Auch Steinmeier als Özils Trauzeuge?
Heirat Ein türkischer Politiker schlägt vor, dass der Bundespräsident zusammen mit Staatschef Erdogan zur Hochzeit des Fußballers kommt. Was das Bundespräsidialamt dazu sagt
Istanbul Die Einladung des türkischstämmigen deutschen FußballWeltmeisters Mesut Özil an den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan, als Trauzeuge bei seiner Hochzeit mit seiner Verlobten Amine Gülse zu fungieren, könnte sich zu einem Politikum auswachsen. Denn der türkische AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu, der in Köln aufgewachsen ist, hat nun vorgeschlagen, dass neben Erdogan auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Trauzeuge zu Gast sein könne. Sozusagen als Zeichen deutsch-türkischer Verbundenheit. Eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes sagte am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion dazu lediglich, dass man dieses Thema „nicht kommentieren“wolle.
Im vergangenen Jahr erst war Özil wegen eines Treffens mit Erdogan vor der Weltmeisterschaft in Russland kritisiert worden. Der Fototermin mit dem türkischen Staats- chef wurde Özil als Zeichen einer angeblich mangelnden Loyalität zu Deutschland ausgelegt. Nach der missglückten WM erklärte Özil seinen Rücktritt aus dem deutschen Team. Damals stellte sich Erdogan hinter den Spieler und würdigte Özils Rücktritt aus dem deutschen Team als „patriotisch“. Den Deutschen warf der türkische Staatschef damals eine „rassistische Haltung“vor.
Vergangene Woche hatten sich Özil und Gülse mit Erdogan am Istanbuler Flughafen getroffen. Der Staatspräsident habe mit dem Paar über das Leben in Großbritannien geplaudert, meldeten türkische Medien. Bei der Begegnung lud Özil dann den Präsidenten ein, als Trauzeuge bei seiner Hochzeit mit Gülse dabei zu sein. In Deutschland löste die Einladung neue Empörung aus. „Özil hat nichts verstanden“, kom- mentierte die Bild- Zeitung. „Das macht einen natürlich schon traurig, ... dass das jetzt so weitergeht“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bei einem Bild- Talk in Berlin. Die Retourkutsche folgte stehenden Fußes. Am Montag schrieb der türkische Botschafter Refik Sogukoglu einen energischen Brief an die Bild, den diese auch veröffentlichte. Darin wird dagegen protestiert, dass Erdogan von der Zeitung als „Diktator“tituliert wurd. Auch spreche sie Özil das Recht ab, „anders zu denken und anders zu sein“.
Der Vorschlag Mustafa Yeneroglus, der als AKP-Mitglied Parteigänger von Präsident Erdogan ist, zielt hingegen eher in die Richtung, die Wogen zu glätten: „Ich fände es schön, wenn sowohl der türkische als auch der deutsche Präsident Seite an Seite als Trauzeugen die deutsch- türkische Verbundenheit mitbezeugen würden“, sagte Yeneroglu unserer Redaktion.
Yeneroglu befasst sich besonders intensiv mit den deutsch-türkischen Beziehungen. „Die weitverbreitete Annahme, Deutschtürken seien hinund hergerissen zwischen dem Herkunftsland der Eltern einerseits und dem Land, in dem sie aufgewachsen sind, halte ich für sehr verkürzt und daher verzerrend“, sagte er. „Pluralistische Identitäten“wie die von Özil würden von vielen Politikern als Gefahr aufgefasst, doch er halte diese Sichtweise für überholt. „Die Gesellschaft ist heterogen und weiter als der Blick vieler Politiker, ob in Deutschland oder in der Türkei.“
Während sich die Deutschen jetzt erneut über Mesut Özil aufregen, ist er am Bosporus für manche ein Held. Die regierungsnahe Zeitung Sabah verlieh Özil den Titel „Cesur Yürek“– so hieß in der Türkei der Mel-Gibson-Reißer „Braveheart“über den tapferen Widerstand der Schotten gegen die Engländer.