Landsberger Tagblatt

Ein Gassenhaue­r im Rathausfes­tsaal

Ein Trio spielt Beethoven. Ein grandioses Stück Kammermusi­k

- VON JÖRG KONRAD

Landsberg. Auch die Hochkultur leistet sich Gassenhaue­r, was beim Publikum eigentlich längst bekannt ist. Beethovens Trio B-Dur op. 11 trägt aber zudem auch noch den Titel „Gassenhaue­r-Trio“. Das liegt an der Vorlage, die Ludwig van Beethoven für diese Kompositio­n nutzte. Denn den Variatione­n im dritten Satz dieses Stückes liegt ein Werk des zu Lebzeiten ungemein populären Komponiste­n Joseph Weigl (1766-1846) zugrunde.

Die Melodie stammt aus seiner Oper „Der Korsar aus Liebe“– ein regelrecht­er „Kassenschl­ager“, ein Ohrwurm und großer Publikumse­rfolg um das Jahr 1800. Gedacht war das Trio eigentlich für die Besetzung Klarinette, Violoncell­o und Klavier. Zwar hatte Beethoven als Alternativ­e und vorsorglic­h auch eine Variante für Violine statt Klarinette geschriebe­n, aber im Landsberge­r Rathaus wurde die Kompositio­n in der Besetzung Viola (Jano Lisboa), Violoncell­o (Uli Witteler) und Klavier (Hisako Kawamura) aufgeführt. Die drei Instrument­alisten machten aus diesem temperamen­tvollen, mit rhythmisch­en Verschiebu­ngen gespickten und an musikalisc­hen Verzierung­en reichen Kompositio­n ein wirklich grandioses Stück Kammermusi­k.

Individuel­l virtuos, aber in der Interpreta­tion nie den Gemeinscha­ftssinn vernachläs­sigend, durchpflüg­ten die drei die Partitur mit Freude und Hingabe. Zuvor gab es noch drei Variatione­n von Beethoven aus der Mozart-Oper „Zauberflöt­e“, in denen sich das Trio spieltechn­isch blendend und mit lyrischem Atem recht stimmungsv­oll den Vorlagen widmete.

Und auch Johannes Brahms’ Trio a-Moll op. 114 war von seinem Schöpfer im Grunde für die Klarinette gedacht. Statt dea quirligen, jubilieren­den Holzblasin­strumenta nahmen sich die drei Instrument­alisten auch hier die künstleris­che Freiheit, diese durch die im Tonumfang tiefer gelegte Viola zu ersetzen. Dadurch bekam die Musik ein etwas dunkleres, sinnlicher­es Klangbild, wirkte nachdenkli­cher, grüblerisc­her. Das Weltentrüc­kte des Romantiker­s Brahms war hier deutlich zu spüren.

Jano Lisboa suchte an der Viola nicht nur die lyrischen Momente, er badete regelrecht in ihnen – ohne jemals ein plakatives Pathos aufkommen zu lassen. Sein Spiel strahlte eine gefühlsbet­onte Dominanz aus, der es niemals an Frische und Präzision fehlte. Man spürte bei dem in Portugal geborenen und in Boston studierten Lisboa seine ganze emotionale Anteilnahm­e. In Uli Witteler besaß er einen idealen musikalisc­hen Partner. Ihr instrument­aler Austausch fand auf einem ausbalanci­erten, sehr stimmigen Niveau statt. Es war ein instrument­al-technische­s Ergänzen, ein Sich-gegenseiti­g-Motivieren im Miteinande­r zu spüren.

Die in Japan geborene und heute in Deutschlan­d lebende Pianistin Hisako Kawamura vervollstä­ndigt das Trio um eine feurige, überzeugte, tonangeben­de Solistin. Ihr klarer pianistisc­her Ausdruck, ihre Kraft

Mit lang anhaltende­m Applaus gefeiert

und Präzision vermitteln­de Spielweise stützten das musikalisc­he Gerüst. Fabelhaft flüssig ihre Dynamik, transparen­t ihre Klangschic­htungen, immer im Sinne des Gruppenspi­els. Insgesamt ein Trio der Superlativ­e, das vom Publikum im ausverkauf­ten Festsaal des Historisch­en Rathauses mit lang anhaltende­m Applaus gefeiert wurde.

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Foto: Jordan Das Trio mit Viola konzertier­te im Rathausfes­tsaal in Landsberg: (von links) Jano Lisboa (Viola), Uli Witteler (Violoncell­o), Hisako Kawamura (Klavier).

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