Wie lange kann Fillon noch durchhalten?
Neue Enthüllungen über die üppigen Honorare für die Ehefrau und zwei Kinder des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. In der Partei hat bereits die verzweifelte Suche nach einem Plan B begonnen
Paris Überraschungen und Dramen dominieren den Wahlkampf um die französische Präsidentschaft: „Kann sich François Fillon halten?“Die Frage, die die Tageszeitung Le Monde gestern auf ihrer Titelseite stellte, klang weder ironisch noch abwegig. Denn nach neuen Enthüllungen der Satirezeitschrift Le Canard Enchaîné wächst der Druck auf den Kandidaten der Republikaner.
Demnach erhielt seine Frau Penelope deutlich mehr Geld als bisher bekannt für ihre angebliche Arbeit als parlamentarische Assistentin. War bisher die Rede von rund 500 000 Euro, so geht es nun bereits um Zahlungen von insgesamt mehr als 800000 Euro in der Zeit zwischen 1988 und 2013. Als Fillon Premierminister wurde, erreichte ihr Honorar als Mitarbeiterin seines Nachfolgers in der Nationalversammlung, Marc Joulaud, einen Rekordwert von 10167 Euro pro Monat – und übertraf sogar dessen eigene Bezahlung und die Gesamtsumme, die Abgeordneten für die Beschäftigung von bis zu fünf Assistenten zur Verfügung steht. Im Rahmen der laufenden Vorermittlungen wurde Joulaud gestern von der Polizei verhört. Ebenso befragten die Ermittler den Milliardär Marc Ladreit de Lacharrière, einen Freund Fillons und Besitzer der Zeitschrift Revue des Deux Mondes. Dort verdiente Penelope Fillon zwischen Mai 2012 und Dezember 2013 für ihre Arbeit als „literarische Beraterin“100 000 Euro. Doch der damalige Redaktionsleiter wusste von nichts; nur „zwei oder drei Artikel“habe er gefunden, sagt er.
Unbewiesen im Raum steht auch François Fillons Erklärung, seine Frau habe seit Beginn seiner politischen Karriere stets für ihn gearbeitet. Bei der Durchsuchung der Parlamentsbüros fanden die Ermittler laut Medienberichten keinen einzigen Hinweis auf Penelope Fillons angebliche Tätigkeit – sie hatte we- der einen Zugangsausweis noch ein Mail-Postfach oder zumindest ein Büro im Wahlkreis ihres Mannes in der westfranzösischen Region Sarthe, wo die Familie Fillon ein herrschaftliches Anwesen bewohnt. Die gebürtige Waliserin gilt als zurückhaltend und hatte in Interviews stets ihre Rolle als Hausfrau und Mutter betont, die die fünf Kinder großzog. „Von Zeit zu Zeit begleite ich meinen Mann, das ist alles“, sagte sie, die 2007 Literaturvorlesungen in der Uni besuchte, um „wieder mit dem Denken anzufangen“.
Umstritten ist darüber hinaus die Beschäftigung zweier Kinder Fillons, Marie und Charles, die nacheinander als parlamentarische Mitarbeiter zwischen 3800 und 4846 Euro erhielten – insgesamt rund 84 000 Euro. Anders als von Fillon behauptet, waren beide zu dem jeweiligen Zeitpunkt noch keine diplomierten Anwälte – sondern 23-jährige Jurastudenten. Da nun auch noch Fillons Beratungsunternehmen, mit dem er nach seiner Zeit als Regierungschef hohe Summen verdiente, in den Fokus der Medien gerät, distanzieren sich längst auch Parteifreunde von dem selbst ernannten „Kandidaten der Ehrlichkeit“.
Der 62-Jährige selbst tut die Vorwürfe als politische Kampagne der Linken ab. Doch über einen Alternativkandidaten wird bereits diskutiert. Allerdings wollen weder Alain Juppé noch Nicolas Sarkozy, die bei der Vorwahl unterlagen, einspringen. Fillon hat allerdings angekündigt, er trete nur zurück, falls die Justiz ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleitet. Doch drei von vier Franzosen glauben seinen Argumenten ohnehin nicht mehr.
Eine aktuelle Umfrage sieht den Konservativen nur noch auf dem dritten Platz hinter dem Sozialliberalen Emmanuel Macron und Front-National-Chefin Marine Le Pen. Dabei hat diese mit ähnlichen Vorwürfen zu kämpfen: Weil ihre Partei unrechtmäßig Mitarbeiter mit EU-Geldern bezahlt hat, fordert das Europäische Parlament die Rückzahlung von fast 300 000 Euro. Sollte sich die Rechtspopulistin weiterhin weigern, sollen ihr die Bezüge gekürzt werden.
Es fällt schwer, die hohen Zahlungen zu erklären