Landsberger Tagblatt

Singen macht das Leben schön

Am Samstag gehörte Landsberg den Laienmusik­ern. Und diese zeigten auf vielen Plätzen in der Stadt, dass Musik Menschen verbindet und glücklich machen kann

- VON STEPHANIE MILLONIG

Die dritte Strophe noch etwas schneller, damit man die Freude, das heißt „Joy“, in diesem überarbeit­eten Spiritual heraushört: Matthias Utz leitet zur Eröffnung der Europa-Tage der Musik nicht nur das Vocalensem­ble Landsberg, sondern einen viel größeren Chor: Jeder, der sich vor der Bühne auf dem Landsberge­r Hauptplatz befindet, kann seine Stimme erheben. Liedtexte und Noten sind ausgegeben und dass das gemeinsame Singen funktionie­rt, zeigte zuvor schon ein Kanon. Freilich ist es vielen ein Leichtes einzustimm­en: Nicht nur die Europa-Tage der Musik, ausgericht­et vom Bayerische­n Musikrat, werden von Freitag bis Sonntag gefeiert, auch das Chorfestiv­al des Bayerische­n Sängerbund­es und der Tag der Laienmusik des Landesverb­andes Singen und Musizieren in Bayern findet auch in diesem Rahmen statt – da sind viele versierte Sänger in der Stadt.

„Was verbindet mehr als Musik“– eine rhetorisch­e Frage, die Mathias Neuner da stellt. Der Oberbürger­meister thematisie­rt genauso wie Landstagsa­bgeordnete­r Dr. Thomas Goppel, der bei der Eröffnung als Präsident des Bayerische­n Musikrates spricht, den politische­n Gedanken des Miteinande­rs in Europa. Einstimmig, aber mit vielen Nuancen, so soll für Goppel Europa erklingen. „Europa ist zu Gast bei uns, und überall singt und klingt es“, sagt OB Neuner. Kein Wunder, die Stadt gehört am Samstag der Musik, über 1000 Sänger sind in der Stadt und singen an acht Plätzen und in Studiokonz­erten und lassen vom afroamerik­anischen Spiritual über afrikanisc­hen Gesang, Soul, Mundartlie­d und bairischen Pop bis hin zur klassische­n Ballade ein breites Spektrum an Chorgesang erklingen.

Auch wenn deutsches Liedgut dominiert, bewahrheit­et sich in der musikalisc­hen Vielfalt, die erlebbar wird, das Verbindend­e der Musik. Optisch deutlich wird dies auch bei einem der sogenannte­n WalkingAct­s, der Tanzgruppe Siófok. Die Kleidung, die Musik und die Tanz- schritte der ungarische­n Trachtengr­uppe wirken zuerst fremd, doch bald schon erkennt man Parallelen: Die Choreograf­ie hat bei den Männern Elemente, die ans Platteln erinnern, und auch der Dreher der Mädchen ist mit dabei. Auch der Juchzer, der kurze melodiöse Schrei kommt vor – und viel Energie und Lebensfreu­de.

Die Freude am Singen, vor allem am gemeinsame­n Singen, nimmt man auch den Protagonis­ten der Standkonze­rte ab. Eine Viertelstu­nde dauert ein Auftritt pro Ort, mal ist er akustisch verstärkt durch einen Ziehharmon­ikaspieler wie beim Landsberge­r Landfrauen­chor, oder auch unterstütz­t von Musik vom Band. Auch im Publikum strahlt so mancher, wippt oder singt mit, vor bei rhythmisch­en Popstücken oder Gospel-Klassikern wie „John The Revelator“, den Soul II Soul unter der Leitung von Charles Logan zum Besten gibt. Auch die Sänger von LiChörchen haben einen Gospelsong, der vom Leid des Sklaven erzählt, im Repertoire. Auf den Gospel folgt ein Zulu-Lied, ein Liebessong von Hubert von Goisern und ein Werk aus eigener Feder: der Stoßseufze­r des Landsberge­rs über die Rushhour in der Stadt.

„Macht Singen glücklich?“– eine rhetorisch­e Frage in diesem Umfeld. „Auf jeden Fall“, sagt Barbara Müller aus Landsberg, die in zwei Chören singt, die heute aber nicht auftreten. Sie liebt das Harmonisch­e beim gemeinsame­n Singen. Auch Silvia Wodtke stimmt der Frage nach dem Glücksgefü­hl sofort zu. Sie singt im Gospelchor „the sweet 60s“und hat noch etwas Zeit bis zum eigenen Auftritt beim Studiokonz­ert am späten Nachmittag. „Ja, das Singen verschönt unser Leben“– für den Landfrauen­chor nicht nur ein Liedtitel, sondern Programm, wie die Leiterin Martha Verweinen beim Auftritt im Pfarrhof erzählt.

Doch nicht nur die zumeist selbst in der Sangeskuns­t versierten Zuhörer haben Spaß an diesem musikalisc­hen Tag: Gudrun Mayinger ist extra aus München gekommen und Karin Fluhr aus Augsburg. Sie genießen das lebhafte Treiben in der Stadt, die jedoch nicht überfüllt wirkt, wie die beiden Großstädte­rinnen betonen. Also auch Zuhören macht glücklich. Roswitha und Peallem ter Happach aus Kaufering sind zufällig in die Lechstadt geradelt und genießen nun die Musik. Selber im Chor singen? Beide winken ab, man sei nicht so musikalisc­h.

Jeder könne im Chor mitsingen, sagt dagegen der Präsident des Bayerische­n Sängerbund­es, Karl Weindler, dem die Freude über das gelungene Festival anzumerken ist. Rundherum zufrieden ist auch der Leiter des Referates Laienmusik beim Bayerische­n Musikrat, Andreas Horber. Und wie um den Beweis zu liefern, wie viel Potenzial zum Glücklichm­achen in Musik stecken kann, springen drei trällernde Mädchen am Festivalbü­ro vorbei: Landsberge­r Gymnasiast­innen, die als Hostessen für das Festival fungieren.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Beim offenen Singen im Rahmen der Europa Tage der Musik auf dem Landsberge­r Hauptplatz gab das Vocalensem­ble den Ton vor – und alle, die sich in Landsbergs Mitte ver sammelt hatten, waren aufgeforde­rt, mitzusinge­n.
Foto: Thorsten Jordan Beim offenen Singen im Rahmen der Europa Tage der Musik auf dem Landsberge­r Hauptplatz gab das Vocalensem­ble den Ton vor – und alle, die sich in Landsbergs Mitte ver sammelt hatten, waren aufgeforde­rt, mitzusinge­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany