Union will nicht mit der SPD nachverhandeln
CSU und CDU reagieren genervt auf den Richtungsstreit. Klare Ansage von Seehofer
Bad Staffelstein
Das Zaudern der SPD in Sachen Große Koalition versetzt auch den potenziellen Partner in Aufregung. Vor allem in der CSU sind viele genervt vom Hin und Her. Horst Seehofer weist den Vorschlag führender Sozialdemokraten, das Sondierungsergebnis noch einmal nachzuverhandeln, kategorisch zurück. Die Ergebnisse seien durch „harte, aber faire“Gespräche entstanden, sagt der Parteivorsitzende. „Man kann jetzt nicht hinterher das alles wieder infrage stellen.“Während CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zur Empörung der SPD zuvor von einem „Zwergenaufstand“geredet hatte, begegnet Seehofer dem Richtungsstreit nach eigener Aussage mit „Respekt“. Er äußert Verständnis für SPD-Chef Martin Schulz. In der Sache bleibt er allerdings hart.
Auch Markus Söder redet dem möglichen Partner ins Gewissen: „Die Sozialdemokraten müssen jetzt zeigen, dass sie regierungsfähig und regierungswillig sind“, sagt der designierte bayerische Ministerpräsident in Kloster Banz. Dort begann gestern die Winterklausur der CSULandtagsfraktion. Deren Chef, Thomas Kreuzer, äußert sich weniger diplomatisch zu den Diskussionen in der SPD: „Ich halte es für erschütternd, dass führende Vertreter der SPD, die bei den Sondierungen dabei waren, sich Punkt für Punkt von den Sondierungsergebnissen verabschieden und sagen, es muss neu verhandelt werden.“
Hintergrund der Debatte: Erst ein Sonderparteitag der SPD wird am Sonntag entscheiden, ob es überhaupt zu konkreten Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU kommt. Doch die Sozialdemokraten sind gespalten wie lange nicht. Gestern bemühte sich Parteichef Martin Schulz, die Genossen in NordrheinWestfalen von einer Neuauflage der Großen Koalition zu überzeugen. Auf diesen Landesverband kommt es an, denn er stellt am Sonntag die meisten Delegierten. Auch aus Bayern kommen überdurchschnittlich viele Stimmberechtigte. Hier wirbt SPD-Chefin Natascha Kohnen zwar für Koalitionsverhandlungen, doch an der bayerischen Basis herrscht wenig Begeisterung.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles gehört inzwischen zu den lautstärksten GroKo-Befürwortern. Sie warnt davor, das mühsam erzielte Sondierungsergebnis mutwillig schlechtzureden. An der Spitze der Rebellen steht der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert, der genau wie Schulz derzeit durch das Land tourt. Allerdings mit dem gegenteiligen Ziel. Nahles – einst selbst Juso-Chefin
„Man kann jetzt nicht hinterher das alles wieder infrage stellen.“CSU Chef Horst Seehofer
– ärgert sich darüber. Das Urteil der Parteijugend zu den Sondierungsergebnissen habe schon von vornherein festgestanden, mutmaßt sie.
SPD-Vize Ralf Stegner sieht das Sondierungspapier lediglich als Basis für Koalitionsverhandlungen. „Es wird jetzt so getan, als sei alles schon verhandelt – das ist es mitnichten“, betont er. Doch viel Spielraum wird die Union den Sozialdemokraten nicht einräumen. „Das, was jetzt als Konsens festgestellt wurde, was auch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, an dem gibt es nichts mehr zu rütteln“, sagt der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), in einem Interview.
In der Politik schreibt Martin Ferber über die SPD, die sich einmal mehr selbst im Wege zu stehen droht. Außerdem finden Sie ein Porträt des jungen Rebellen Kevin Kühnert, der seinen eigenen Parteichef in Not bringt. (jub, msti, dpa)