Koenigsbrunner Zeitung

Zwei Jahre Gefängnis für 20 Gramm Kokain

- VON USCHI RIEGER

Ein mehrfach vorbestraf­ter Familienva­ter muss wieder in Haft, weil er sich von einem Dealer versorgen ließ. Der streitet das Geschäft zwar ab, doch ein Zeuge belastet den Angeklagte­n. Dem droht noch ein weiteres Urteil

Landkreis Acht Vorstrafen hatte der Angeklagte schon auf dem Buckel, am Augsburger Amtsgerich­t drohte ihm wegen Drogenhand­els die neunte. Trotzdem hat der 35 Jahre alte, unter Führungsau­fsicht und zweifacher offener Bewährung stehenden Familienva­ter die Verhandlun­g bei Richter Alexander Müller fast amüsiert verfolgt. Fast hatte es den Anschein, dass 20 Gramm Kokain für ihn nicht mehr als „Peanuts“sind. Denn in Köln wird ihm wegen eines Kilogramms dieser harten Droge im Wert von etwa 45 000 Euro der Prozess gemacht. Ende Mai soll dort das Urteil verkündet werden. In Augsburg bekam er nun zwei Jahre Haft.

Ins Rollen gebracht wurde der Prozess von einem Kronzeugen: Ein 29, sowie sein Partner und Kurierfahr­er, ein 30 Jahre alter Mann, wurden in einem früheren Verfahren zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt. Der 30-Jährige packte bei der Polizei aus und nannte Namen aus dem Drogennetz­werk, unter anderem den des jetzigen Angeklagte­n aus dem südlichen Teil des Landkreise­s, der insgesamt 20 Gramm Kokain in Kommission erhalten haben soll. Doch der hüllte sich in Schweigen.

Irgendwann im Februar vergangene­n Jahres fanden laut Anklage die vier Übergaben von jeweils fünf Gramm Kokain statt. Das bestätigte der Fahrer. Zweimal hätte er den Dealer zur Wohnung des Angeklagte­n gefahren und zweimal hätte der Austausch bei dem 29-Jährigen in Haunstette­n stattgefun­den. Obwohl er im Auto sitzengebl­ieben sei, habe er „alles mitgekrieg­t“und wusste somit, dass es wieder einmal um die „übliche Standardme­nge“ging. Den Stoff, mal Kokain, mal Heroin, hätte er stets in Hamburg abgeholt. Die Qualität sei sehr gut gewesen. Doch nach der dritten Lieferung war Schluss, und er wurde festgenomm­en. Den Aussagen seines einstigen Partners widersprac­h heftig der Dealer: „Der kennt keinen einzigen Kunden von mir.“Vielen hätte er Drogen verkauft, aber nicht an den Angeklagte­n. Damals habe er in Königsbrun­n nur einen „Freundscha­ftsbesuch“gemacht, um der FaDealer, milie zum Nachwuchs zu gratuliere­n. Obwohl der 30-Jährige mal sein Fahrer und Partner gewesen sei, könne er „gar nichts wissen“. Er jedenfalls glaube nicht, dass der Angeklagte etwas mit Drogen zu tun habe. Auf die Frage des Vorsitzend­en Richters nach dem Preis für ein Gramm Koks, meinte der Zeuge ganz lässig: „Für Stammkunde­n war es billiger, sonst habe ich zwischen 80 und 100 Euro verlangt.“

Keinen Glauben schenkte die Staatsanwä­ltin Julia Mayer dem Dealer: „Wenn zwei in der Drogenszen­e derart zusammenar­beiten, dann sprechen sie auch über ihre Kunden.“Alles andere sei „völlig unglaubhaf­t“. Letztendli­ch hatte nach ihrem Dafürhalte­n der Fahrer kein Motiv, falsch auszusagen. Sie beantragte zwei Jahre und vier Moauch nate Haft. Nur ein Freispruch kam für Verteidige­r Florian Engert infrage. Dabei wies er auch auf eine im Sande verlaufene Observatio­n mit Telefonübe­rwachung hin.

Die Aussagen der inhaftiert­en Zeugen nahm der Vorsitzend­e Richter unter die Lupe, wobei er zu der Erkenntnis gelangte, dass der Kurierfahr­er keinen Grund hatte, den Angeklagte­n in irgendeine­r Weise „reinzuhäng­en“. Im Gegenteil hätte der Zeuge „differenzi­ert und nicht aufbrausen­d“ausgesagt. Dem entgegen stehe die Aussage des Dealers und guten Bekannten des Angeklagte­n, da sie zu „durchsicht­ig“war. Dem Angeklagte­n selbst bescheinig­te der Vorsitzend­en Richter, einen „arroganten Eindruck“vor Gericht hinterlass­en zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Nach der dritten Lieferung war Schluss

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