Das sind die fünf größten Baustellen der Bahn
80 Prozent aller ICE-ZÜGE gelten als fehlerhaft. Doch das ist längst nicht das einzige Problem des Konzerns
Mängel, wohin man schaut Wer
auf Fernstrecken unterwegs ist, kennt das: Mal zickt die Klimaanlage, mal die Kaffeemaschine. Im nächsten Zug sind zwei Bordtoiletten gesperrt, die Reservierungsanzeigen funktionieren nicht. Das „Kontraste“hat jetzt Einblick in interne Unterlagen der Bahn bekommen. Demnach seien nur 20 Prozent der ICE-ZÜGE „voll funktionsfähig“, alle anderen weisen kleinere oder größere Mängel auf. Gründe dafür sind den Reportern zufolge Personalmangel und die „hohe Eingangsverspätung“: Die Züge kommen demnach zu spät im Instandhaltungswerk an. Dadurch wird die Reparatur-zeit immer knapper – deshalb würden auch nur die Mängel abgearbeitet, die wirklich entscheidend für die Sicherheit sind. Die Bahn kündigte an, man wolle „kurzfristig zusätzliche Ressourcen für die Wartung und Instandhaltung der Züge aufbauen“.
Ard-magazin
Die Sache mit der Pünktlichkeit
die Verspätungen der Bahn werden gerne und oft Witze gemacht. Für den Konzern sind die regelmäßig verpassten Pünktlichkeits-ziele allerdings ein ernsthaftes Problem. Aktuell ist das Unternehmen von seinen eigenen Vorgaben besonders weit entfernt: Zuletzt waren nur 72,7 Prozent aller Fernzüge pünktlich. Um das zu ändern, soll das Schienennetz in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verbessert und die Fahrpläne vereinfacht werden – unter anderem durch den „Deutschlandtakt“, ein neues Fahrplanmodell, bei dem Züge an Knotenbahnhöfen zu ähnlichen Zeiten eintreffen und wieder abfahren. Das soll helfen, Wartezeiten und Verspätungen zu vermeiden. Dafür werden in den kommenden Jahren Milliarden in den Strecken-ausbau gesteckt. Ein Nebeneffekt: Viele Baustellen – und neue Verspätungen. Die Bahn bremst sich selbst Der „Deutschland-takt“ist ein Projekt, das auf Jahrzehnte ausgelegt ist. Bereits in den kommenden Jahren sollen aber bereits die wichtigsten Verkehrsadern in Deutschland saniert werden, unter anderem die Schnellstrecke zwischen Hamburg und München. Der Grund: Die Trassen sind in die Jahre gekommen, die ersten wurden vor fast 30 Jahren eingeweiht. Lange hat die Bahn nur wenig in die Instandhaltung investiert. Der Konzern hat sich jahrelang selbst ausgebremst: Weil das Unternehmen fit für den Börsengang gemacht werden sollte, wurde vor allem unter dem damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn rigoros gespart, beim Schienennetz genauso wie bei den Bahnhöfen oder der Belegschaft. Dass die Bahn jetzt mit großen Investitionen dagegen steuert, ist von der Politik so gewollt. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, dass künftig nicht mehr die Wirtschaftlichkeit an erster Stelle kommen solle, sondern der Kunde und der Verkehr auf der Schiene. Bis 2030 soll die Zahl der Zugreisenden verdoppelt werden – das geht nur mit funktionierenden Netzen und moderneren Zügen. Die Investitionen spiegeln sich allerdings auch in der Bahn-bilanz wider: In diesem Jahr kratzt der Konzern an der Marke von 20 Milliarden Euro Schulden.
Zu wenig Mitarbeiter Die Bahn hat ein Nachwuchsproblem: Tausende Beschäftigte gehen in den kommenden Jahren in Rente, dem Konzern fehlen schon jetzt vor allem Lokführer oder It-spezialisten. Der Mangel wirkt sich ganz konkret auf den Zugverkehr aus: Weil etwa nach Informationen von „Kontraste“die Nachtbereitschaften auf den Bahnhöfen nicht mehr ausreichend besetzt sind, gebe es zu wenig Bereitschaftslokführer, die nach Betriebsschluss mit dem Zug eine sogenannte Drehfahrt machen. Die Konsequenz: Der ICE fährt am nächsten Morgen in den Bahnhof mit umgekehrter Wagenreihung ein, der Fehler zieht sich den ganzen Tag durch. Die Bahn will den Nachwuchsmangel nun lösen, indem sie es Job-anwärtern möglichst einfach macht. Wer ab dem nächsten Jahr bei der Bahn als Auszubildender anfängt, muss kein Bewerbungsschreiben mehr einreichen. Über eine Online-plattform können nur noch Lebenslauf und Zeugnisse eingesandt werden.
Die neuen Rivalen Lange haben
die Schwachstellen der Deutschen Bahn grummelnd akzeptiert – denn die Zahl der Alternativen war übersichtlich. Das hat sich mit dem Aus des Fernverkehrsmonopols vor fünf Jahren grundlegend geändert. Seitdem drängen Flixbus und andere Anbieter in das Revier der Bahn, auch Billigflieger setzen den Konzern unter Druck. Die Bahn hat auf die neuen Konkurrenten mit günstigeren Preisen und einer Service-offensive reagiert. Seit 2014 sind die Sparpreise um elf Prozent gesunken, in diesem Jahr führte die Bahn den „Super-sparpreis“dauerhaft ein.