Neues Gesetz soll Lieferengpässen bei Medikamenten vorbeugen
Geplante Preisbremse bei neu eingeführten Arzneimitteln kommt jedoch nicht – Krankenkassen loben Transparenz
- Startschuss für die Pharmareform: Der Bundestag hat am Donnerstag das Arzneimittelgesetz auf den Weg gebracht. „Wir sorgen dafür, dass sich Patientinnen und Patienten auch in Zukunft auf eine hochwertige und bezahlbare Arzneimittelversorgung verlassen können“, erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Auf den letzten Metern vor der Entscheidung im Parlament gab es aber noch wichtige Änderungen.
Bislang dürfen Hersteller den Preis eines Medikaments im ersten Jahr selbst festlegen. Danach gilt der sogenannte Erstattungsbetrag, der unter Berücksichtigung des Zusatznutzens des Mittels mit den Krankenkassen verhandelt wird. Nach früheren Plänen der Koalition sollten die Hersteller den im ersten Jahr freien Preis nur bis zum Erreichen einer Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro abrechnen dürfen. Danach sollte der niedrigere Erstattungsbetrag gelten. Diese Pläne einer Preisbremse wurden jedoch in den Schlussverhandlungen über das Gesetz gestrichen – weil die Pharmaindustrie hinter den Kulissen Druck gemacht haben soll.
„Bei dem Gesetz stand der Spargedanke nicht im Vordergrund. Es soll vielmehr die Innovationsfähigkeit des deutschen Arzneimittelmarktes und eine wirtschaftliche Verordnungsweise für die Zukunft sichern“, verteidigte die Neuregelung im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“Annette Widmann- (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium. „Die Umsatzschwelle, auf die verzichtet wurde, hätte nach den Berechnungen genau drei Unternehmen betroffen.“
Im Gegenzug zur Streichung der Preisbremse lehnte die Regierung den Wunsch der Pharmaindustrie ab, die mit der gesetzlichen Krankenversicherung vereinbarten Erstattungsbeträge in Zukunft vertraulich zu behandeln. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Preise transparent bleiben“, erklärte die Staatsssekretärin. Diese Transparenz sei „ein preisdämpfendes Instrument, auch im Ausland, weil der deutsche Erstattungsmarkt als Referenz gilt.“
Keine Ausschreibungen
Ein weiteres Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Versorgung mit Impfstoffen in Deutschland zu sichern. Dazu soll es in Zukunft keine Ausschreibungen mehr geben, die bislang zu exklusiven Rabatt-Verträgen der Hersteller mit den Kassen führten. Die Idee dahinter: Wenn die Impfstoffe aller Hersteller zur Verfügung stehen würden, dann gäbe es keine Engpässe mehr. „Damit ist die Versorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen gegen Grippe oder andere Erreger auch über die bisherigen Vertragspartner hinaus möglich und besser gesichert“, sagte die Tübinger Abgeordnete Widmann-Mauz. Den Krankenhaus-Apotheken erlaubt das Gesetz nun, größere Vorräte für wichtige Arzneien anzulegen. Die Pharmafirmen, die verschreibungspflichtige Medikamente für Kliniken liefern, sollen ihre Abnehmer künftig über mögliche Lieferengpässe unmittelbar informieren. Bisher waren diese Meldungen freiwillig. „Ein Gesetz kann nicht die Ursachen für Lieferengpässe beheben. Diese sind vielfältig und liegen zum Teil auch außerhalb Deutschlands. Die neu geschaffene Meldepflicht erlaubt den Krankenhäusern, sich auf einen Engpass vorzubereiten für einen Bereich, der wirklich überlebensnotwendig ist und bei dem wir verlässliche Aussagen brauchen“, so Widmann-Mauz.
Die Reaktionen auf das Gesetz fallen unterschiedlich aus. Die Kassen loben, dass die Erstattungsbeträge transparent bleiben. Dagegen zeigte sich die Pharmabranche enttäuscht. Das Gesetz gehe vielen Problemen aus dem Weg, so der Verband forschender Arzneimittelhersteller.