Was Polizisten auf der Autobahn alles entdecken
Beamte nehmen bei einer großen Kontrollaktion Transporter und Busse unter die Lupe. Sie stoßen auf einen völlig überladenen Ford Transit mit Möbeln aus der Türkei. Und ein rumänischer Busfahrer muss 1300 Euro zahlen
Gersthofen Die gelbe Lackierung des Kleintransporters, Typ Ford Transit, ist verblichen, an manchen Stellen bricht Rost durch. Der Polizist Udo Nischwitz sieht auf den ersten Blick, dass der Transporter massiv überladen ist. Hinten setzt das Fahrzeug fast auf, der Motorraum vorne hängt auffällig weit oben. Der Fahrer öffnet die Türen zur Ladefläche, der Transporter ist komplett vollgestopft mit fabrikneu verpackten Möbeln. Viel zu viel Gewicht. Udo Nischwitz wirft einen Blick auf die Bremsscheiben und stellt fest, dass sie fast komplett runtergefahren sind. Um die 2000 Kilometer war der Fahrer damit unterwegs. Er liefert die Möbel von der Türkei aus an Kunden in Deutschland und in den Niederlanden.
Am Dienstagmittag endet die Dienstfahrt des Möbeltransporteurs erst einmal im Hof der Gersthofer Autobahnpolizei. Der Fahrer muss die Ware abladen und die Bremsen des Ford Transit richten lassen. Erst dann darf er, mit einem Teil der Ladung, weiter. Fürs Überladen und die kaputten Bremsen muss er ein Bußgeld von 750 Euro zahlen. Die Beamten wundern sich, wie es der Transporter noch vor wenigen Wochen durch den türkischen TÜV geschafft hat. Auch der Zoll wird noch etwas verlangen, denn die Möbel muss man bei der Einfuhr versteuern. Josef Sitterer ist der Chef der Gersthofer Autobahnpolizei. Er leitet die große Kontrollaktion. Er sagt: „Uns geht es darum, den Verkehr sicherer zu machen.“
46 Beamte von Polizei, Landeskriminalamt und Zoll sind bei der Kontrolle am Dienstag im Einsatz. Auch zwei Kfz-Sachverständige des Prüfunternehmens Dekra sind dabei. Sie können vor Ort entscheiden, ob ein Gefährt bei Mängeln aus dem Verkehr gezogen werden muss. Auf der Autobahn sind an diesem Nachmittag zwei Polizisten mit Motorrädern und ein Streifenwagen unterwegs. Sie halten Ausschau nach Bussen und Kleintransportern und lotsen sie zur Kontrollstelle. Viele Fahrzeuge kommen aus Osteuropa – oder sind auf dem Weg dorthin.
Für den Fahrer eines VW-Kleinbusses aus Rumänien endet die Kontrolle teuer. Er muss 1300 Euro zahlen, weil er Fahrgäste transportiert hat, ohne die Lizenz dafür zu besitzen. Für die Fahrgäste – die meisten kommen wegen der Arbeit nach Deutschland – entsteht eine Zwangspause. Sie müssen abwarten, bis alles geregelt ist. Die Polizei hat für sie unter einem Vordach Bierbänke aufgestellt.
Zollbeamte durchsuchen in dieser Zeit das Gepäck der Fahrgäste. Rumänien gehört zur EU, aber dennoch gibt es Obergrenzen für die Wareneinfuhr – etwa für Zigaretten. In einer Reisetasche stoßen die Zollbeamten auf zwei große Mettwürste aus Rumänien, sie müssen nicht verzollt werden. Einige Schachteln Zigaretten haben die Reisenden dabei. Das sei aber alles noch im grünen Bereich, sagt Nicole Welter, die Leiterin der Kontrollgruppe Verkehr des Zolls mit Sitz in Kempten. Zöllner prüfen nicht nur die Waren. An der Autobahn in Gersthofen sind auch SchwarzarbeitsFahnder dabei. Sie kontrollieren, ob die Fahrer von Bussen und Transportern korrekt beschäftigt sind. Bei Paketfahrern etwa ist Scheinselbstständigkeit ein häufiges Thema.
Während mehrere Polizisten bei einem Transporter mit Anhänger die Bremsen testen, lotst ein Polizeimotorrad einen Linienbus des Anbieters Flixbus zur Kontrollstelle. Der Bus fährt von Wien nach Saarbrücken, er gehört einem Subunternehmen aus Bulgarien. Den Beamten fällt es schwer, mit dem bulgarischen Fahrer zu reden. Er spricht nur ein paar Brocken Deutsch. Ein Beamter prüft, ob sich der Fahrer an die Lenkzeiten gehalten und genug Pausen gemacht hat. Zwei Polizisten gehen um den Bus herum. Sie leuchten mit einer Taschenlampe in die Radkästen, kontrollieren das Profil der Reifen. Der Bus hat zwar ein paar Dellen und Schrammen. Doch das sei normal bei solchen Linienbussen, die viel im Einsatz seien, sagt ein Beamter. Solange es keinen Einfluss auf die Sicherheit hat, spielt die Optik keine Rolle Der Bus ist noch relativ neu, es gibt nichts zu beanstanden.
Etwas abseits steht ein silberner Transporter der Polizei. Beamte des Landeskriminalamts sitzen darin. Sie haben Geräte dabei, mit denen sie prüfen können, ob Ausweise und Führerscheine überhaupt echt sind. Auch das gehöre zu einer „ganzheitlichen Kontrolle“, wie es bei der PoDie lizei genannt wird, sagt Autobahnpolizei-Chef Josef Sitterer.
Es ist nicht die einzige Kontrolle in der Region, die an diesem Dienstag stattfindet. Auch auf der B 2 gibt es eine Kontrollaktion. Am späten Nachmittag nehmen Beamte auch die Szene am Königsplatz in Augsburg genauer unter die Lupe. Außerdem gibt es an vielen Orten Infostände. Das Polizeipräsidium beteiligt sich damit an einem Sicherheitstag, der in mehreren Bundesländern gleichzeitig stattfindet. „Wir zeigen damit auch, wie groß die Bandbreite unserer Arbeit ist“, sagt Polizei-Vizepräsident Markus Trebes. Er beobachtet die Kontrolle an der Autobahn. Die Aktion zeige, dass es der Polizei nicht um Abzocke gehe, sondern um die Sicherheit, sagt er.