Einheimische Christbäume fehlen
Fast die Hälfte seiner Tannen und Fichten muss Baden-Württemberg importieren
(sbh) - Fast die Hälfte der in Baden-Württemberg verkauften Christbäume muss importiert werden. Von den rund 2,5 Millionen nachgefragten Bäumen wachsen nur rund 1,4 Millionen im Land. Grund für die fehlenden Bäume sind unter anderem bürokratische Hürden für Landwirte bei der Genehmigung von Anbauflächen. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) hat angekündigt, den heimischen Christbaumanbau künftig stärker fördern zu wollen.
- Nur wenige Wochen bevor die ersten Tannen und Fichten in diesem Jahr in heimische Christbaumständer geschraubt werden, hat sich der Baden-Württembergische Landwirtschaftsminister mit einem patriotischen Appell an die Bevölkerung gewandt: Kauft heimische Christbäume, so die Botschaft von Peter Hauk. Mit Blick auf Frische und Klimaschutz sei ein Baum aus dem Land der weit gereisten Importware auf jeden Fall überlegen. „Wer gezielt auf heimische Ware zurückgreift, unterstützt unsere bäuerlichen Familienbetriebe im Land“, erklärte der CDU-Politiker.
Doch eins ließ Hauk bei seinem Aufruf außer Acht: Schon jetzt können Baden-Württembergs Landwirte die Nachfrage nach dem regionalen Nadelbaum nicht decken. Zurzeit wird nur knapp jeder zweite im Südwesten gekaufte Weihnachtsbaum auch in Baden-Württemberg geschlagen. Von rund 2,5 Millionen verkauften Bäumen stammen nur rund 1,3 Millionen Bäume aus heimischen Kulturen und Wäldern. Die übrigen Bäume werden laut dem baden-württembergischen Landesverband der Christbaumerzeuger vor allem aus West- und Norddeutschland sowie Dänemark importiert. „Wir erleben, dass Anbauer aus NordrheinWestfalen nach Baden-Württemberg kommen und ihre Bäume aus dem Sauerland hier verkaufen. Das ist Marktvolumen, das uns weggenommen wird“, sagt Martin Rometsch, Geschäftsführer des Christbaumverbands Baden-Württemberg.
Ein Grund für das fehlende Angebot sind besondere Genehmigungsverfahren für Flächen, auf denen Christbäume angebaut werden. Die müssen bei den Landratsämtern beantragt werden. Der Grund: Die Nadelbäume wachsen grundsätzlich höher als andere Kulturen und werden noch dazu nicht jedes Jahr geerntet. Ein Baum wird etwa sieben Jahre alt, dann hat er eine Höhe von 1,60 Meter. Das hat Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Deshalb müssen Anbauflächen ab 2000 Quadratmetern – das entspricht etwa 1200 Bäumen – grundsätzlich genehmigt werden. Doch je nach Landkreis ist das gar nicht so einfach.
Monatelange Bearbeitunsgszeiten der Anträge und häufige Ablehnungen. Das bekommen vor allem Landwirte mit Flächen in der Ortenau, dem Hochschwarzwald oder im Neckar-Odenwald-Kreis zu spüren – sie zählen zu den größten Anbaugebieten im Land. „Wenn die Nachfrage nach Flächen groß ist, wird sehr genau hingeschaut“, sagt Rometsch.
Leichter hingegen haben es Christbaumerzeuger im Bodenseekreis oder im Landkreis Ravensburg. Hier funktioniere die Zusammenarbeit mit den Landratsämtern sehr gut. Das berichtet etwa Philipp Bentele, der auf rund 35 Hektar bei Atzenhofen seine Tannen anbaut. Er gehört damit zu den mittelgroßen Christbaumerzeugern im Land. „In Ravensburg haben wir überhaupt keine Probleme“, berichtet der Landwirt.
Dabei ist der Anbau von Nordmanntanne und Stech- oder Blaufichte ein wichtiges Standbein für viele Betriebe. Denn mit den als krisensicher geltenden Weihnachtsbäumen sichern sich die Landwirte gegen Ernteausfälle durch Frost oder Schädlinge in anderen Betriebszweigen, wie etwa dem Wein- oder Obstanbau, ab. „Es gibt nur wenige Bereiche in der Landwirtschaft, die gut laufen. Der Anbau von Weihnachtsbäumen ist einer davon“, sagt Rometsch.
Wenn es nach dem baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium geht, sollen in den Wohnzimmern im Südwesten künftig deutlich mehr Bäume aus heimischer Produktion stehen. Entsprechende Gespräche hätten bereits stattgefunden. Landwirtschaftsminister Peter Hauk will das zum Beispiel mit einer Kampagne für regionale Produkte erreichen, in die der heimische Tannenbaum aufgenommen werden soll.
Gespräche mit dem Ministerium
Auch über die Genehmigungsverfahren soll im Frühjahr beim kommenden Dienstgespräch mit den regionalen Landwirtschaftsämtern der Landkreise gesprochen werden, heißt es aus dem Ministerium. „Unser Ziel ist es, den Selbstversorgungsgrad innerhalb bestehender gesetzlicher Regelungen und im Rahmen eines gesunden Wachstums weiter nach vorne zu bringen“, sagt Peter Hauk.
Doch bis der Südwesten wirklich autark ist, wird es noch dauern: Schließlich braucht ein Christbaum sieben Jahre, bis er geschlagen werden kann.