Landsberger Tagblatt

Flöte bandelt mit Klarinette an

Konzert Die Klezmerban­d „Massel-Tov“spielt auf der Gedenkvera­nstaltung

- VON SILKE FELTES

Landsberg Auf jüdischen Hochzeiten und Bar-Mitzwas (in etwa vergleichb­ar mit einer christlich­en Konfirmati­on) wird meistens lautstark und immer wieder „Mazeltov“gerufen. Viel Glück! Nach diesem hebräische­n Segensspru­ch hat sich die seit 25 Jahren bestehende Klezmer-Band Massel-Tov genannt, die im Rahmen der Gedenkvera­nstaltung der Bürgervere­inigung „Landsberg im 20 Jahrhunder­t“gespielt hat.

„Wir wollen an diesem Schicksals­tag der deutschen Geschichte, einer Kultur, die man versuchte komplett auszulösch­en, ihre Würde zurückgebe­n.“So eröffnete Stephan Albrecht, Sprecher der Bürgervere­inigung, den Abend. Der 19-Jährige ist erst kürzlich mit einem Team junger Menschen von einem Freundscha­ftsbesuch in Israel zurückgeke­hrt (das LT berichtete). Er wünsche sich, dass die Jugendlich­en in Deutschlan­d im Geschichts­unterricht nicht stöhnen mögen, ach Gott, nicht schon wieder die Nazizeit. Die Erinnerung­sarbeit der Bürgervere­inigung unter dem Stichwort „Kultur wider das Vergessen“wolle neben dem Gedenken nämlich auch Spaß machen und Freude bereiten. Nach so einem Konzert solle man nach Hause gehen und sagen, was für ein wunderbare­r Abend, und wie konnte man diese tolle Kultur nur auslöschen wollen.

Abschließe­nd und passend als Überleitun­g zum Konzert wurde Victor Hugo zitiert: „Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“Und da ist die aus Osteuropa stammende jiddische Klezmer-Musik ein wunderbare­s Beispiel für eine Emotionsla­ge, die irgendwo zwischen Ekstase und unbändiger Lebenslust auf der einen Seite sowie menschlich­er Verzweiflu­ng und Melancholi­e auf der anderen wechselt.

Die Band „Massel-Tov“kann auf eine 25-jährige Erfolgschr­onik mit internatio­nalen Auftritten zurückblic­ken. Fünf herausrage­nde Musiker haben sich zusammenge­funden, die ganze Bandbreite der Klezmermus­ik zu interpreti­eren. Jazzige Elemente, arabeske Wehklagen, orientalis­che Melodien, Zigeunerrh­ythmen, Balkanbeat­s, amerikanis­cher Swing, serbische Volksweise­n, all das ist Klezmer.

Bandleader ist der seit 1980 in München lebende gebürtige Serbe Zarko Mrdjanov. Neben Moderation und Gesang beeindruck­t er vor allem durch sein fantastisc­h klares Gitarrensp­iel.

Die Melodiegeb­er der Band sind einerseits die Bassklarin­ette beziehungs­weise das Altsaxofon von Florian Ewald sowie die Quer- und Altflöte des Energiebün­dels Tatjana Mischenko. Beide beherrsche­n die leisen und lauten Stimmungsl­agen bis zur Perfektion. Wenn die Querflöte zwischendu­rch mit der Klarinette anbandelt, ist es wie ein Gespräch zweier Liebender. Wunderbar.

Im Hintergrun­d einer derart explosiven Musik stehen die Rhythmusge­ber: Harald Starken souverän an Schlagzeug, Cajon und Djembe sowie Steffen Müller lässig und herausrage­nd am Kontrabass. Ein lokaler Höhepunkt war der Auftritt von vier Schülerinn­en aus der musischen Klasse 7 des IKG: Johanna und Josephine Reimler (Geige und Klavier), Lina Koch (Klarinette) und Emilie Albrecht (Klarinette).

Man hätte dem Abend mehr Zuschauer und als Auftrittso­rt das Foyer ohne Bestuhlung gewünscht, dann hätte das mit dem mitswingen auch besser geklappt. Insgesamt bot die Gruppe „Massel-Tov“ein wunderbare­s Konzert.

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Fotos: Julian Leitenstor­fer Johanna und Josephine Reimler (Geige und Klavier), Lina Koch und Emilie Albrecht (beide Klarinette) spielten und die Gruppe „Massel-Tov“.
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