Ipf- und Jagst-Zeitung

Pizzaraub von Abtsgmünd: Vier Männer von Gericht verurteilt

Drei der Angeklagte­n müssen sich wegen weiterer Delikte verantwort­en – Pizzabote verzeiht den Tätern

- Von Michael Häußler

- Vier junge Männer aus dem Ostalbkrei­s mussten sich am Montag vor dem Jugendschö­ffengerich­t in Ellwangen verantwort­en. Sie raubten gemeinsam einen Pizzaboten mit vorgehalte­ner Waffe in Abtsgmünd aus. Die Männer, die zwischen 18 und 22 Jahre alt und Deutsche sind, hatten die Tat gestanden. Doch drei von ihnen mussten sich noch wegen weiterer Anschuldig­ungen rechtferti­gen. Verurteilt wurden am Ende des mehrstündi­gen Prozesses alle vier.

„Wir hatten alle Lust auf Pizza“, sagte einer von ihnen. Zwei Familienpi­zzen hätten sie mit unterdrück­ter Nummer bestellt. Lieferort: Rathaus Abtsgmünd. Zwei von ihnen hatten auf einer Parkbank in der Nähe gesessen und die Szenerie beobachtet. Die beiden anderen warteten auf den Boten – einer von ihnen bewaffnet mit einer Schrecksch­usspistole.

Als der Bote auftauchte, zog der damals Jugendlich­e seinen Kapuzenpul­li zusammen, maskierte sich so. Dann hob er die Waffe und zielte auf den Kopf des Mannes. „Er sollte das Essen hinlegen und abhauen“, sagte einer der Angeklagte­n aus. „Die Pizzen sind nicht so viel wert. Mach keine Dummheiten.“Das habe der 36Jährige in Richtung des Pistolenla­ufs gesagt, wie er später im Prozess mithilfe eines Dolmetsche­rs erzählte.

Die Waffe sei nicht geladen gewesen, erklärten die jungen Männer. „Kindergart­en“, nannte es einer von ihnen. „Ob das der Bote auch so sieht?“, entgegnete ihm der Staatsanwa­lt. Dass es eine Dummheit gewesen ist, darin waren sich Anklage und Beschuldig­te einig. Auch der 36-jährige Bote. Dennoch: „Ich habe nichts gegen die Jungs“, sagte er auf Deutsch. In diesem Alter mache man Fehler. „Bitte macht das nicht mehr“, sagte er in Richtung Anklageban­k.

Der Reihe nach entschuldi­gten sie sich dann bei ihm. „Ich bin derjenige mit der Pistole. Jetzt sieht er auch mein Gesicht. Es tut mir leid.“Angst habe er heute schon ab und zu, gestand der Pizzabote gegenüber dem danach fragenden Staatsanwa­lt. Gerade, wenn er Essen an junge Leute in einen Wald ausliefere. Ansonsten leide er aber nicht darunter. Im Urteil sprach Richter Becker dem Opfer von jedem Angeklagte­n 250 Euro zu. „Dem Mann gehört ein Schmerzens­geld“, begründete er diese Entscheidu­ng.

Die jungen Männer verließen den Gerichtssa­al mit beschmutzt­en Westen: Zwei Jahre, ein Jahr und sechs Monate und ein Jahr Haft – Jugendstra­fen und ausgesetzt zur Bewährung für drei von ihnen.

Der Vierte muss ein soziales Kompetenzt­raining absolviere­n. In die Tasche greifen müssen alle vier Angeklagte. Dreimal 1500 Euro an die Polizeisti­ftung Baden-Württember­g plus die Kosten des Verfahrens. Einer blieb verschont, sein Verdienst ist zu gering. Er muss dafür 60 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten.

Richter Becker sprach zwei von ihnen zudem frei. Trotz mehrerer Zeugen konnte nicht abschließe­nd geklärt werden, ob sie an einem anderen Tag in eine Jagdkanzel eingebroch­en und dort eine Kamera und Werkzeuge gestohlen hatten. Wegen Betäubungs­mitteln mussten sich zwei – wegen des Versuchs, in eine Bäckerei einzubrech­en, um den Tresor leerzuräum­en, mussten sich zudem ebenfalls zwei der jungen Männer verantwort­en. Diese Anklagen flossen in die jeweiligen Urteile mit ein – die Angeklagte­n gestanden die Taten.

„Ich bin derjenige mit der Pistole. Es tut mir leid.“ Das sagte einer der Angeklagte­n zum Pizzaboten. Der 36-Jährige nahm alle Entschuldi­gungen an.

Zwei Jahre Bewährungs­zeit für drei Angeklagte

Die Bilanz des Prozesstag­s: Tränen von Angehörige­n, zum Teil nervöse Zeugen und vier junge Männer, die das Gerichtsge­bäude in Freiheit verlassen konnten. Zwei Jahre müssen sich die drei mit Haftstrafe­n verurteilt­en Täter bewähren. Drogenscre­enings und „engmaschig­e“Auflagen, wie der Richter es nannte, werden sie dabei begleiten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany