Migranten mögen’s in Bayern
Meinungsforscher haben 2000 Zuwanderer im Freistaat zu ihrer Lebenssituation befragt. Welche Erkenntnisse sie daraus ziehen und wo die Integration an Grenzen stößt
Augsburg Wie gut haben sich Menschen, die schon vor vielen Jahren aus dem Ausland nach Bayern gezogen sind, im Freistaat eingelebt? Sind sie integriert? Gehen sie wählen? Wem drücken sie beim Fußball die Daumen? Mit all diesen Fragen hat sich die Hanns-Seidel-Stiftung im Rahmen einer Studie beschäftigt – und durchaus überraschende Ergebnisse präsentiert.
2,7 Millionen Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund leben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2013 in Bayern, was einem Bevölkerungsanteil von rund 20 Prozent und damit dem bundesweiten Durchschnitt entspricht. Knapp über 2000 von ihnen hat das Berliner Forschungsinstitut Data 4U für die CSU-nahe Seidel-Stiftung zu ihrer Lebenssituation, ihren Einstellungen und Empfindungen befragt.
Das Fazit: Zuwanderer fühlen sich wohl in Bayern, können mit der Politik im Freistaat allerdings recht wenig anfangen. Wer trotzdem zur Wahl geht, macht sein Kreuzchen am liebsten bei der CSU. 46 Prozent der potenziellen Wähler – als solche galten von den 2042 Umfrageteilnehmern lediglich noch rund 700 – würden die Christsozialen unterstützen, 26 Prozent die SPD. Gleichwohl gab jeder Zweite an, zumindest teilweise wenig Interesse an der deutschen Politik und Gesellschaft zu haben. Die Meinungsforscher sehen daher vor allem mehr Gesprächsbedarf zwischen Politikern und Zuwanderern.
Nichtsdestotrotz gefällt den meisten Migranten laut der Studie das Leben in Bayern sehr gut: Mehr als zwei Drittel der Befragten, die im Schnitt bereits seit mehr als 20 Jahren hier leben, sind mit Zukunftsperspektiven, Job, Wohnumfeld und Lebensqualität überaus zufrieden. Sie fühlen sich in Bayern sicher und sehen ihr Leben hier als Chance. Jeder Zweite gab an, die deutsche Sprache nahezu perfekt zu beherrschen. „Der Schlüssel für diese überaus positive Entwicklung wird wohl in der ländlich geprägten Struktur des Freistaates zu finden sein. 70 Prozent der Zuwanderer leben in kleineren Städten und Gemeinden. Dies verhindert eine integrationshemmende Gettoisierung und Isolation, wie man sie in vielen Großstädten sonst oft vorfindet“, erklärt Joachim Schulte, Geschäftsführer von Data 4U. Eine solche Isolation beklagte rund ein Viertel der Befragten. Jeder Zehnte erklärte, er sei schon oft diskriminiert worden, gelegentlich gebe es ausländerfeindliche Beschimpfungen oder Übergriffe.
Besonders wohl fühlen sich offenbar Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien im Freistaat. Auf einem sogenannten Integration-Lebensqualität-Index erreichten sie einen Wert von 84 von 100 möglichen Punkten. Die „größte Distanz zum Leben in Bayern“sehen die Meinungsforscher bei türkischstämmigen Migranten. Sie weisen laut der Studie die höchste Rückkehrabsicht sowie die engste Anbindung ans Mutterland vor.
Eine Frage durfte bei der Studie natürlich nicht fehlen: Für wen schlägt beim Fußball – oder einer anderen Sportart – ihr Herz? Über die Hälfte der Befragten räumte ein, dass hier die Integration ihre Grenzen hat: Sie drückten auf dem Sportplatz dann doch eher ihrem Mutterland die Daumen.