Ipf- und Jagst-Zeitung

Harry Styles löst sich endgültig vom Boyband-Image

Der frühere One-Direction-Sänger setzt heute auf Vorbilder wie David Bowie und Stevie Nicks

- Von Thomas Bremser

(dpa) - Schubladen sind nicht sein Ding: Der frühere One-Direction-Sänger Harry Styles spielt immer wieder mit eingefahre­nen Geschlecht­errollen und mag es auch musikalisc­h flexibel. Auf seiner zweiten Soloplatte „Fine Line“bedient der 25-Jährige erneut mehrere Genres.

Styles, der 2010 als Teenager zusammen mit Louis Tomlinson, Niall Horan, Liam Payne und Zayn Malik in der britischen Castingsho­w „The X Factor“entdeckt wurde, passte sich dem Boyband-Image in den folgenden Jahren problemlos an: keine Freundin, keine Skandale.

50 Millionen verkaufte Platten und mehrere Welttourne­en später legten die Popmusiker („Story of My Life“, „Drag Me Down“) 2015 eine Pause auf unbestimmt­e Zeit ein. Die Briten kümmerten sich um Solo-Projekte, Styles darüber hinaus um ein zweites Standbein. Im Kriegsfilm „Dunkirk“von Christophe­r Nolan spielte er einen Soldaten im Zweiten Weltkrieg – ein Wechsel ins ernste Fach, den Styles musikalisc­h ebenfalls vollzog.

Lieber facettenre­ich

Auf seinem selbstbeti­telten Debütalbum zeigte sich der in Redditch geborene Brite vor zwei Jahren musikalisc­h reif und – im Gegensatz zu One Direction – wenig radiokonfo­rm. Er überzeugte Kritiker mit verschacht­elt-psychedeli­schen Popstücken oder der epischen Indie-Pop-Ballade „Sign of The Times“.

Auch auf den zwölf Songs des Nachfolger­s gibt sich Styles facettenre­ich. Den eingängige­n Synthie-PopSong „Lights up“, die Laidback-Indie-Nummer „Watermelon Sugar“und das radiotaugl­iche „Adore You“veröffentl­ichte der 25-Jährige bereits vorab.

Im Video zur ersten Single „Lights up“, das am US-amerikanis­chen „Coming Out Day“erschien, tanzt der Mädchensch­warm aus der britischen Provinz lasziv oben ohne – mit Frauen und Männern. Bei Fragen von Geschlecht­errollen und Stereotype­n will sich Styles ohnehin nicht festlegen. Er spielt gern Fußball, lackiert sich die Nägel pink und ist fast vollständi­g tätowiert.

Bei seinen Konzerten schwenkt der Brite, der mittlerwei­le in Los Angeles lebt, regelmäßig die Regenbogen­fahne. Außerdem setzt er sich öffentlich gegen Waffengewa­lt, die Diskrimini­erung von Afroamerik­anern

und von Frauen ein. Es sind politische Statements, die man von Boyband-Mitglieder­n eher nicht kennt.

Auf „Fine Line“beschäftig­t sich Styles hingegen nicht mit den großen Themen, sondern vor allem mit sich selbst. „Es dreht sich alles um Sex und darum, sich traurig zu fühlen“, erklärte er dem Musikmagaz­in „Rolling Stone“. In „Cherry“verarbeite­t Styles etwa die Trennung vom französisc­hen Model Camille Rowe, mit der er ein Jahr zusammen war. Am Ende des Stücks ist die Verflossen­e sogar kurz zu hören. „Wir sind befreundet, also habe ich sie gefragt, ob das okay für sie ist. Und das war es“, sagte Styles im Interview mit Apple Music.

Er wolle mit seinem Nachfolgea­lbum noch offener und persönlich­er werden, sagte Styles. Das sind Dinge, die als Sänger einer zusammenge­casteten Boyband kaum möglich sind. Dennoch will Styles die Zeit mit seinen Kollegen nicht missen. „Wenn ich es nicht genossen hätte, hätte ich es nicht gemacht. Es ist nicht so, als ob ich an einer Heizung festgekett­et war.“

Eine baldige Wiedervere­inigung schließt er aber aus. Denn auch seine früheren Mitstreite­r feiern solo längst Erfolge. Als Letzter bringt im kommenden Monat Louis Tomlinson seine erste eigene Platte raus.

Musikalisc­h ist es ohnehin schwer vorstellba­r, dass sich der extroverti­erte Styles, der Harry Nilsson, David Bowie und Stevie Nicks als Vorbilder hat, erneut einer kommerziel­ldurchform­atierten Band unterwirft. Mit „Fine Line“hat er sich jedenfalls ein weiteres Mal von seiner eigenen Vergangenh­eit gelöst.

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FOTO: ISABEL INFANTES/DPA Musiker Harry Styles löst sich immer mehr von seiner Boyband-Vergangenh­eit.

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