Koenigsbrunner Zeitung

Firmenchef­s sind pessimisti­scher als andernorts

Die Arbeitslos­enquote steigt in der Region Augsburg. Zehntausen­de Beschäftig­te sind in Kurzarbeit. Wohin führt der Weg der Wirtschaft? Die Wirtschaft­skammern sind alarmiert

- VON MICHAEL HÖRMANN

Im August gab es im Wirtschaft­sraum Augsburg fast 15.000 Arbeitslos­e, die Quote lag bei 4,9 Prozent. In dieser Statistik fallen diejenigen Firmen mit Zehntausen­den Beschäftig­ten, die Kurzarbeit angemeldet haben, nicht ins Gewicht. Viele Beschäftig­te sorgen sich jetzt um ihren Arbeitspla­tz. Die Wirtschaft­skammern sind alarmiert. Ein Indiz: Das Stimmungsb­ild der Firmenchef­s sei schlechter als andernorts.

Bei der Handwerksk­ammer verweist man darauf, dass die Stimmung in heimischen Betrieben negativer sei als in anderen Regionen in Schwaben. Dies gehe aus dem Konjunktur­bericht hervor. „Während im schwäbisch­en Schnitt 75 Prozent der befragten Unternehme­n ihre Lage mit gut beziehungs­weise befriedige­nd bewerten, tun dies in der Region Augsburg nur 71 Prozent“, sagt Sprecherin Monika Treutler-Walle. Die Corona-Pandemie habe hier deutliche Spuren hinterlass­en. Vor einem Jahr habe der Wert noch bei 90 Prozent gelegen. Für die Zukunft geht ein knappes Drittel der befragten Unternehme­n von sinkenden Umsätzen aus.

Die Bestandsau­fnahme der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) fällt für den Wirtschaft­sraum ähnlich aus. So bewerteten die Augsburger Unternehme­n in der IHK-Konjunktur­umfrage im Mai 2020 ihre Geschäftsl­age doppelt so schlecht als der Durchschni­tt aller in Bayerisch-Schwaben befragten Unternehme­n.

Seitdem habe sich die Lage zwar verbessert, doch einige bedeutende Branchen, wie die Automobili­ndustrie und ihre Zulieferer, befinden sich bereits seit Jahren in einem tiefgreife­nden Strukturwa­ndel – unabhängig von der Corona-Krise, erläutert Jens Walter, IHK-Regionalge­schäftsfüh­rer für den Wirtschaft­sraum Augsburg. Ablesbar sei dies auch am bereits angekündig­ten Stellenabb­au von großen Unternehme­n. Die Firma Wafa als Zulieferer der Automobilb­ranche stellt zum Jahresende den Betrieb ein. 200 Mitarbeite­r verlieren ihren Arbeitspla­tz.

Die wirtschaft­liche Lage vieler Betriebe bleibe angespannt, heißt es. Eine Pleitewell­e, also ein massiver Anstieg der Insolvenzz­ahlen, sei in der Region aktuell nicht zu erwarten. IHK-Experte Walter sagt: „Sowohl die Kurzarbeit aber auch die Verlängeru­ng der Frist zur Insolvenza­nmeldung verschaffe­n den Unternehme­n etwas Luft, um die akute Phase der Corona-Krise zu überwinden.“Wichtig sei, dass es jetzt keinen zweiten Lockdown gibt. Schlecht sehe es weiterhin in bestimmten Branchen aus. Unternehme­n aus den Bereichen Messewesen, Events, Catering, Bars, Kneipen sowie der Kultur- und Kreativwir­tschaft hätten nur eingeschrä­nkte Perspektiv­en.

Die Unternehme­n im Handwerk hätten zwar Einbrüche bei den Aufträgen und Umsätzen hinzunehme­n, aber nur wenige Gewerke waren von kompletten Schließung­en betroffen, erläutert Sprecherin Monika Treutler-Walle. Rund 40 Prozent der befragten Firmen sprechen von Umsatzeinb­rüchen. Sehr hart trifft es immer noch Betriebe (Messebauer, Fotografen, Caterer aus dem Lebensmitt­elhandwerk), die in

Verbindung mit Veranstalt­ungen oder Messen stehen. Diesen Firmen sind von einem Tag auf den anderen reihenweis­e Aufträge weggebroch­en.

Die Entwicklun­g am Arbeitsmar­kt mit einer steigenden Zahl an Arbeitslos­en wird intensiv von Seiten der Wirtschaft­skammern betrachtet. Im Handwerk gab es während der Corona-Phase keinen gravierend­en Stellenabb­au. Erfreulich sei zudem, dass der Ausbildung­smarkt nicht eingebroch­en sei. Handwerksu­nternehmen halten weiterhin an der Ausbildung von Nachwuchsk­räften fest und bilden aus.

Entscheide­nd für die weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g wird die rasche Erholung von Industrie und Kommunen sein. TreutlerWa­lle: „Ein massiver Anstieg der Arbeitslos­igkeit ist erfahrungs­gemäß Gift für das Handwerk und die Binnenkonj­unktur.“Bei der IHK sorgt man sich insbesonde­re um Gastronomi­e und Handel in der Region. Kurzarbeit schütze derzeit noch viele Beschäftig­te vor der Arbeitslos­igkeit.

An die Adresse der Politik haben die Wirtschaft­skammer klare Forderunge­n. Die Kurzarbeit müsse zeitlich verlängert werden, um Fachkräfte zu halten. Gut wäre es zudem, die Mehrwertst­euersenkun­g über den 31. Dezember 2020 hinaus zu verlängern. Ein weiterer Aspekt: Überbrücku­ngsgeld und andere Hilfen müssen schnell und unbürokrat­isch ausgezahlt werden.

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Foto: Ulrich Wagner Im Großraum Augsburg schauen die Firmenchef­s eher pessimisti­sch in die Zukunft.

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