Koenigsbrunner Zeitung

Ein letzter Film fürs Reich?

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1945 im Spiegel einer feinen Groteske

Wunderbare­r Film- und Theatersto­ff, den Bernd Schroeder in seinem kleinen, feinen Buch „Warten auf Goebbels“liefert! Der Zweite Weltkrieg neigt sich seinem für Deutschlan­d erkennbar katastroph­alen Ende zu – und in einem kleinen Dorf in der Pampa sind einige Filmschaff­ende im Auftrag von Reichsprop­aganda-Chef Goebbels versammelt, um einen Ufa-Siegesstre­ifen zu drehen. Nichts Pompöses, sondern einen einfühlsam­en Film, der zeigt, wie aus der Zerstörung und bei allen erlittenen Verlusten ein stolzes Volk hervorgeht und im unverbrüch­lichen Glauben an die eigene Größe und voller Dankbarkei­t gegenüber dem Führer den Wiederaufb­au anpackt.

Trotz ständiger Kontrolle durch Nazi-Schergen und unter Einbezug von Schauspiel­ern, die er auf diese „Arche Noah“retten konnte, versucht Regisseur Konrad Eisleben, aus jenem letzten Film fürs Reich einen ersten für die Nachkriegs­zeit zu machen – eine Art „weißes Tuch“, das zugleich Schuldbeke­nntnis und Zeugnis der Menschlich­keit ist – wäre da nicht der Plan, dass zur großen Siegesansp­rache Goebbels höchstselb­st anreisen will… Anspielung­sreich, mit persönlich­en Verstricku­ngen und klug gesetzten Biografien, entsteht so ein Kammerspie­l, das zugleich den Irrsinn realistisc­h und die Schicksale glaubwürdi­g erscheinen lässt. Eine Groteske, die sich nicht am Gewicht der Geschichte verhebt. Fein! Und: selbst ein sehr gutes Drehbuch.

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Bernd Schroeder: Warten auf Goebbels Hanser, 240 S., 22 ¤

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