Deutsche Pisa-Bilanz getrübt
Leistungsknick in Mathe und bei Naturwissenschaften
(dpa) - Nach zehnjährigem Aufstieg ins obere Mittelfeld haben deutsche Schüler beim internationalen Vergleichstest Pisa teils schlechtere Noten kassiert. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – Ausrichter der Studie, an der gut eine halbe Million 15-Jährige teilnahmen – warnte vor nachlassendem Reformschwung.
Nach den am Dienstag weltweit präsentierten Ergebnissen von „Pisa 2015“kam Deutschland in Naturwissenschaften auf 509 Punkte (2012: 524), in Mathematik auf 506 (514). Bei der Lesekompetenz steigerten sich die 15-Jährigen auf 509 Punkte. Hier schnitten sie so gut ab wie nie zuvor seit der missglückten Pisa-Premiere im Jahr 2001. „Es gibt eine Stabilisierung auf hohem Niveau, auf die man durchaus stolz sein kann“, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Claudia Bogedan (SPD), am Dienstag in Berlin.
Deutschland stagniert, verliert in Mathematik und Naturwissenschaften gar Boden gegenüber den Spitzennationen. Die neuen Pisa-Ergebnisse sind alles andere als ein befriedigendes Zeugnis für unsere Schulen. Gerade in den Fächern Naturwissenschaften und Mathematik, in denen es um Schlüsselkompetenzen für die digitalisierte Zukunft geht, sind die Leistungen schwächer geworden. Besorgniserregend auch die Kluft zwischen Jungen und Mädchen: Viel zu wenige 15Jährige Mädchen, die sich für Naturwissenschaft interessieren, sich gar vorstellen könnten, in dem Feld zu arbeiten. Beschämend ist die Tatsache, dass es auch 15 Jahre nach dem ersten Pisa-Denkzettel nicht gelungen ist, für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen: Schüler aus sozial benachteiligten Elternhäusern hinken mit 15 Jahren oft schon ein Jahr oder mehr hinterher, die Diskrepanz ist in Deutschland größer als bei den Nachbarn.
Wer aber, wie OECD-Koordinator Schleicher, nach einem Reform-Feuerwerk ruft, schießt über das Ziel hinaus: Keine neuen Debatten über Schulsysteme sind notwendig, die nur Unruhe stiften: Es gilt, die Schüler gezielt zu fördern, die Sprachkompetenz früh und intensiv zu steigern, Neugier zu wecken. Statt weiterer Strukturreformen sollten Aus- und Fortbildung der Lehrer in den Fokus gerückt werden. Auf sie kommt es an.