Der kleine Dienstag und Gassi im Weltall
Daniela Kammerer stellt in der Schwäbischen Galerie in Oberschönenfeld aus
Oberschönenfeld Wort, Bild, Klang, „Haut um’s Hirn“und „Kopfkino“– all das verbindet sich in Daniela Kammerers Doppel-Ausstellung „Blütenknall“, die bis 23. September in der Schwäbischen Galerie im Volkskundemuseum Oberschönenfeld zu sehen ist.
Im Erdgeschoss dominiert die kreative, potenzierende Paarung von Lyrik und Malerei. So gesellte Kammerer einigen ihrer in den letzten Jahren entstandene Bildschöpfungen Gedichte der Augsburger Lyrikerin Eva Sattler zu, und diese gelungene Kombination ist in dem Lyrik-Kunst-Band „Blütenknall“festgehalten und wird in der Ausstellung „Blütenknall“nochmal aufgerollt: Denn wie die Sprache Sattlers, halb unbewusst, metaphorisch und transzendent, ist auch die bildende Kunst Daniela Kammerers. Ihr „Twilight“zeigt in blauschwärzlicher Abenddämmerung, verstreuten Lichtpunkten noch gebend, die verschwommenen Umrisse von Herrchen und Hund, und auch das dazu passende Poem „Hör auf … Dein Herz und Meines“von Eva Sattler verspricht Licht im Dunkel. Das Gedicht „Der kleine Dienstag“und das großformatige Bild „Gassi im Weltraum“, das ihm zugeordnet ist, widmen sich der Unendlichkeit, die flächig wirkt, und der Schwerelosigkeit, die statisch werden kann.
Um Potenzial und Begrenztheit dreht sich Kammerers jüngste Serie „Haut um’s Hirn“im Obergeschoß, von Fritz Effenberger im Vorwort zum Katalog passend „Neurobiologie in frontaler Perspektive“geRaum nannt. Denn die dargestellten Gesichter sind keine Porträts, sondern geben Kunde von Charakter, Anlagen und dem Resultat des bisherigen Lebens der Person, so weit das in einem Gespräch erfahrbar ist. Ein Jahr lang reiste Kammerer durch europäische Orte und bat Bewohner zu Gespräch und Porträt. Meist haarlos und männlich bis androgyn sind die porträtierten Gesichter, eher silhouettierend, umrissen und dennoch charakteristisch.
Ein Novum in ihrem Schaffen sind ihre Keramiken, bestehend aus einer Gruppe von Köpfen, die an antike Sagenwesen wie Polyphem oder Medusa erinnern. Wie in den Gemälden Kammerers, in denen Farbe auch mal verlaufen darf, wird hier im Brennvorgang dem Aleatorischen Platz gewährt. Mit Bemalung, gezielter Glasur und dem Wechselspiel von rauer und glatter, von farbiger und dunkler Oberfläche schafft Kammerer eine Plastizität über das Plastische hinaus. Auch in der Abteilung „Blütenknall“gibt es Keramiken, eine Sammlung von rundlichen Fantasiegestalten zwischen Fauna und Flora, Nachtmahre, übersät mit Ausstülpungen, Andockungen des Innen mit dem Außen. Traumhaft, traumwandlerisch wirken „Bildschöpfungen“, die vielseitig von illustrierend bis hieroglyphisch nach außen anmuten.