Das Artensterben geht weiter
Die „Gemeine Skorpionsfliege“ist „Insekt des Jahres 2018“
(epd) - Ihr Name klingt gefährlich, doch für Menschen ist die „Gemeine Skorpionsfliege“keine Bedrohung. Spinnen haben vor dem „Insekt des Jahres 2018“aber einen Heidenrespekt.
Zu den ehrlichen Selbstversorgern auf dieser Welt gehört die „Gemeine Skorpionsfliege“nicht. Grundsätzlich ernährt sich die kleine Fliegenart von Obst, Pollen, geschwächten oder toten Insekten. Im Zweifelsfall schreckt sie vor Mundraub nicht zurück. Dann fliegt sie Spinnennetze an und vertilgt die darin gefangenen Insekten. Ein Verhalten, das von Wissenschaftlern als „Kleptoparasitismus“bezeichnet wird. Das Ungewöhnliche dabei: Die Spinnen bemerken den Diebstahl oft, lassen die Fliege aber gewähren. Dabei haben die Flügel der Fliege nur eine Spannweite von 25 bis 33 Millimeter – viele Spinnen sind imposanter. „Warum sich die Spinnen so verhalten, ist noch unbekannt“, heißt es dazu von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Ökosysteme bedroht
Aber dieses Verhalten ist wohl einer der Gründe, warum die „Gemeine Skorpionsfliege“nicht zu den bedrohten Arten gehört. Sie ist sehr anpassungsfähig. Trotzdem wurde sie zum „Insekt des Jahres 2018“gewählt. „Das Tier ist, obwohl es weit verbreitet ist, kaum bekannt“, begründete Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut die Entscheidung, laut Mitteilung.
Denn genau dies sei bezeichnend für die Situation der rund 33 000 Insektenarten in Deutschland. „Wir können das Insektensterben gar nicht richtig wahrnehmen“, sagt Schmitt. Denn zu viele Arten seien unbekannt. „Aber das Insektensterben wird negative Auswirkungen auf unsere Ökosysteme haben, wie wir es bisher noch nicht kannten“so der Wissenschaftler.
Die Skorpionsfliege ist auch im direkten Umfeld des Menschen zu beobachten. „Besonders oft findet man sie in Gebüschen, Hecken und Waldrändern“, sagt Alexander Riedel vom Naturkundemuseum Karlsruhe. Im Dickicht findet im Frühjahr auch der aufwendige Hochzeitsreigen statt, der den Tieren zu ihrem Namen verholfen hat. Denn der leitet sich von einem großen, auffällig über dem Hinterleib getragenen, Kopulationsorgan der Männchen ab, das einem Skorpionsstachel ähnelt.
Gabe aus den Speicheldrüsen
Beim Werben um ein Weibchen wird dieser Hinterleib in Vibration gesetzt, zugleich machen die potenziellen Partner durch Winken mit den Flügeln auf sich aufmerksam. Das Männchen verströmt zudem einen Lockstoff und bietet dem Weibchen eine proteinreiche Gabe aus seinen Speicheldrüsen an. Je umfangreicher dieses „Hochzeitsgeschenk“ist und je häufiger ein solches übergeben wird, desto größer ist die Chance des Männchens bei seiner Auserwählten „zu landen“und umso länger kann die Kopulation andauern, heißt es vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
In Einzelfällen gelingt es Männchen auch, ohne „Hochzeitsgeschenk“zum Ziel zu kommen. Meist werden sie von den Weibchen dann aber nach kurzer Zeit, circa 15 bis 30 Minuten, wieder abgeschüttelt.
Das „Insekt des Jahres“wird seit 1999 proklamiert. Ein Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler und Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen angehören, wählt jedes Jahr aus verschiedenen Vorschlägen ein Insekt aus.