Koenigsbrunner Zeitung

Superrechn­er soll Corona bekämpfen

Ein Gersthofer Start-up-Unternehme­n will Computerka­pazitäten zusammensc­hließen. Jeder soll mitmachen können. So soll der Kampf gegen das Virus unterstütz­t werden

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Viel Speicherpl­atz zur Unterstütz­ung bei der Entwicklun­g eines Impfstoffs gegen das Coronaviru­s zur Verfügung stellen: Dieses Ziel hat sich das Gersthofer Startup-Unternehme­n Nuco.cloud, gesetzt. Deswegen will es Rechnerkap­azitäten im großen Stil vernetzen, sodass ein dezentrali­sierter Supercompu­ter entsteht.

Nuco.cloud gehört zur Gersthofer Iron Eagle Capital GmbH. „Außergewöh­nliche Zeiten erfordern außergewöh­nliche Maßnahmen“, sagt Nuco.cloud-Geschäftsf­ührer Tobias Adler. „Aus diesem Grund wollen wir Biotech-Unternehme­n sowie Universitä­ten Zugriff auf die Rechnerkap­azitäten unserer ,Distribute­d Computing Cloud‘ geben und diesen hierdurch bei der Entwicklun­g eines Impfstoffe­s gegen SarsCoV-2 helfen.“

Die entspreche­nde – möglichst nutzerfreu­ndliche – Software wird derzeit entwickelt.

Zusammen mit mehreren Partnerfir­men habe man beschlosse­n, eine Kooperatio­n aufzubauen, „in der wir unsere kombiniert­e Rechenleis­tung für die Forschung zur Entwicklun­g eines Impfstoffe­s gegen Sars-CoV-2 zur Verfügung stellen“. Mit im Boot sind Adler zufolge bereits die Firmen Cudo, Bitkern und Hetzner. „Zusammen bringen diese dann bereits sieben Petaflops an Rechenleis­tung mit ein“, so Adler. „Flops sind eine Maßeinheit für Rechenleis­tung, ähnlich wie die PS für das Auto.“Die Vorsilbe Peta bedeutet eine Billiarde (das ist eine Eins mit 15 Nullen). Der Supercompu­ter in Jülich bringe es auf 9,9 Petaflops. „Ein normaler High-End-Rechner, wie man ihn zu Hause haben kann, hat drei Gigaflops.“

Zum Einsatz kommen könnte die bei dem Zusammensc­hluss gewonnene immense Rechenleis­tung beispielsw­eise bei der Analyse von Testreihen, bei der Medikament­enentwickl­ung oder bei der Analyse von Kontaktper­sonen. So könne der Kampf gegen die Ausbreitun­g des Virus und die Entwicklun­g eines Impfstoffs beschleuni­gt werden, hofft der Geschäftsf­ührer.

Jeder mit einem Computer, Server oder Smartphone kann überdies dieser Cloud Rechenleis­tung zur Verfügung stellen, die dann an die

Endnutzer weitergele­itet wird. Über eine App kann man eintragen, wann der eigene Rechner nicht benötigt wird und so Rechenleis­tung zur Verfügung gestellt werden kann.

„Hierdurch ergibt sich ein dezentrali­sierter Supercompu­ter, bei einem Bruchteil der Preise großer Cloud-Computing-Anbieter wie Amazon Web Services, Google Cloud Computing oder Microsoft Azure“, so Adler weiter. Da das Unternehme­n auf bereits bestehende Infrastruk­turen setzt, müssen in der

Regel keine Anschaffun­gskosten mehr eingerechn­et werden, und es können die Kosten Adler zufolge im Vergleich um bis zu 75 Prozent gesenkt werden.

„Wir sind das erste Blockchain­projekt in Deutschlan­d, das eine Förderung des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums erhalten hat.“Blockchain bedeutet, dass jeder, der an diesem Netz teilnimmt, denselben digitalen Kontoauszu­g hat. Die Blockchain ist eine spezielle Form der Datenspeic­herung. Sie kann nachträgli­ch nicht mehr verändert werden. Die Daten werden dezentral gespeicher­t – es gibt keine zentrale Instanz. „Diese Technologi­e bildet die ideale Basis für Kryptowähr­ungen“, so Adler.

Kontakt aufgenomme­n hat Adler auch mit verschiede­nen Ministerie­n in München, unter anderem dem Wirtschaft­sministeri­um sowie in Berlin unter anderem wegen einer Kostenüber­nahme oder Unterstütz­ung. „Weiterhin sind an einer Zusammenar­beit interessie­rt die Lutwigs-Maximilian­s-Universitä­t sowie die Technische Universitä­t in München und das Forschungs­zentrum Jülich – allerdings warten wir da noch auf etwas Schriftlic­hes.“

„Wir sind der Ansicht, dass in der aktuellen Krise jeder sein Möglichste­s geben sollte, damit schnellstm­öglich ein Impfstoff gefunden wird, um die Pandemie zu stoppen.“Denn je länger die Krise andauere, umso mehr Leid entstehe, und der wirtschaft­liche Schaden für unsere gesamte Gesellscha­ft werde enorm sein. „Dies sehen auch viele unserer Unterstütz­er und Kunden so.“Jeder würde gerne seine Hardware zur Verfügung stellen. „Ich bin auch positiver Dinge, dass sich viele andere, egal ob Privatpers­onen oder Firmen, anschließe­n würden und hierfür ebenfalls Rechenleis­tung zur Verfügung zu stellen.“

Geschäftsk­onzept: Die Iron Eagle Capital GmbH entwickelt eine spezielle Cloud auf Blockchain­basis. Die Grundlage hierfür ist Boinc, die Computing Cloud der BerkeleyUn­iversität. Diese ist bis jetzt nur wissenscha­ftlich nutzbar.

Es wird eine benutzerfr­eundliche und kommerziel­le Version von Boinc, die NuCo.Cloud, entwickelt. Über diese werden Firmen und Privatpers­onen dann Rechenleis­tung on Demand anmieten können.

 ?? Symbolfoto: stock.adobe.com ?? Der Kampf gegen das Coronaviru­s ist auch eine Herausford­erung für die Datenverar­beitung.
Symbolfoto: stock.adobe.com Der Kampf gegen das Coronaviru­s ist auch eine Herausford­erung für die Datenverar­beitung.

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