Erneuter Psychoterror und kein Ende in Sicht
41-Jähriger tickt wieder aus – Bewohner und Hausverwaltung kritisieren Betreuer und Behörden
AALEN - Mehrfach hat der 41-jährige, psychisch kranke Mann, der in einem Mehrfamilienhaus in der Eichwaldstraße wohnt, für Schlagzeilen gesorgt. Nach zwei SEK-Einsätzen und einem Vorfall auf dem Marktplatz, wo er zwei Polizisten verletzte, tickte der polizeibekannte Mann, der bereits viermal in der Psychiatrie in Winnenden untergebracht war, jetzt erneut aus. In dem Mehrfamilienhaus beschädigte er unter anderem einen Stromverteilerkasten und Türen.
Dass es nicht lange gut gehen wird, haben die Bewohner bereits Anfang März prophezeit, als der 41Jährige aus der Psychiatrie in Winnenden entlassen wurde. Bereits nach kurzer Zeit ging alles so weiter, wie es vor seiner Einweisung geendet hatte. Mehrfach sei auch der vom Amtsgericht eingesetzte Betreuer von den Bewohnern kontaktiert worden. Zuletzt sei er Ende April darüber informiert worden, dass sich der 41Jährige wieder sehr auffällig verhalte und die aggressiven Selbstgespräche und das Steinewerfen und die damit verbundenen Ruhestörungen zu jeder Tages- und Nachtzeit zunehmen würden, teilt die Hausgemeinschaft im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten/Ipf- und JagstZeitung“mit.
„Auch unsere Angst, dass etwas Schlimmes passieren könnte, haben wir dem Betreuer mitgeteilt“, sagt diejenige Bewohnerin, die im August vergangenen Jahres von dem polizeibekannten Mann verbal bedroht wurde und damit einen Einsatz der Spezialkräfte des Polizeipräsidiums Einsatz in Göppingen ausgelöst hat. Den ersten, wohlgemerkt, denn nur drei Wochen später rückte die Spezialeinheit erneut aus, als der 41-Jährige im E-Center das Personal mit einem Messer in Angst und Schrecken versetzte. Das letzte Mal in Winnenden „zu Gast“war er, als er Anfang Januar mit einem Schlagstock, einem selbst gebauten Messer und weiteren selbst gefertigten Waffen von Polizeibeamten in der Innenstadt kontrolliert wurde und dabei zwei Polizisten verletzte.
Verletzt hat er am Sonntag und Montag zwar niemanden, doch sein Ausraster sei für die Bewohner besorgniserregend. Am Sonntagabend oder in der Nacht auf Montag hat der 41-Jährige einen Stromverteilerkasten
im Mehrfamilienhaus beschädigt. Einen solchen demolierte er bereits im vergangenen Jahr und wurde deshalb in die Psychiatrie nach Winnenden eingewiesen. Überdies beschädigte er neben seiner eigenen Wohnungstüre eine weitere Türe im Haus und warf zudem einen Stein und eine Metallstange in den Garten der Anwohnerin, die er einst bedrohte. Diese meldete die Sachbeschädigungen am Montagmorgen sofort bei der Hausverwalterin, die daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattete und am Mittwochmorgen auf dem Polizeirevier ihre Aussage machte.
Am Mittwochmorgen war auch die Polizei vor Ort in der Eichwaldstraße. Nach Aussagen der Bewohner hätten die Beamten die Metallstange abgeholt. Unfassbar würden sie es allerdings finden, dass diese nicht einmal das Gespräch mit dem 41-Jährigen gesucht hätten. Lediglich einen Zettel mit den Worten „Ihre Eisenstange wurde sichergestellt und kann auf dem Polizeirevier Aalen abgeholt werden“hätten die Beamten hinterlassen. Während deren Besuch, bei dem diese auch verlautbaren ließen, dass eine Unterbringung in einer Psychiatrie derzeit wegen Engpässen schwierig sei, habe der 41-Jährige bereits eine weitere Eisenstange in seiner Garage deponiert. Mit einer eisernen Kette habe er auch am Montagmittag das Haus verlassen.
Für die Hausgemeinschaft sei die Bestellung des Betreuers eine Farce. Dieser habe es bislang nicht für nötig gehalten, auf E-Mails zu reagieren. Auch den „Aalener Nachrichten/Ipfund Jagst-Zeitung“ist es nicht gelungen, ihn zu erreichen. Für die Bewohner, die seit über zwei Jahren unter dem Terror des Mitbewohners leiden, habe er ebenso wie der Amtsgerichtsdirektor Martin Reuff auf ganzer Linie versagt. Beiden sei es nicht bewusst, dass es sich bei dem 41-Jährigen um eine tickende Zeitbombe handelt, die nicht nur im Mehrfamilienhaus, sondern auch im öffentlichen Raum jederzeit wieder explodieren könnte. Mit ihrem Nichtstun würden diese mit Menschenleben spielen.
Unter den regelmäßigen
Ausrastern des 41-Jährigen, die seit einem Jahr massiv seien, leide auch die Hausverwaltung. „Ich bin nur noch damit beschäftigt, mich um das Mehrfamilienhaus zu kümmern“, sagt die Verwalterin, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Wir kommen hier allerdings auf keinen grünen Zweig.“Jedes Mal komme der 41-Jährige, der für sie eine regelrechte Gefahr darstelle, auf freien Fuß.
Versagen wirft sie, wie auch die Bewohner, den Behörden und den zuständigen Ärzten in Winnenden vor. „Jeder sagt, dass ihm die Hände gebunden sind.“Überdies reichten Ruhestörungen und Sachbeschädigungen im Haus nicht aus, um jemanden dauerhaft in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Dafür müsse Eigenund Fremdgefährdung vorliegen. Doch was heißt das? „Muss erst einem Bewohner eine Eisenstange oder ein Stein auf den Kopf fallen oder gar Schlimmeres passieren?“
Untätigkeit wirft die Hausverwalterin auch dem Betreuer vor, der gerade einmal an der Wohnung des 41Jährigen geklingelt habe und nach dessen Abwesenheit wieder von dannen gezogen sei. Den geforderten Sozialhilfeantrag habe sie ausgefüllt und sich überdies Frechheiten des Betreuers anhören müssen, wie „Sie sehen zu viele Sat-1-Dokusoaps“. Mit einer Dokusoap habe das Ganze allerdings nichts zu tun. Vielmehr sei dem Betreuer die prekäre Lage nicht bewusst.
Unabhängig von den Lärmbelästigungen sei die Wohnung des 41-Jährigen mittlerweile ein Trümmerfeld. Seine Küche habe er bereits in Schutt und Asche gelegt. Die Gefahr, dass durch seine Wutausbrüche der dortige Gasanschluss einen Riss bekommt und dadurch das ganze Haus gefährdet ist, sei groß. Überdies habe er bereits am Anschluss der Wasserleitung manipuliert. Im schlimmsten Fall stehe irgendwann seine gesamte Wohnung unter Wasser. Von dem Schaden seien dann auch die anderen Parteien betroffen. Auch die Kosten für die Reparaturen seiner ständigen Beschädigungen am und im Haus wie an den Türen oder an dem Stromverteilerkasten müsse die Eigentümergemeinschaft tragen, wenn der 41-Jährige nicht zahlungsfähig ist. „Und zahlungsfähig ist er de facto nicht.“
Die Vorkommnisse und den Zustand seiner Wohnung habe die Hausverwalterin am Mittwochmorgen auch der Polizei geschildert. Bereits in der Vergangenheit habe sie den Beamten angeboten, sein Domizil zu besichtigen. Passiert sei das bislang allerdings nicht, weil die Beamten dafür eine richterliche Anordnung benötigen würden. Erstaunt gewesen sei die Hausverwalterin, dass der zuständige Polizeibeamte das von einer Hausbewohnerin erstellte Lärmprotokoll noch nie zu Gesicht bekommen habe. Er habe ihr allerdings versprochen, jetzt tätig zu werden und Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Die Hoffnung, dass endlich etwas passiert, sei bei den Bewohnern groß. „Sie wollen nach zwei Jahren Terror wieder ein normales Leben haben, wieder durchschlafen können und sich ohne Angst wieder frei im Haus bewegen“, sagt die Hausverwalterin.
„Amtsgericht und Betreuer haben auf ganzer Linie versagt“,
sagen die Hausbewohner.
„Nach zig Entlassungen aus der Psychiatrie geht der Terror weiter“,
sagt die Hausverwaltung.