Wer will noch für diese Bundeswehr arbeiten?
Negative Schlagzeilen über den Zustand der Streitkräfte sind alltäglich. Auch das schlechte Image schreckt viele gute Köpfe ab. Ein Desaster für die Truppe
Der Satz ist einer der Bausteine, aus denen so manches Seminarreferat zur Zukunftsfähigkeit großer Unternehmen zusammengebastelt wird: „Wir müssen vorne sein im Wettbewerb um die besten Köpfe.“So klingt es auch aus dem Verteidigungsministerium, seit die Politik die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt hat.
Doch was sehen, hören und lesen die hellsten Köpfe der Republik – falls sie sich überhaupt für die Truppe interessieren – seit Monaten, ja Jahren über den potenziellen Arbeitgeber Bundeswehr? Da ist die Rede von schwindender Einsatzfähigkeit der Waffensysteme, von vor sich hinrottenden Panzern, tauchunfähigen U-Booten und gefrusteten Soldaten. Doch es geht längst nicht nur um Eurofighter oder die sündhaft teuren neuen Transportflugzeuge, die am Boden bleiben müssen. Hauptthema in der Truppe sind die Ärgernisse des Alltags. Dringend benötigte Taschenmesser, auf die Soldaten Jahre warten müssen, spezielle Stiefel für Auslandseinsätze, die aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Natürlich erzählen die Frauen und Männer nach Dienstschluss Verwandten und Bekannten, wie es bei der Truppe läuft oder eben, was alles nicht läuft. Mit den coolen Videos für die Nachwuchsgewinnung dürften diese Berichte nicht viel zu tun haben. Das Fatale ist, dass einer Bundeswehr, die mit den Folgen des jahrelangen Sparkurses kämpft, immer mehr Aufgaben aufgebürdet wurden und werden: Aktuell sollen deutsche Soldaten in den Irak, in Mali sind sie bereits. Ein Ende des AfghanistanEinsatzes ist auch nach 17 Jahren nicht absehbar, und – schlimmer noch – es fehlt völlig an einer Perspektive für den Ausstieg.
Was muss sich ändern? Mehr Geld, heißt es sofort. Zwölf Milliarden Euro zusätzlich wollte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, 5,5 Milliarden sollen es nach dem Haushaltsentwurf werden. Mit ganz anderen Summen hantieren die Verfechter einer strikten Erfüllung der Nato-Übereinkunft, das Verteidigungsbudget der Mitglieder der Allianz auf jeweils zwei Prozent des Bruttosozialproduktes zu schrauben. Richtig ist, dass die Streitkräfte eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung benötigen. Richtig ist aber auch, dass die komplette Umsetzung der NatoVorgabe weder politisch durchsetzbar noch sinnvoll ist: Sie würde einen gewaltigen Anstieg des Verteidigungsbudgets um 40 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten.
Das wäre etwa so, als würde man einem Schiffbrüchigen, der auf einer einsamen Insel fast verhungert ist, eine Schweinshaxe vorsetzen. Mit einer Flut frischen Geldes könnten die Streitkräfte gar nichts anfangen. Schon jetzt gelingt es meist nicht, das Budget auszuschöpfen. Es fehlt schlicht an realisierbaren Projekten. Vollends albern wird es aber, wenn Politiker der Linken behaupten, dass die Bundesregierung eine gewaltige Aufrüstung plant. Es geht vielmehr darum, dass Deutschland in absehbarer Zeit wieder über funktionsfähige und – auch wenn das Pazifisten nicht gerne hören – schlagkräftige Streitkräfte verfügt.
Bei der militärischen Ausstattung sind Fortschritte nicht im Hurrastil zu erreichen. Parallel muss das strukturell verfilzte Beschaffungswesen reformiert werden. Ein Anfang wäre es, zumindest einen Teil der über 2000 offenen Stellen beim Beschaffungsamt zu besetzen. Oder junge Talente für die CyberAbwehr zu rekrutieren. Und was nützt der modernste HightechKampfhubschrauber ohne einen klugen Kopf, der ihn steuert?
Der Nachwuchs wird nur zu gewinnen sein, wenn attraktive Arbeitsbedingungen bei angemessener Bezahlung angeboten werden. Auf diesem Feld wird sich die Zukunft der Bundeswehr entscheiden.
Eine Geldflut würde den Streitkräften nicht helfen