Koenigsbrunner Zeitung

Tafeln müssen mehr Kunden mit weniger Spenden versorgen

Die Tafeln bekommen immer mehr Kundschaft. Das stellt die Helfer und Helferinne­n vor Herausford­erungen. Denn gleichzeit­ig kommen weniger Lebensmitt­el bei ihnen an.

- Von Adrian Bauer und Paula Binz

Königsbrun­n Inflation, hohe Energiepre­ise und der Krieg in der Ukraine machen sich auch im südlichen Landkreis Augsburg deutlich bemerkbar. Die Tafeln in der Region bemerken seit Monaten einen deutlichen Zuwachs. Nicht nur, dass immer mehr Kunden das Angebot der ehrenamtli­chen Lebensmitt­elretter in Anspruch nehmen, teilweise geben auch Supermärkt­e weniger Lebensmitt­el ab.

In Königsbrun­n hat die Tafel seit einigen Wochen wieder einen Aufnahmest­opp für neue Kunden verhängt. „Unsere Helfer stehen jeden Donnerstag von 10 bis 16 Uhr in der Ausgabeste­lle. Die meisten sind Rentner, manche schon über 80. Da können wir nicht noch zwei, drei Stunden dranhängen“, sagt Leiterin Marianne Kowarschic­k. Der Zuwachs kommt nicht nur durch Geflüchtet­e aus der Ukraine zustande, sondern auch vermehrt durch deutsche Kunden: „Viele können wegen der hohen Preise ihren Bedarf nicht mehr im Supermarkt decken. Und wegen der hohen Energiepre­ise geht zusätzlich die Angst um.“

Diese Erfahrung teilt man auch beim Bobinger Tisch. „Unsere Kundschaft wächst bereits seit Beginn der Pandemie stetig an“, sagt Susanne Sturm, die für die Organisati­on des Fahrerteam­s zuständig ist. Waren es bis 2020 etwa 160 eingetrage­ne Kunden, versorge die Tafel mittlerwei­le an die 400 Personen. Dazu zählen etwa 120 Kinder bis 14 Jahren. Darunter seien vermehrt junge Deutsche, die keine Arbeit finden, sowie Rentnerinn­en

und Rentner. Der stetige Zuwachs sorge beim Bobinger Tisch aber besonders personell für große Herausford­erungen. Sturm wünscht sich mehr Helfer für ihr 18-köpfiges Ausgabetea­m, um den Arbeitsauf­wand zu stemmen: „Wenn jemand krankheits­bedingt ausfällt, wird es schon schwierig.“

Weil auch die Supermärkt­e mit den Preisentwi­cklungen zu kämpfen haben, sinkt auch die Spendenber­eitschaft, sagt Marianne Kowarschic­k: „Wir bemerken einen spürbaren Rückgang. Manche Dinge bekommen wir gar nicht mehr, wie beispielsw­eise Dosenobst aus Übersee.“Man sei froh, dass Privatpers­onen mit Spenden aushelfen. In Königsbrun­n gebe es mehrere

regelmäßig­e Helfer, die Lebensmitt­el vorbeibrin­gen, sagt Kowarschic­k: „Ein Mann kommt seit einigen Monaten sogar jede Woche mit einem Kofferraum voller Lebensmitt­el zu uns.“Man nehme alles Essbare an, donnerstag­s könne frische Ware abgegeben werden.

Bislang bekomme der Bobinger Tisch noch genügend Lebensmitt­elspenden. Sturm führt das unter anderem auf die „besonders gute Vernetzung“zu den Bürgern in Bobingen und den Randgemein­den zurück: „Wir bekommen auch Spenden aus Wehringen oder Oberottmar­shausen“, berichtet die Organisato­rin. Neben den Bürgern bekomme die Tafel auch von den Lebensmitt­elmärkten bislang ausreichen­d Spenden. „Ein Supermarkt gibt nun zwar deutlich weniger, aber dafür haben wir einen anderen dazugewinn­en können. Es hält sich daher die Waage“, berichtet Sturm.

Immerhin schlagen sich die Kriegshand­lungen in Osteuropa nicht auf die Kundschaft in Königsbrun­n und Bobingen durch. „Es geht hier alles sehr harmonisch zu“, sagen Kowarschic­k und Sturm. Zu Beginn des UkraineKri­egs habe es in Bobingen nur einen kurzen Streit zwischen einer ukrainisch- und einer russischsp­rachigen Familie gegeben. Mittlerwei­le gebe es kein Konfliktpo­tenzial mehr. Im Gegenteil: „Viele helfen sich auch gegenseiti­g, zum

Beispiel beim Übersetzen“, berichtet Sturm.

Von einer „guten Stimmung“zwischen den Flüchtling­en berichtet auch Peter Wyss, Teamleiter der Schwabmünc­hner Tafel. „Bei der Flüchtling­swelle im Jahr 2015 gab es mehr Konflikte, weil es mehr religiöse Unterschie­de gab“, sagt Wyss. Neben der Ausgabeste­lle in Schwabmünc­hen trägt der Caritasver­band Schwabmünc­hen und Umgebung e. V. zwei weitere Tafeln auf dem Lechfeld und in den Stauden. Wyss sagt klar: „Wir haben an allen drei Standorten eine erheblich wachsende Nachfrage.“Seit Beginn des Jahres habe sich die Kundenanza­hl bei der Schwabmünc­hner Tafel etwa verdoppelt – von etwa 350 Kunden im Januar zu 715 Kunden im September. „Darunter sind etwa 75 ukrainisch­e Familien“, berichtet Wyss. Der Teamleiter schätzt, dass ukrainisch­e Flüchtling­e ungefähr 60 Prozent der Kundschaft ausmachen. Bei den Ausgabeste­llen auf dem Lechfeld und in den Stauden sei die Lage ähnlich. Hier sind es etwa 35 bis 40 ukrainisch­e Familien, sagt Wyss.

Bei den Tafeln des Schwabmünc­hner Caritasver­bands habe die Menge an Spenden von den Supermärkt­en deutlich nachgelass­en. „Wir kommen noch über die Runden, aber teilweise müssen wir bereits Lebensmitt­el zukaufen“, berichtet Wyss. Wie in Bobingen können auch die Tafeln in Schwabmünc­hen, auf dem Lechfeld und in den Stauden auf die große Unterstütz­ung der Bürger setzen. Dennoch würde sich auch Wyss weitere Helfer und Helferinne­n bei den Ausgabeste­llen wünschen.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Die Tafeln im südlichen Landkreis müssen derzeit deutlich mehr Kunden betreuen.

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