Pariser Kopfkino
Der FC Bayern plant, die Franzosen an unliebsame Abende zu erinnern. Dabei müssen die Münchner auf zwei Stützen verzichten. Zwei andere Spieler aber melden sich fit
München Mit dem Gewinnen von Trophäen kennen sich die Pariser Fußballer recht gut aus. In den vergangenen acht Jahren kürten sie sich sieben Mal zum französischen Meister. Eine Quote, die in den Ligen europäischen Spitzenformats lediglich vom FC Bayern und Juventus Turin übertroffen wird. Anders aber als die deutschen und italienischen Dauersieger, gelten die Pariser dem fußballerischen Hochadel nicht als gleichberechtigt. Geht es über die französischen Grenzen hinaus, scheint all das in den Klub gepumpte Geld nur wenig wert zu sein. Dem Champions-League-Sieg rennt der aus Katar protegierte Klub rast- und erfolglos hinterher. Dieses Jahr aber soll es nun endlich gelingen. Des eigenartigen asketischen Deutschen auf der Trainerbank hat man sich entledigt, auf dass die Künstler Kylian Mbappé und Neymar ihre Magie nun auch endlich auf großer Bühne vollführen. Im ViertelfinalHinspiel beim FC Bayern gelang das recht eindrücklich, gewannen die Pariser doch vor einer Woche trotz irrwitziger Unterlegenheit dank ihrer beiden Sonderbegabten mit 3:2.
Den Münchnern muss nun also am Dienstag ein Sieg mit zwei Toren Vorsprung gelingen (beziehungsweise ein 4:3, 5:4 oder ein noch wundersameres Spektakel), um sich weiter Hoffnungen auf die Titelverteidigung zu machen (21 Uhr, Sky). Weil Trainer Hansi Flick in Weltfußballer Robert Lewandowski und dem an Corona erkrankten Serge Gnabry gleich zwei potenzielle Torschützen fehlen, dürfen die Pariser als Favorit gelten. Eine Ausgangssituation, die der Mannschaft trotz zahlreicher hoch qualifizierter Kräfte nicht zu behagen scheint. Vor zwei Jahren scheiterte die Elf an Manchester United, obwohl man das Hinspiel auf der Insel mit 2:0 gewonnen hatte. 2017 gab die Mannschaft den glorreichen FC Barcelona der Lächerlichkeit preis, als sie ihn mit 4:0 demütigte – kurz darauf ergoss sich aber der Spott über die Pariser nach einem epischen 1:6 in Barcelona. Thomas Müller will den Gegner daher dazu bringen, dass „die Alarmglocken läuten“. Sollten die Münchner nämlich in Führung gehen, vertraut er auf die Kraft der Psychologie. Als die schlechten Erinnerungen sollen abgerufen werEin Kopfkino, das den Münchnern doch noch den Weg ins Halbfinale weist. Man müsse möglicherweise etwas weiter in der Evolution zurückgehen, um das zu erklären, so Müller. Quintessenz aber: Die Angst, etwas zu verlieren, ist größer als die Lust, etwas zu gewinnen. Paris hat viel zu verlieren.
Abseits der Küchenpsychologie gehe es aber darum, die im Hinspiel sehnlichst vermisste Effizienz nun wiederzufinden und das Pariser Offensivspiel gar nicht erst zur Entfaltung kommen zu lassen. „Über 90 Minuten hinweg kannst du sie nicht komplett ausschalten“, ist sich der bayerische Angreifer sicher. Das gelte aber auch für die Münchner Offensive.
Immerhin kann Flick wahrscheinlich auf die zuletzt angeschlagenen Lucas Hernandez und Leon Goretzka zurückgreifen. Beide nahmen am Abschlusstraining am Montag teil und reisen mit in die französische Hauptstadt. Weil der Kader aber wegen etlicher Absenzen (neben Lewandowski und Gnabry fehlen noch Niklas Süle, Douglas Costa, Marc Roca, Corentin Tolisso) reduziert ist, erübrigt sich für den Traiden. ner allzu aufreibende Tüftelei. Dabei „habe ich Puzzle immer gerne gemacht“, so Flick. „Wenn man mehr Spieler zur Verfügung hat, ist es manchmal schwieriger, das Puzzle richtig zu legen. Diesmal ist ein bisschen einfacher.“
Schwieriger dürfte die Situation werden, sollten die Münchner in Paris scheitern. Fragen nach der Zukunft des Trainers würden lauter, das Binnenverhältnis zu Hasan Salihamidzic nochmals und nochmals und erneut beleuchtet. Kollateralschäden einer Pleite. Die Pariser kennen sich damit bestens aus.