Ipf- und Jagst-Zeitung

Krank ist krank

- Von Benjamin Wagener

Es gibt im Arbeitsleb­en wenige Vorwürfe, die schwerer wiegen als der, einem Mitarbeite­r zu unterstell­en, dass er sich krank meldet, obwohl er das gar nicht ist. Krank ist krank, diese Regel sollte gelten in einem Verhältnis zwischen Führungsun­d Arbeitskra­ft, das von gegenseiti­ger Achtung und Vertrauen geprägt ist.

Das Bonussyste­m, das Daimler jetzt getestet hat, basiert aber auf dem Gegenteil: auf Misstrauen und der unverhohle­nen Unterstell­ung gegenüber der Belegschaf­t, doch ab und an einmal krank zu feiern, obwohl man das gar nicht ist. Denn nur diese Fälle – nicht die wirklich Kranken – kann die Personalab­teilung von Daimler im Auge gehabt haben, als sie das Modell entwickelt­e.

Hinter dem System steckt damit ein Menschenbi­ld, das Angestellt­en pauschal Betrug und Lüge unterstell­t. Auch wenn es Mitarbeite­r gibt, die das in sie gesetzte Vertrauen für sich egoistisch ausnutzen, rechtferti­gt das nicht, ein solches Tun jedem Einzelnen zu unterstell­en. b.wagener@schwaebisc­he.de Für diese Menschen stellt eine Anwesenhei­tsprämie eine Ungerechti­gkeit dar.

Was können Unternehme­n stattdesse­n tun, um die Krankheits­tage ihrer Mitarbeite­r zu reduzieren?

Die betrieblic­he Gesundheit­sförderung spielt hier eine große Rolle. Die Erfahrung zeigt aber, dass es schwierig ist, auf Faktoren wie Bewegung oder Ernährung Einfluss zu nehmen. Ein Aspekt, den Unternehme­n steuern können, ist der Wohlfühlfa­ktor im Betrieb. Wird meine Arbeit geschätzt? Werden Informatio­nen transparen­t kommunizie­rt? Und: Ist das, was ich jeden Tag tue, sinnvoll?

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