Tafeln müssen mehr Kunden mit weniger Spenden versorgen
Die Tafeln bekommen immer mehr Kundschaft. Das stellt die Helfer und Helferinnen vor Herausforderungen. Denn gleichzeitig kommen weniger Lebensmittel bei ihnen an.
Königsbrunn Inflation, hohe Energiepreise und der Krieg in der Ukraine machen sich auch im südlichen Landkreis Augsburg deutlich bemerkbar. Die Tafeln in der Region bemerken seit Monaten einen deutlichen Zuwachs. Nicht nur, dass immer mehr Kunden das Angebot der ehrenamtlichen Lebensmittelretter in Anspruch nehmen, teilweise geben auch Supermärkte weniger Lebensmittel ab.
In Königsbrunn hat die Tafel seit einigen Wochen wieder einen Aufnahmestopp für neue Kunden verhängt. „Unsere Helfer stehen jeden Donnerstag von 10 bis 16 Uhr in der Ausgabestelle. Die meisten sind Rentner, manche schon über 80. Da können wir nicht noch zwei, drei Stunden dranhängen“, sagt Leiterin Marianne Kowarschick. Der Zuwachs kommt nicht nur durch Geflüchtete aus der Ukraine zustande, sondern auch vermehrt durch deutsche Kunden: „Viele können wegen der hohen Preise ihren Bedarf nicht mehr im Supermarkt decken. Und wegen der hohen Energiepreise geht zusätzlich die Angst um.“
Diese Erfahrung teilt man auch beim Bobinger Tisch. „Unsere Kundschaft wächst bereits seit Beginn der Pandemie stetig an“, sagt Susanne Sturm, die für die Organisation des Fahrerteams zuständig ist. Waren es bis 2020 etwa 160 eingetragene Kunden, versorge die Tafel mittlerweile an die 400 Personen. Dazu zählen etwa 120 Kinder bis 14 Jahren. Darunter seien vermehrt junge Deutsche, die keine Arbeit finden, sowie Rentnerinnen
und Rentner. Der stetige Zuwachs sorge beim Bobinger Tisch aber besonders personell für große Herausforderungen. Sturm wünscht sich mehr Helfer für ihr 18-köpfiges Ausgabeteam, um den Arbeitsaufwand zu stemmen: „Wenn jemand krankheitsbedingt ausfällt, wird es schon schwierig.“
Weil auch die Supermärkte mit den Preisentwicklungen zu kämpfen haben, sinkt auch die Spendenbereitschaft, sagt Marianne Kowarschick: „Wir bemerken einen spürbaren Rückgang. Manche Dinge bekommen wir gar nicht mehr, wie beispielsweise Dosenobst aus Übersee.“Man sei froh, dass Privatpersonen mit Spenden aushelfen. In Königsbrunn gebe es mehrere
regelmäßige Helfer, die Lebensmittel vorbeibringen, sagt Kowarschick: „Ein Mann kommt seit einigen Monaten sogar jede Woche mit einem Kofferraum voller Lebensmittel zu uns.“Man nehme alles Essbare an, donnerstags könne frische Ware abgegeben werden.
Bislang bekomme der Bobinger Tisch noch genügend Lebensmittelspenden. Sturm führt das unter anderem auf die „besonders gute Vernetzung“zu den Bürgern in Bobingen und den Randgemeinden zurück: „Wir bekommen auch Spenden aus Wehringen oder Oberottmarshausen“, berichtet die Organisatorin. Neben den Bürgern bekomme die Tafel auch von den Lebensmittelmärkten bislang ausreichend Spenden. „Ein Supermarkt gibt nun zwar deutlich weniger, aber dafür haben wir einen anderen dazugewinnen können. Es hält sich daher die Waage“, berichtet Sturm.
Immerhin schlagen sich die Kriegshandlungen in Osteuropa nicht auf die Kundschaft in Königsbrunn und Bobingen durch. „Es geht hier alles sehr harmonisch zu“, sagen Kowarschick und Sturm. Zu Beginn des UkraineKriegs habe es in Bobingen nur einen kurzen Streit zwischen einer ukrainisch- und einer russischsprachigen Familie gegeben. Mittlerweile gebe es kein Konfliktpotenzial mehr. Im Gegenteil: „Viele helfen sich auch gegenseitig, zum
Beispiel beim Übersetzen“, berichtet Sturm.
Von einer „guten Stimmung“zwischen den Flüchtlingen berichtet auch Peter Wyss, Teamleiter der Schwabmünchner Tafel. „Bei der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 gab es mehr Konflikte, weil es mehr religiöse Unterschiede gab“, sagt Wyss. Neben der Ausgabestelle in Schwabmünchen trägt der Caritasverband Schwabmünchen und Umgebung e. V. zwei weitere Tafeln auf dem Lechfeld und in den Stauden. Wyss sagt klar: „Wir haben an allen drei Standorten eine erheblich wachsende Nachfrage.“Seit Beginn des Jahres habe sich die Kundenanzahl bei der Schwabmünchner Tafel etwa verdoppelt – von etwa 350 Kunden im Januar zu 715 Kunden im September. „Darunter sind etwa 75 ukrainische Familien“, berichtet Wyss. Der Teamleiter schätzt, dass ukrainische Flüchtlinge ungefähr 60 Prozent der Kundschaft ausmachen. Bei den Ausgabestellen auf dem Lechfeld und in den Stauden sei die Lage ähnlich. Hier sind es etwa 35 bis 40 ukrainische Familien, sagt Wyss.
Bei den Tafeln des Schwabmünchner Caritasverbands habe die Menge an Spenden von den Supermärkten deutlich nachgelassen. „Wir kommen noch über die Runden, aber teilweise müssen wir bereits Lebensmittel zukaufen“, berichtet Wyss. Wie in Bobingen können auch die Tafeln in Schwabmünchen, auf dem Lechfeld und in den Stauden auf die große Unterstützung der Bürger setzen. Dennoch würde sich auch Wyss weitere Helfer und Helferinnen bei den Ausgabestellen wünschen.