt; mit Butter am Bahnhofsimbiss oder mit Käse überbacken an der Tankstelle: Brezen. Die Breze hat Hochkonjunktur, sagt zumindest einer, der davon Millionen im Jahr herstellt – Tendenz steigend. Dieser Jemand ist der Branchenriese Ditsch, der die Breze auch im Logo führt. Der Traditionsbäcker mit Sitz in Mainz feiert dieses Jahr nicht nur 100. Firmenjubiläum, sondern freut sich auch über volle Auftragsbücher. Vergangenes Jahr produzierte er 635 Millionen Stück Backwaren, das waren 65 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Mit 44 Prozent entfällt fast die Hälfte der Produktion auf Brezen.
Passend zum Jubiläum sind die Auftragsbücher so gefüllt, dass der Mainzer Bäcker am größten Standort im sachsen-anhaltischen Oranienbaum-Wörlitz eine neue Werkshalle baute. An diesem Montag ging eine Linie im neuen Werk regulär in Betrieb. Sie soll pro Stunde 20000 Brezen liefern. Eine weitere Linie soll nächstes Jahr folgen.
Ditsch ist vielen durch Verkaufsfilialen in Innenstädten und an Bahnhöfen bekannt. Das Unternehmen liefert aber auch im großen Stil Backwaren an Großkunden, inklusive Einzelhandel. „Unser Ziel ist es, die Laugen-Champions in Deutschland zu bleiben; in Europa und den USA weiter zu wachsen“, sagt Geschäftsführer Sebastian Gooding.
Veränderte Ernährungsgewohnheiten spielen Ditsch in die Karten, sowohl im Großkunden-Geschäft als auch für Imbiss-Filialen. Viele Deutsche essen gern etwas Schnelles „auf die Hand“. Das Geschäft mit Tiefkühlbackwaren, die in BackShops, Supermärkten oder Imbissen frisch aufgebacken werden, ist seit Jahren der Wachstumstreiber der gesamten Tiefkühlindustrie. Das geht aus Zahlen des Branchenverbands hervor, der sich Deutsches Tiefkühlinstitut nennt. Zwischen 2007 und 2018 stieg der Absatz für Backwaren um 57 Prozent. Bei Snacks lag das Plus bei 41 Prozent.
Pro Kopf isst jeder Deutsche rechnerisch 11 Kilo Tiefkühl-Backwaren im Jahr und damit 3,6 Kilo mehr als vor zehn Jahren und das Neunfache des Pro-Kopf-Verbrauchs von 1990. Welchen Anteil daran Laugengebäck und AufbackBrezen haben, lässt sich nicht ermitteln.
Die Familie Ditsch und ihr gleichnamiges Unternehmen setzten früh auf den Trend zum UnterwegsEssen. In der Jubiläumschronik ist zu lesen, dass die Familie ihre klassische Bäckerei in den 1960er Jahren spezialisierte. Damals verkauften sie Laugenbrezen und Salzsticks nicht nur an die Gastronomie, sondern auch auf Volksfesten. Auch der Preis ist überliefert: Zehn Pfennig kostete eine Breze. In den 1980ern kam dann quasi das klassiche Ditsch-Konzept auf. Die Familie sicherte sich auf einer Fachmesse einen kleinen Backautomaten. Von da an konnten die Brezen auf den Volksfesten frisch aufgebacken und warm verkauft werden. „Der Erfolg war grandios“, erinnert sich Peter Ditsch, der das Geschäft in den 1970ern von seinem Vater übernahm und 2012 als weiterhin eigenständigen Betrieb an den Schweizer Konzern Valora verkaufte. Auch heute noch setzt der Bäcker auf warme Brezen. Den Reiz der warmen Brezen nennt Ditsch „Marketing by Duft“. Er erinnert sich, dass der Betrieb mit den vor Ort frisch aufgebackenen Brezeln schnell über die Mainzer Stadtgrenzen expandierte.
Franziska Höhnl, dpa