Ein Freund der klaren Worte
Der Patriarch des Motorsägen-Weltmarktführers Hans Peter Stihl wird 85 Jahre alt
(dpa) - Das Kernprodukt seiner Firma stinkt und knattert und ist vor allem eines: laut. Dabei tritt Hans Peter Stihl trotz seiner Vorliebe für klare Worte eher zurückhaltend auf. Seinen 85. Geburtstag feiert der frühere Chef des gleichnamigen Motorsägen-Weltmarkführers heute im kleinsten Kreis. Ein Umtrunk mit Führungskräften in der Firma, am Abend eine private Feier im Kreise der Familie.
Schon vor 15 Jahren zog sich seine Generation der Unternehmerfamilie aus dem operativen Geschäft zurück und übertrug die Leitung an ein familienfremdes Management. Stihl, Sohn des Firmengründers Andreas, übernahm Vorsitz in Beirat und Aufsichtsrat. 2012 übernahm sein Sohn Nikolas die Chefpositionen in beiden Gremien.
Doch den Rücken kehrte Stihl der Firma des Vaters damit noch lange nicht: „In der Regel komme ich noch jeden Morgen um neun in die Firma und gehe meist so zwischen 14 und 16 Uhr“, sagte er jüngst in einem Interview im Magazin der Industrie- und Handelskammer (IHK) der Region Stuttgart. Wie eh und je teilt er sich das Büro mit seiner Schwester Eva – jeden Mittag ist für die beiden ein Tisch in der Firmenkantine gedeckt. Das Lieblingsgericht des Schwaben: Spätzle, Linsen und Saitenwürstle.
Strippenzieher im Hintergrund
Der Weltmarktführer mit weltweit 14 000 Beschäftigten ist nach wie vor fest in der Hand der Familie. Stihl und die Familien seiner drei Geschwister halten jeweils 25 Prozent der Stihl Holding AG & Co. KG. Hans Peter Stihl ist weiter persönlich haftender Gesellschafter der Firma. Sorgen macht ihm die Firma, die über ihre Gewinne schweigt, in der Regel nicht: Lediglich die Zeit der kräftigen Auslandsexpansion habe ihm schlaflose Nächte bereitet, verrät Stihl im Interview. „Ich passe im Hintergrund auf, dass die Gesamtrichtung stimmt“, sagte er einmal.
In der Tat ist die Lage der Firma mehr als robust. Zuletzt wies die Stihl-Gruppe eine Eigenkapitalquote von fast 70 Prozent aus, die Andreas Stihl AG & Co KG kam auf 45 Prozent. Die Stihl-Gruppe steigerte in den vergangenen Jahren trotz Rückschlägen in wichtigen Märkten wie Russland den Umsatz stetig. Lag der Erlös 1960 bei 20 Millionen D-Mark, sind es heute 3,2 Milliarden Euro. Für den Erfolg ist Stihl mit verantwortlich. Er begann nach seinem Maschinenbaustudium in Stuttgart 1960 als Assistent der Geschäftsleitung in der Firma seines Vaters. Der hielt ihn zunächst klein: Dem Vernehmen nach bekam Stihl nicht einmal einen eigenen Schreibtisch. Sechs Jahre später wurde er Entwicklungschef und 1971 Gesellschafter. Zwei Jahre später übernahm er nach dem Tod des Vaters die Geschäftsführung. Gemeinsam mit seiner Schwester Eva legte er die Basis für die weltweite Expansion.
Gleichzeitig machte Stihl sich für einen gerechten Umgang und eine gute Bezahlung seiner Mitarbeiter stark. Als Pionier unter den Familienunternehmen führte er eine Erfolgsbeteiligung ein. Dabei war Stihl ein glühender Verfechter der sozialen Marktwirtschaft: „Die Politik sollte die Wirtschaft weitgehend in Ruhe lassen, weil sie im Bereich Wirtschaft keine Kompetenz hat“, sagte er einst.
Kritischer Unternehmer
Gesellschaftliche Verantwortung hat Stihl dabei nie gescheut, obwohl er gegenüber dem „Handelsblatt“freimütig einräumte: „Ich bin kein Freund der Gewerkschaften.“Im Verband der Metallindustrie war Stihl von 1980 bis 1988 Verhandlungsführer der Arbeitgeber. Als Präsident der IHK in Stuttgart und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages forderte er Subventionsabbau und den Stopp der Staatsverschuldung.
Noch heute nimmt er kein Blatt vor den Mund, wenn es um Kritik an der Politik geht. „Dass es in Deutschland immer noch kein Einwanderungsgesetz gibt, halte ich für ein gravierendes Versäumnis“, wettert er im IHK-Magazin. Auch bei der grünschwarzen Regierung in BadenWürttemberg schlägt er kritische Töne an. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe es zwar verstanden, Respekt im Land zu gewinnen. „In der letzten Zeit hat das Ansehen der grünen Politstrategen allerdings gelitten.“Grund seien die vom Land angedachten Fahrverbote für Diesel in Stuttgart.
Auch heute testet Hans Peter Stihl fast jedes neue Produkt der Firma selbst. Und in der freien Zeit liebt er das Geräusch lauter Motoren. Seine große Leidenschaft ist nach wie vor das Motorradfahren.