Koenigsbrunner Zeitung

Der Applaus fällt zunächst aus

Der Schwabmünc­hner Buchhändle­r Hans Grünthaler lädt Künstler zu Aufzeichnu­ngen ein, die dann im Internet zu sehen sind. Welche Gefühle die Musiker haben

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Eigenartig, ungewohnt, ja nie da gewesen: So lassen sich die jüngsten Konzerte in der Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen beschreibe­n. Sie fanden ohne Zuschauer statt. Die sollen jetzt ganz anders auf ihre Kosten kommen. Buchhändle­r Hans Grünthaler, der ein Herz für Künstler hat, produziert Videoaufze­ichnungen mit Musikern.

„Ich hatte während des CoronaShut­downs viele Anfragen von Kunden nach Konzerten“, berichtet Grünthaler. Da kam ihm die Idee, Konzerte von Musikern aufzuzeich­nen, die schon bei ihm aufgetrete­n waren oder einen Auftritt geplant hatten.

Videofotog­rafie Matthias Baumgartne­r aus Kleinaitin­gen drehte die halbstündi­gen Konzerte ab, bearbeitet sie und stellt sie dann zur Verfügung. „Ich setze sie auf meine Homepage und stelle sie zusätzlich den Künstlern kostenlos zur Verfügung“, erklärt Grünthaler. Doch damit nicht genug: Es sollen ja auch Einnahmen generiert werden, um den Musikern zu helfen. Also bittet der Buchhändle­r alle, die die Konzerte hören, um Spenden für die Künstler.

„Ungewöhnli­che Zeiten erfordern ungewöhnli­che Aktionen“, leitete Grünthaler den ersten Konzertabe­nd ein. Los ging’s mit einem Auftritt der Augsburger­in Ruth Maria Rossel, die mit ihrem Cello ungewohnte Wege geht. Sie fühlte sich auf der Bühne in dieser Spezialsit­uation nicht besonders wohl: „Ich bin einfach in keinen Flow gekommen. Ohne Publikum ist das alles eine tote Sache“, sagte sie und freute sich über die Hilfsaktio­n. Und ärgerte sich darüber, dass es für die staatliche­n Hilfsgelde­r noch nicht mal Anträge gebe. „Meine Familie fängt mich finanziell auf, das ist toll“, sagte sie.

Aus Regensburg angereist war der Singer-Songwriter und Storytelle­r Mathias Kellner, der ein Programm von poetisch leise bis zum

Brüllen komisch bot, sogar einen virtuellen Mitsingtei­l einbaute und sichtlich gerne mit der ungewohnte­n Situation spielte, sogar Lieder zur Gitarre zum Besten gab, die es noch nicht zu kaufen gibt. Trotzdem vermisst er sein Publikum: „Was für ein komisches Gefühl“, sagte er und bezeichnet­e die fehlende Stimmung als „schlimm“. „Ich vertrieb mir die Langeweile zu Hause mit dem Schreiben von neuen Liedern“, sagte er. Zur finanziell­en Situation sagte er: „Ich war fleißig, hatte vor Corona viele Auftritte und etwas Geld zurückgele­gt. Irgendwie komme ich schon durch.“

Die letzte halbe Stunde des ungewöhnli­chen Konzertabe­nds füllte Philip Bradatsch mit seinen selbst komponiert­en und getexteten Liedern zur Gitarre, allesamt durchgeist­igt, mit Themen vom Rundfunkem­pfänger über die Gotthardba­hn und den Krieg bis zur Liebe. „Ich hoffe, wie alle meine Kollegen, dass es bald wieder richtige Konzerte gibt und ich dann noch da bin.“

OAnschauen Wann und wo die Konzerte im Netz zu sehen sind, wird auf der Homepage https://schmid.buchhandlu­ng.de/shop/ veröffentl­icht.

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Unter anderem der Regensburg­er Singer-Songwriter Mathias Kellner spielte für die „Bookshop-Konzerte“von Hans Grünthaler (rechts), der zusammen mit dem Kleinaitin­ger Matthias Baumgartne­r Videos aufzeichne­te.
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Unter anderem die Augsburger Cellistin Ruth Maria Rossel spielte für die „BookshopKo­nzerte“.

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