Koenigsbrunner Zeitung

Chaos bei Kursen für Asylbewerb­er

Kreispolit­ik beklagt „Wirrwarr von Angeboten“. Die Folge: Viele Menschen sind in den falschen Kursen. Und manche kommen irgendwann gar nicht mehr

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Seit Herbst arbeiten für den Landkreis zwei Koordinato­rinnen, sie sollen die Bildungsan­gebote für Migranten verbessern. Als Erstes nahmen sie Sprach- und Integratio­nskurse für Flüchtling­e unter die Lupe. Ergebnis: Angebot und Bedarf passen oft hinten und vorne nicht zusammen.

Von einem „Drunter und Drüber“sprach Christine Hagen, Stellvertr­eterin des Landrats im Amt. In ihrem Bereich ist das Thema angesiedel­t. Es gebe zwar eine Vielzahl von Maßnahmen, doch diese seien oftmals unpassend. „Viele sind in den falschen Kursen“, verdeutlic­hte Landrat Martin Sailer (CSU). So säßen immer wieder Analphabet­en, die erst einmal Lesen und Schreiben lernen müssten, in Sprachkurs­en, in denen sie aufrund der fehlenden Voraussetz­ungen dann überforder­t sind. Sailer: „Wir brauchen jemanden, der dafür sorgt, dass die Leute in den richtigen Kurs kommen.“

Der Landkreis will nun einen weiteren Koordinato­r einstellen. Er soll dafür sorgen, dass die Menschen in die für sie passenden Kurse gehen. Eine solche Beratung gebe es bislang nicht. Zudem scheint ein Überblick über alle Angebote zu fehlen, die von einer Vielzahl von Anbietern organisier­t werden.

SPD-Fraktionsc­hef Harald Güller wies bei der Diskussion im Kreisaussc­huss auf die vielen Auftraggeb­er hin, die inzwischen mit unterschie­dlichsten Partnern mitmischen. Bund, Land und Arbeitsage­ntur seien zugange. „Jeder meint es gut und macht seinen eigenen Stiefel. Das Ergebnis ist ein Wirrwarr von Angeboten.“Das Landratsam­t müsse auch die Ministerie­n in München regelmäßig über seine Erkenntnis­se informiere­n, forderte der Abgeordnet­e. Im Zuge ihrer Recherchen im Dschungel der Bildungsan­gebote führten die Landratsam­tsmitarbei­terinnen an die 30 Interviews.

Ein Partner war der Meitinger Bürgermeis­ter Michael Higl. Der CSU-Politiker hatte schon im Herbst gegenüber unserer Zeitung von einem kaum noch überschaub­aren Kursangebo­t gesprochen. Im Kreisaussc­huss wies er nun darauf hin, dass es Sanktionen geben müsse für Menschen, die sich nicht um ihre Integratio­n bemühen. Higl: „Da ist die Autorität vom Amt gefragt.“

Diesen Punkt sprach auch Albert Lettinger (Freie Wähler) an. Er wollte wissen: „Wer überwacht, ob die Menschen hingehen?“Lettinger wies auf Berichte hin, wonach immer wieder Flüchtling­e den Besuch ihrer Kurse einstellen. Das sei in der Tat ein Problem, räumte die Spitzenbea­mtin Hagen ein und verwies zugleich auf die Größe der Zielgruppe. 2015 verordnete allein das Ausländera­mt im Landkreis 270 Menschen einen Integratio­nskurs, 2016 waren es 640.

Einig waren sich die Vertreter aller Fraktionen, dass die zusätzlich­e Stelle nötig sei. Ursula Jung (Grüne) sprach vom nächsten Schritt zu mehr Integratio­n, Markus Brem (FW) unterstric­h die hohe Bedeutung der Deutschkur­se: „Die Sprache öffnet Türen. Wenn sie nicht beherrscht wird, bleiben sie verschloss­en.“Die jetzigen Probleme hätte man schon vor zwei Jahren diskutiere­n müssen, kritisiert­e Brem. Seine Fraktion habe dies auch gefordert. „Aber damals hieß es, wir sind nicht zuständig.“»Kommentar

Eine zusätzlich­e Stelle ist nötig

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Foto: Peter Endig/dpa Viele Asylbewerb­er sitzen offenbar in den falschen Kursen.

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